Kommunalpolitik - Das Parlament nutzt eine GUD-Initiative, um die Kostenregelungen für die Erst-Erschließung von Grundstücken mit Wasser und Kanal zu überarbeiten

Zwingenberger Satzungen auf einen Nenner bringen

Von 
Michael Ränker
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Wen Gewerbe- oder Wohngebiete erschlossen werden – unser Bild entstand im Jahr 2015 im Steinfurter Falltor III – dann regeln kommunale Satzungen, wer welche Kosten zu übernehmen hat. © Dietmar Funck

Zwingenberg. „Wer bestellt, der bezahlt!“ Und das ist ja grundsätzlich auch richtig so: Nach dem „Bestellerprinzip“ soll derjenige die Kosten für eine Dienstleistung oder ein Produkt übernehmen, der anschließend auch den Nutzen davon hat. Was in der Geschäftswelt wie selbstverständlich angewendet werden kann, lässt sich in einer Kommune nicht so ohne Weiteres umsetzen. Schließlich haben beispielsweise von der Ausweisung eines Wohn- oder Gewerbegebiets in der Regel nicht nur diejenigen einen Nutzen, aus deren Acker ein wertvolles Baugrundstück oder eine Gewerbefläche wird, sondern die Stadt als Gemeinwesen profitiert ebenfalls davon:

Beispielsweise dadurch, dass durch den Bau von Straßen und Gehwegen die Gemarkung besser erschlossen werden kann und durch das Anlegen von Grünstreifen das Stadtbild attraktiver und das Stadtklima besser werden. Oder weil durch die Ansiedlung zusätzlicher Einwohner oder Unternehmen die Lohn- und Einkommensteuer- sowie die Gewerbesteueranteile steigen. Und mit im Boot ist die Allgemeinheit auch, weil zum Beispiel durch die Kanalisation nicht nur das Schmutzwasser aus den Wohnhäusern oder Gewerbeobjekten, sondern auch der Regen als Oberflächenwasser der Straßen fließt.

Kommune bezahlt zehn Prozent

Die Stadt Zwingenberg regelt daher in einer sogenannten Erschließungssatzung, wie die Kosten verteilt werden, die im Rahmen der Erschließung eines Wohn- oder Gewerbegebiets durch den Bau von Fahrbahnen, Rad- und Gehwegen oder Beleuchtungs- und Entwässerungsreinrichtungen entstehen. In der Satzung wird geregelt, dass die Stadt zehn Prozent dieser Kosten übernimmt.

Die Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie (GUD) hat mit Blick auf die bevorstehende Erschließung des Rodauer Neubaugebiets „Nördlich der Hauptstraße“ – auch als „In den Gärten“ bezeichnet – allerdings eine Beispielrechnung aufgemacht, an deren Ende die Erkenntnis steht: Die Allgemeinheit übernimmt nach der GUD-Kalkulation nicht zehn Prozent, sondern für die Wasserversorgung 96 Prozent und für die Abwasserentsorgung 62 Prozent der Kosten.

GUD-Fraktionsvorsitzender Ulrich Kühnhold stellte in der jüngsten Stadtverordnetenversammlung daher den Antrag, die Wasserversorgungssatzung und die Entwässerungssatzung der Stadt so anzupassen, dass bei der Erst-Erschließung von Grundstücken mit Wasserleitung und Kanal die Kosten „zu 90 Prozent der tatsächlichen Erschließungskosten vom Grundstückseigentümer erhoben werden können“. Ziel müsse es laut GUD sein, die besagten Satzungen mit der Erschließungssatzung „zu harmonisieren“. Man wisse, die Berechnung „ist schwierig“, trotzdem solle der Versuch unternommen werden, „die tatsächlichen Kosten auf die Anwohner umzulegen“.

So eingängig der GUD-Ansatz auch klingt, so komplex ist das Thema jedoch, wie Bürgermeister Holger Habich in der Stadtverordnetenversammlung erläuterte. Unterschieden werden müsse zwischen der Kostenverteilung für die Erschließungsanlage, wie sie in der Erschließungssatzung geregelt werde, und den „leitungsgebundenen Kosten“, wie sie entstehen, wenn ein Grundstück erstmals mit einer Trinkwasserleitung und einem Kanal angebunden werde.

Habich verwies auf unterschiedliche Rechtsgrundlagen und kam in der Folge zu dem Schluss, dass der GUD-Antrag so nicht umsetzbar sei. Allerdings empfahl Habich, die GUD-Initiative zum Anlass zu nehmen, „den Sachverhalt zu überprüfen“.

Und genau darauf verständigten sich am Ende alle Fraktionen einstimmig. CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Neumeister bezeichnete „den Kern“, der in dem GUD-Antrag stecke, als „sinnhaft“. Die Stadtverwaltung solle eine entsprechende Überarbeitung der Satzung vorbereiten und sich dazu, falls nötig, auch externer Hilfe bedienen. Auch SPD-Stadtverordneter Peter Kaffenberger schloss sich dem GUD-Ansatz „zur Optimierung und Synchronisierung“ der verschiedenen Satzungen an. Zustimmung gab es auch von FDP-Stadtverordnetem Harald Pieler, der ebenfalls darum bat, die Verwaltung solle eine entsprechende Vorlage erarbeiten.

In der Intension bestätigt

Die Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie sah sich in ihrer „Intension“ bestätigt, so Ulrich Kühnhold in seinem Schlusswort: „Wir wollten das nur in Bewegung bringen.“ Ziel sei es, die Kosten „adäquater umzulegen als bis dato“, aber selbstverständlich so, dass die Überarbeitung „mit dem Recht im Einklang steht“. Kühnhold: „Wir alle sehen ja die Diskrepanz – und die sollte gemildert werden.“

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