Mannheim. Charlotte und ihre Mutter sind in die Innenstadt gekommen, um Schuhe zu kaufen. Gefunden hat die 15-Jährige zwar erst mal nur Kleidung. „Aber wir werden schon noch fündig“, ist die Schülerin überzeugt. Dass Erlebniswochenende in Mannheim ist, war ihnen nicht bewusst. „Echt?“, wundern sich Mutter und Tochter. Auf den ersten Blick wirken Planken, Breite Straße, Fressgasse wie an jedem Samstag, etwas voller vielleicht als unter der Woche, deutlich leerer als an Samstagen sonst.
Normalerweise würden sie mit dem Rad fahren, aber diesmal sind sie mit dem Auto da und parken in N2. „Das Parkhaus ist weniger bekannt, deshalb ist das eine gute Alternative“, erklärt Charlottes Mutter Juliane. Trotzdem würde sie sich weniger Autoverkehr in den Quadraten wünschen. Und Charlotte würde sich mehr Plätze wünschen, an denen man sich aufhalten könne, aber nicht gleich konsumieren müsse. So wie beim Verkehrsversuch, wo die Fressgasse zur verlängerten Fußgängerzone geworden sei – mit Möglichkeiten zum Verweilen.
Kritik an Mannheims Innenstadtgestaltung und Leerstand
Auf dem Marktplatz ist Marktmittag, die Wochenmarkthändlerinnen und -händler bieten neben ihrem üblichen Sortiment kleine Speisen und Getränke an. Heide (57), Christoph (60) und Monika (55) haben sich an den aufgestellten Holzbänken und -tischen niedergelassen. Die drei gehen häufig auf den Markt, doch heute bleiben sie nicht lange, es ist heiß. Mit der Entwicklung in der Innenstadt sind gebürtigen Mannheimer nicht zufrieden. „Zu viel Leerstand, zu viel Müll“, sagen sie. Was sie besser machen würden? „Grün, grün, grün, und die Autos verbannen.“ In Mannheim seien viele Plätze betonig und steril. „Die neuen Plätze am Hauptbahnhof, auch auf der Lindenhofseite, da geht mir der Hut hoch, wenn ich das sehe“, sagt Monika.
Am Stand von Marcel Höhn, Mitinhaber der Pfälzer Brotbuwe, beginnt der Käse auf den eigens zubereiteten Brötchen zu schwitzen. „Es ist viel los an dem Wochenende“, sagt Höhn. Stadtteilfest in Neckarau, ein Event auf Spinelli, Gartenlust beim Pflanzenhandel Huben in Ladenburg. „Da verteilen sich die Besucherströme.“
Musikalische Vielfalt belebt die Kapuzinerplanken
Zu spüren ist das Erlebniswochenende derweil auf den Kapuzinerplanken. Neben der französischen Woche, die schon seit ein paar Tagen ihre Stände und Zelte aufgebaut hat, sorgt das „Fête de la Musique“ für gute Stimmung. Los geht’s mit einem Big Band-Festival, und Rolf und Brigitte aus Feudenheim bleiben stehen und hören ein bisschen zu. Rolf ist Ur-Mannheimer, auf seine Stadt lässt er nichts kommen. „Mir gefällt Mannheim riesig“, sagt der 76-Jährige. Sie liefen oft in die Quadrate, immer schön am Neckar entlang und dann mit der Straßenbahn zurück.
Apropros Straßenbahn: Damit diese ungehindert in die Stadt ein- und ausfahren kann, gleichzeitig aber maximale Sicherheit gewährleistet wird, sind in Höhe des Paradeplatzes und am Eingang der Planken gegenüber vom Wasserturm mobile Terrorsperren aufgebaut. Die müssen Mitarbeiter einer Sicherheitsfirma nun im Minutentakt vor- und zurückschieben, immer dann, wenn eine Bahn ein- oder ausfährt. „Ain’t No Sunshine“ singt derweil im Schaufenster von Galeria Kaufhof Klaus Schimmer vom Musikprojekt Soulshine, es gibt keinen Sonnenschein. Darüber kann man sich in Mannheim an diesem Samstag jedenfalls nicht beklagen.
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