Stuttgart. Maik Rautenberg, der Bürgermeister von Veringenstadt im Kreis Sigmaringen ist aktuell der jüngste Bürgermeister im Land. Marian Schreier aus Tengen im Kreis Konstanz gehört ebenso in die Reihe wie vor ihm Erwin Teufel, der spätere Ministerpräsident, der Schlagzeilen machte, als er 1964 der jüngste Bürgermeister Deutschlands wurde. Alle drei waren bei ihrer Wahl 25 Jahre alt.
In Zukunft könnten die Bürgermeister in Baden-Württemberg noch deutlich jünger sein. Nach der Reform des Landtagswahlrechts nimmt die grün-schwarze Koalition in Südwesten nun die Reform des kommunalen Wahlrechts in Angriff. Dabei soll die Altersgrenze für Bürgermeisterinnen und Bürgermeister fallen. Bisher müssen Kandidaten mindestens 25 und dürfen höchstens 68 Jahre alt sein. Mit ihrem 73. Geburtstag müssen Bürgermeister in den Ruhestand gehen. Die obere Altersgrenze ist gestrichen. Künftig kann zum Bürgermeister gewählt werden, wer volljährig ist. Denkbar sind also 18-Jährige an der Rathausspitze.
Auch die Gemeinderäte sollen jünger werden. Gewählt werden kann – voraussichtlich bei der nächsten Kommunalwahl 2024 – wer mindestens 16 Jahre alt ist. Damit werde die Kommunalpolitik „jünger, attraktiver und demokratischer“, sagte Andreas Schwarz, der Vorsitzende der Grünen-Fraktion im Landtag. Er hofft, dass das Gesetz „mehr junge Menschen für die Kommunalpolitik begeistern“ werde.
Nach Informationen unserer Zeitung ist die Anhörung der Verbände zu dem Gesetzentwurf des Innenministeriums bereits abgeschlossen. Das Thema stehe bei den Klausurtagungen der Regierungsfraktionen in der kommenden Woche auf den Tagesordnungen, heißt es von CDU und Grünen. Nach Auswertung der Anhörung soll der Regierungsentwurf nach der Sommerpause in den Landtag eingebracht werden.
Wie im Koalitionsvertrag vereinbart, sollen Jugendliche ab 16 Jahren auf kommunaler Ebene das passive Wahlrecht erhalten. Wählen dürfen sie bereits seit dem Jahr 2013. In Zukunft können sie für den Gemeinderat, den Ortschaftsrat und den Kreistag auch kandidieren. In die Regionalversammlung des Verbands Region Stuttgart könnten ebenfalls 16-Jährige einziehen.
Damit wird Baden-Württemberg das erste Bundesland mit einem passiven Wahlrecht ab 16 auf der kommunalen Ebene. „Mit dem neuen Kommunalwahlrecht sind wir Vorreiter in Deutschland“, jubelt Andreas Schwarz.
Besonders die CDU nimmt aber juristische Bedenken sehr ernst, ob 16-Jährige in einem Ratsgremium über die Belange anderer entscheiden können, wenn sie noch nicht einmal alle ihre eigenen Angelegenheiten regeln können. Die volle Geschäftsfähigkeit ist erst mit 18 Jahren erreicht. Nur dann kann man zum Beispiel ein Konto eröffnen oder wesentliche Kaufverträge abschließen.
Im Koalitionsvertrag sind die Änderungen jedoch vorgesehen. Die CDU, heißt es, wolle kein Störfeuer aussenden. Aber sie pocht darauf, dass die Reform verfassungskonform ist. Eventuelle Bedenken müssten ausgeräumt werden. Der Ball liege bei der Regierung.
Modernisierung geplant
Thomas Blenke, der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion, sagte: „Wir sind vertragstreu und verlässlich. Den Koalitionsvertrag arbeiten wir zuverlässig ab. Daran halten wir fest.“ Für die CDU sei klar: „Wir wollen ein verfassungsrechtlich einwandfreies und modernes Wahlrecht.“ Sollten sich im laufenden Verfahren zum Kommunalwahlrecht Fallstricke auftun, werde man in der Koalition eine Lösung finden.
Geändert wird auch der zweite Wahlgang bei Bürgermeisterwahlen. Anders als bisher sollen dafür keine neuen Bewerbungen mehr möglich sein. Wenn im ersten Wahlgang niemand die notwendige Mehrheit von mehr als 50 Prozent der gültigen Stimmen erhält, wird es im zweiten Wahlgang eine Stichwahl zwischen den beiden Bewerbern mit der höchsten Stimmenzahl geben.
Mit Blick auf die oft schwache Bewerberlage um die Chefposten in den Rathäusern kleinerer Gemeinden ist eine weitere Änderung erfolgt. Demnach sollen Landesbeamte nach ihrer Amtszeit als Bürgermeister ein Rückkehrrecht auf ihre alte Fachrichtung und Laufbahngruppe bekommen.
Für Andreas Schwarz ist die Botschaft klar. Die Koalition sende mit der Reform vor allem ein Signal an die jungen Menschen: „Bitte bringt euch politisch ein.“
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