Südwest. Nach der Todesfahrt in Magdeburg steht das Sicherheitskonzept der Weihnachtsmärkte auf dem Prüfstand. Ein Überblick über Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen.
Ludwigshafen beendet Weihnachtsmarkt still
Der Ludwigshafener Weihnachtsmarkt wird nach der tödlichen Attacke in Magdeburg in den letzten drei Tagen als «stiller Weihnachtsmarkt» fortgeführt. Auf Musik, Programm und das geplante Feuerwerk werde verzichtet, teilte Kongress- und Marketinggesellschaft mit.
Oberbürgermeisterin Jutta Steinruck (SPD) will heute gemeinsam mit den Beschickern des Weihnachtsmarktes den Opfern und ihren Familien in einer Gedenkminute ihre Anteilnahme ausdrücken. «Unser Weihnachtsmarkt steht in dieser Zeit im Zeichen des Mitgefühls und der Solidarität», sagte sie. «Wir möchten innehalten und denjenigen gedenken, die durch diese schreckliche Tat betroffen sind.»
Keine Absage von Weihnachtsmärkten in Baden-Württemberg
Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) unterstützt Magdeburg nach der tödlichen Attacke mit Personal. «Heute Vormittag um 10.00 Uhr wurden unter anderem zwei Einsatzzüge der Polizei mit insgesamt knapp 80 Kolleginnen und Kollegen nach Magdeburg entsandt. Mein Dank gilt an dieser Stelle auch den Einsatzkräften vor Ort, den vielen Polizisten, Rettungs- und Hilfskräften, die in diesen Stunden Großes leisten», sagte Strobl in Stuttgart.
Weihnachtsmärkte im Südwesten blieben geöffnet und würden nicht abgesagt. «Vielerorts schützen mobile Poller und stationäre Sperren das Veranstaltungsgelände», sagte Strobl. Für Baden-Württemberg lägen keine Erkenntnisse oder Hinweise vor, aus denen sich eine konkrete Gefährdung für Weihnachtsmärkte ableiten ließe, sagte Strobl. «Die Polizei Baden-Württemberg wird weiterhin eine hohe Präsenz auf Weihnachtsmärkten zeigen und diese bei Bedarf noch intensivieren. Alle Sicherheitskräfte sind seitens des Innenministeriums noch einmal sensibilisiert worden und sind besonders wachsam.»
Die Polizei Baden-Württemberg habe bereits einfachere und zusätzliche Möglichkeiten bekommen, um Waffen- und Messerverbote zu kontrollieren und effektiv durchzusetzen. Eine entsprechende Verordnung hatte das Kabinett am 10. Dezember beschlossen.
Die Tat in Magdeburg zeige auf brutale Art und Weise, dass die Menschen in Zeiten lebten, in denen alle grundsätzlich wachsam sein müssten. «Freilich darf Angst nicht pauschal geschürt werden oder gar unseren Alltag bestimmen. Denn damit hätten die Feinde einer freien Gesellschaft ihr Ziel erreicht.»
Sicherheitskonzept in Mannheim wird überpüft
In Karlsruhe stehe die Polizei im Austausch mit der Stadt, sagte ein Sprecher. Die drei Mannheimer Weihnachtsmärkte können aus Sicht der Stadtverwaltung wie bisher weiterlaufen - allerdings werde das Sicherheitskonzept überprüft. Auch ein vorzeitiges Ende ist wohl diskutiert worden.
Im Gebiet des Polizeipräsidiums Ravensburg werde punktuell nachjustiert, kündigte Polizeipräsident Uwe Stürmer an. Er habe sich mit Oberbürgermeistern aller Weihnachtsmarkt-Gemeinden noch in der Nacht zum Samstag und am frühen Morgen unterhalten und darauf geeinigt, sagte er der Deutschen Presse-Agentur.
Geprüft werde, ob größere Fahrzeuge von Bauhöfen oder der Feuerwehr an gewissen Zufahrtswegen als Barriere aufgestellt werden können. Betroffen wären davon Friedrichshafen und Saulgau. In Ravensburg und andernorts sei man bereits gut aufgestellt, beispielsweise durch Poller. «Das Ereignis in Magdeburg ist verstörend, auf genau solche Szenarien haben wir uns eingestellt», sagte Stürmer. Die Sicherheitskonzepte seien gut und sicher, ergänzte er. Das Nachschärfen an der ein oder anderen Stelle solle das Sicherheitsgefühl erhöhen und es potenziellen Nachahmern schwer machen.
Die Polizei in Stuttgart hält an ihren Sicherheitsvorkehrungen für den Weihnachtsmarkt fest. «Unser Konzept hat sich bislang bewährt», sagte ein Sprecher der Polizei. Auch in Heilbronn setzt man weiter auf eine Dauerpräsenz der Beamten als Ansprechpartner auf dem Weihnachtsmarkt, wie ein Polizeisprecher mitteilte.
Nach Weihnachtsmarkt-Attacke in Magdeburg: Innenministerium in Hessen berät über Konsequenzen
Nach der Todesfahrt von Magdeburg sollen in Hessen die Sicherheitsmaßnahmen verstärkt werden. Laut Innenminister Roman Poseck (CDU) soll mehr Polizei vor Ort sein, die Zufahrten und auch die Umgebung würden vermehrt überwacht. Allerdings betonte der Minister auch, dass es keine konkrete Gefahr für Hessen gebe.
«Der schreckliche Anschlag in Magdeburg hat nach allen bislang vorliegenden Erkenntnissen keinen Bezug nach Hessen», sagte Poseck. Es gebe keine grundlegend andere Gefährdungsbeurteilung für die Weihnachtsmärkte im Land. «Es liegen weiterhin keine konkreten Hinweise auf einen geplanten Anschlag in Hessen vor.» Eine «grundsätzlich bestehende abstrakte Gefahr» sei in den Sicherheitskonzepten bereits umfassend berücksichtigt.
Poseck: «Konkrete Konsequenzen»
Dennoch werde man «konkrete Konsequenzen» für Hessen ziehen, so Poseck. Die Polizei werde die Märkte an den verbleibenden Tagen mit einem dreistufigen Konzept begleiten: «Dieses besteht zum einen aus hoher polizeilicher Präsenz auf den Märkten selbst, insbesondere in den größeren Städten. Zum anderen setzen wir auf eine verstärkte Kontrolle der Zugangswege, zum Beispiel auch mit Standposten der Polizei. Darüber hinaus wird es eine intensivierte Überwachung der Straßen rund um die Märkte geben.»
«Meine Gedanken sind aktuell bei den Opfern des Anschlages auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt und ihren Angehörigen. Dieser Anschlag ist feige und niederträchtig», hatte Poseck schon am Samstagvormittag gesagt. Die hessischen Sicherheitsbehörden berieten bis Mittag über die Konsequenzen aus dem Vorfall in Magdeburg.
Rheinland-Pfalz erhöht Polizeipräsenz nach Todesfahrt in Magdeburg
Nach der Weihnachtsmarkt-Attacke in Magdeburg gibt es laut dem Innenministerium des Landes keine Hinweise auf eine erhöhte Gefahr in Rheinland-Pfalz. Die Polizeipräsenz wird dennoch erhöht, wie Innenminister Michael Ebling (SPD) erklärte.
«Es liegen derzeit keine Erkenntnisse vor, die auf eine konkrete Gefährdung von Veranstaltungen im Land hindeuten», sagte Ebling. «Gleichwohl haben wir aufgrund der aktuellen Ereignisse die sichtbare Polizeipräsenz auf entsprechenden Veranstaltungen nochmals erhöht und werden die entsprechenden Einsätze mit zusätzlichen Kräften begleiten.» Die Polizei werde zudem die Sicherheitskonzepte und -maßnahmen erneut überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Ministerpräsident Schweitzer: «Es ist einfach nur schrecklich»
«Es ist einfach nur schrecklich», sagte der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD). Die Menschen hätten arglos und in Vorfreude auf den nahen Heiligabend den Weihnachtsmarkt in Magdeburg besucht. «Dabei wurden sie auf hinterhältigste Weise angegriffen.» Seine Gedanken seien bei den Opfern und bei der ganzen Stadt-Gesellschaft, «die bis ins Mark erschüttert ist».
Vertreter der rheinland-pfälzischen Schaustellerbranche sprachen sich dafür aus, dass die Weihnachtsmärkte geöffnet bleiben. «Wir sind zutiefst erschüttert», sagte etwa Margit Sottile von den Schaustellerbetrieben Sottile und Barth in Mainz. «Aber sie sollten nicht abgesagt werden. Das gehört zu unserer Kultur. Die können uns das nicht wegnehmen.» Für den Schutz der Menschen sei bereits sehr viel unternommen worden, aber eine absolute Sicherheit gebe es nicht.
Ähnlich sieht das Achim Müller vom Landesverband des Markt-, Reise- und Schaustellergewerbes Rheinland-Pfalz. Selbst auf Weihnachtsmärkten in kleinen Orten gebe es bereits Poller und Polizisten. «Trotzdem hat man ein komisches Gefühl im Magen», sagte er. Abgebrochen werden sollten die Weihnachtsmärkte seiner Ansicht nach allerdings nicht: «Ich finde, man darf sich das Leben nicht versauen lassen.» (dpa/mit lok)
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