Migration

Einbürgerung scheitert im Amt

Immer mehr Menschen wollen einen deutschen Pass. Doch die Ämter kommen bei der Bearbeitung nicht mehr hinterher

Von 
Julika Wolf
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Menschen zeigen ihre beiden Pässe, den deutschen und den kroatischen und aserbaidschanischen. Das Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts ist am 27. Juni in Kraft getreten. Behörden im Südwesten befürchten einen Antragsstau. © dpa

Stuttgart. Fast 15 000 Einbürgerungsanträge warten allein in den großen Städten in Baden-Württemberg darauf, bearbeitet zu werden. Das hat der Mediendienst Integration, eine Informationsplattform zu Migrationsthemen, bei einer Befragung der größten Städte herausgefunden. Demnach ist die Zahl der Einbürgerungsanträge in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen.

Das könnte sich von Ende Juni an noch verschärfen. Am Donnerstag ist das neue Staatsangehörigkeitsrecht in Kraft getreten, das Einbürgerungen erleichtern soll. Ab sofort können Menschen nach fünf Jahren in Deutschland den deutschen Pass bekommen. Bisher waren es acht Jahre. Außerdem müssen Einbürgerungsbewerber ihre Staatsbürgerschaft nicht mehr abgeben, wenn sie die deutsche erhalten. Die Änderungen bedeuten für die zuständigen Behörden noch mehr Arbeit.

8000 offene Anträge liegen in Stuttgart

Im Südwesten stapeln sich die meisten Anträge in Stuttgart. Mehr als 8000 sind es dort laut der Umfrage. Freiburg liegt mit insgesamt 2900 offenen Anträgen auf Platz zwei, darauf folgt Karlsruhe mit knapp 2000 offenen Anträgen. Mehr als 1200 Anträge warten in Heidelberg darauf, abgearbeitet zu werden. In Mannheim ist der Stau mit 755 Anträgen am kürzesten.

Wer möchte deutsch werden? Im Jahr 2023 wurden in den erwähnten Städten insgesamt rund 4000 Menschen eingebürgert. Die meisten von ihnen waren aus Syrien, gefolgt von Türkei und Irak. In Stuttgart haben mehr als 500 Menschen aus Syrien, 152 aus der Türkei und 128 aus dem Irak einen deutschen Pass bekommen. In Mannheim steht nach den Herkunftsländern Syrien und Türkei Italien an dritter Stelle.

Eines der größten Probleme: die Bearbeitungsdauer. Die variiert laut Mediendienst Integration sehr stark. Von zehn Monaten in Mannheim bis zu 24 Monaten in Freiburg ist im Land alles dabei – im deutschlandweiten Vergleich liegt die Differenz sogar zwischen drei und 36 Monaten. Stuttgart liegt mit durchschnittlich 18 Monaten mittendrin. Die Umfrage führt das darauf zurück, dass die einzelnen Fälle sich stark voneinander unterscheiden. Etwa je nach Herkunftsland des Antragstellers.

Mehr Personal und mehr Digitalisierung würden helfen

Die lange Bearbeitungszeit erklären viele Städte auch mit unvollständigen Unterlagen und der Zusammenarbeit mit anderen Behörden. Dazu kommt der grassierende Personalmangel in den Ämtern. Um den Bearbeitungsstau in den Griff zu bekommen, halten laut Mediendienst Integration so gut wie alle Städte mehr Personal für essenziell. Auch mehr Digitalisierung werde flächendeckend von den Stadtverwaltungen gefordert.

Die Umfrage zeigt sehr deutlich, dass viele Städte mit dem neuen Gesetz eine weitere Verschärfung des Bearbeitungsstaus erwarten. Bereits jetzt bemerken sie, dass das Interesse an Einbürgerungen gestiegen ist. Die Stadt Freiburg rechne etwa damit, dass sich die Zahl der Einbürgerungsanträge mehr als verdoppeln wird.

Der Mediendienst Integration hatte die 50 bevölkerungsstärksten Städte in Deutschland nach dem Bearbeitungsstau gefragt. Insgesamt 45 Verwaltungen antworteten darauf. Mehr als 204 000 Anträge auf Einbürgerung seien demnach deutschlandweit derzeit in den 42 Städten, die dem Mediendienst genaue Daten geliefert haben, in Bearbeitung. Die Hauptstadt Berlin führt die Liste mit mehr als 40 000 Anträgen an, gefolgt von Hamburg mit gut 25 600 und München mit knapp 15 600 unbearbeiteten Anträgen.

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