Stuttgart. Ist es eine reine Showveranstaltung, zu der das Stuttgarter Innenministerium da am Dienstagabend geladen hat? Dieser Vorwurf, vor allem vonseiten der Opposition im Landtag, steht im Raum, seit Innenminister Thomas Strobl (CDU) den Termin bekannt gegeben hat. Ein Sicherheitsgipfel gegen Hass und Hetze soll es sein, als Reaktion auch auf die Silvester-Ausschreitungen gegen Einsatzkräfte. Die hat es vor allem in Berlin gegeben, aber auch in Baden-Württemberg.
„Signal der Entschlossenheit“
Drei Stunden lang sitzen sie also zusammen, rund 40 Vertreterinnen und Vertreter von Polizei, Rettungsorganisationen, Feuerwehr und Gewerkschaften, aber auch von Kommunen und Landkreisen. Denn es geht nicht nur um Silvester, sondern auch um die allgemeine Aggressivität gegen Vertreter des Staates oder solche, die von manchen so wahrgenommen werden. Das Phänomen zieht sich von den Notaufnahmen in Krankenhäusern über Beschäftigte bei Ämtern bis hin zu tätlichen Angriffen auf Polizeibeamte. Strobl und Justizministerin Marion Gentges (CDU) hören dabei überwiegend zu, was die Gäste, viele davon aus der Praxis, zu berichten haben.
Danach ist man sich weitgehend einig, dass der Gipfel zumindest nicht für die Katz war. Die Atmosphäre sei konstruktiv gewesen, es habe konkrete Ansätze gegeben, berichten Teilnehmer. Von einem „starken Signal der Ge- und Entschlossenheit“ spricht man etwa beim Landkreistag. Einig ist man sich, dass die Verrohung in manchen Gruppen tatsächlich fortschreitet. „Wir brauchen eine gesellschaftliche Kraftanstrengung und eine gesamtgesellschaftliche Kurskorrektur“, sagt Strobl. „Der Austausch in der Runde der Blaulichtorganisationen war ein gewinnbringender Teil einer wichtigen Debatte, die wir weiter führen müssen. Der Fokus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer lag auf Fragen der Prävention und Strafdurchsetzung“, erklärt Kabinettskollegin Gentges.
Und da gibt es greifbare Vorschläge, die nun geprüft werden. Über allem steht für viele Teilnehmer die schnelle und konsequente Bestrafung von Übergriffen. Dazu könnte gehören, dass bei Attacken auf Einsatzkräfte künftig grundsätzlich das öffentliche Interesse bejaht wird. Das würde bedeuten, dass Verfahren nicht so leicht eingestellt werden können. Außerdem gibt es die Idee, entsprechende Verfahren an Spezialdezernaten in den Staatsanwaltschaften zu bündeln. Dazu kommen Ideen zur besseren Prävention etwa durch Schulungen für Retter.
Was aus all den Vorschlägen nun wird, muss sich zeigen. „Konzepte gab es schon viele. Funktioniert hat bisher wenig“, heißt es aus dem Teilnehmerkreis. Und schon am nächsten Morgen erweist sich, wie uneinig sich die Politik bei manchen Fragen ist – selbst in der Regierungskoalition. Das Thema Sicherheit steht am Mittwoch auf der Agenda des Landtags. Thomas Strobl hat damit direkt nach dem Gipfel Gelegenheit, die Ergebnisse zu erklären. Und sieht schnell, dass es Einigkeit nur in der Entrüstung über Angriffe und deren Verurteilung gibt.
Koalitionspartner widerspricht
Während CDU-Fraktionschef Manuel Hagel den flächendeckenden Einsatz von Bodycams für Rettungskräfte und eine intensivere Videoüberwachung an Kriminalitätsschwerpunkten fordert, klingt das beim Koalitionspartner ganz anders. Man dürfe nicht „reflexartig“ danach rufen, sagt die Grünen-Abgeordnete Andrea Schwarz. Rettungskräfte müssten regelmäßig in private Räume vordringen. „Sicherlich hätten einige von uns ein ungutes Gefühl dabei, wenn in heimischen Wohn- oder Schlafzimmern jemand Fremdes filmen würde.“
Auch die Opposition hält dagegen. „Die Einsatzkräfte wollen keine Bodycams und sehen sich dadurch nicht besser geschützt“, sagt SPD-Innenpolitiker Sascha Binder. Und wirft Strobl erneut vor, trotz diverser Übergriffe auf Einsatzkräfte auch in Baden-Württemberg von einem „normalen Silvester“ gesprochen zu haben.
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