Wiesbaden/Dillenburg/Büdingen. Ergiebiger Dauerregen hat an vielen Flüssen in Hessen zu Hochwasser geführt. Die starken Niederschläge der vergangenen Tage schließen sich nahtlos an das vergangene Jahr an, in dem nach Angaben des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) deutlich mehr Regen fiel als sonst üblich. Auch die rasche Abfolge von Dauerregen kurz hintereinander sei untypisch für Hessen. Die Jahre davor waren eher von Trockenheit geprägt.
Am Donnerstagmittag wurde an keinem Pegel in Hessen mehr die höchste Meldestufe 3 erreicht. Die zweithöchste Stufe wurde unter anderem an mehreren Orten an der Fulda sowie an der Kinzig in Gelnhausen (Main-Kinzig-Kreis) und entlang der Lahn erreicht. Insgesamt wurden an 36 Pegeln Meldestufen überschritten.
Die Unberechenbarkeit des Wassers zeigt, wie wichtig es ist, schnell reagieren zu können. Zum Hochwasserschutz hat die hessische Landesregierung im September 2023 einen aktualisierten „Aktionsplan Hochwasser“ vorgelegt, der mittels verschiedener Maßnahmen das Risiko begrenzen soll. Die planerische und bauliche Umsetzung der Schutzmaßnahmen liege in der Zuständigkeit der Kommunen, erklärt das hessische Umweltministerium. Das Land unterstützt die Kommunen nach eigenen Angaben finanziell und durch die Bereitstellung von vorhandenen Untersuchungen.
„Die Hochwasserschutzanlagen dienen in erster Linie dazu, Starkregenereignisse abzuwehren“, sagt Michael Reeh, Tiefbauleiter der Stadt Dillenburg. Als Konsequenz eines starken Unwetters im September 2006 hatte die Stadt im Lahn-Dill-Kreis den Bau von vier Hochwasserrückhaltebecken geplant, die laut Umweltministerium bislang mit über sieben Millionen Euro gefördert wurden. „Bis zu einem hundertjährlichen Hochwasserereignis sind die Seitentäler und die Bevölkerung Dillenburgs durch die Schutzanlagen gesichert“, erklärt der Tiefbauleiter. Wassermengen, die über diesen statistischen Wert hinausgehen, seien trotz der Schutzmaßnahmen schwer zu bändigen.
Nur begrenzter Schutz möglich
„Natürlich helfen die Maßnahmen ein Stück weit, den Hochwasserschutz zu verbessern“, sagt Christian Lohrey, Amtsleiter der Stadt Büdingen. Nach einem Kampf gegen Wassermassen Anfang 2021 hat die Stadt verschiedene Maßnahmen zum Hochwasserschutz in die Wege geleite. „Was die Maßnahmen aber nicht können, ist die ankommende Wassermenge zu reduzieren“, so Lohrey. Die Wassermenge werde durch Errichtung von Schutzanlagen an andere Stellen „weitergedrückt“, betont er.
„Eine hundertprozentige Sicherheit vor Hochwasser gibt es nicht“, sagt auch Paul J. Brinkmann, Kommissarischer Leiter der Kinzigtalsperre des Wasserverbands Kinzig. Es werde stets extreme Ereignisse geben, die selbst gut geplante und ausgeführte Hochwasserschutzmaßnahmen übersteigen und Schäden verursachen. „Man kann nicht beliebig Kosten für den Hochwasserschutz und Maßnahmen in die Höhe treiben. Irgendwann sind die Kosten für den Hochwasserschutz höher als die Hochwasserschäden“, so Brinkmann. „Man wird künftig andere Hochwasserschutzmaßnahmen ergreifen müssen, die einen geringeren Schutz gewährleisten.“
Laut HLNUG waren in Hessen seit Juli 2023 alle Monate von deutlich überdurchschnittlichen Niederschlagsmengen geprägt. Im Dezember fielen in Hessen beispielsweise etwa 140 Prozent der üblichen Niederschlagsmenge. Auch der Januar begann deutlich zu nass– was wiederum der Grundwasserneubildung zugutekommt. Auf diese Weise könne das Defizit der vergangenen Jahre weiter ausgeglichen werden. Im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands seien die Auswirkungen des anhaltenden Regens in Hessen verträglich, sagt Tiefbauleiter Reeh. „Hessen ist diesmal mit einem blauen Auge davongekommen.“
Dennoch bleibt der Hochwasserschutz eine Daueraufgabe für das Land. Laut Prognosen des HLNUG ist in den kommenden Jahrzehnten mit vermehrtem Niederschlag in den Wintermonaten zu rechnen, während die Sommermonate trockener sein werden. „Auf Grundlage verschiedener Simulationen erwarten wir, dass sich – trotz größerer Unsicherheiten – Hochwassersituationen in Hessen entsprechend verschärfen können“, sagte ein Sprecher des Landesamtes der Deutschen Presse-Agentur. dpa/lhe
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