Strategische Allianz - Das Zwingenberger Biotech-Unternehmen und die Berliner Formo Bio GmbH wollen die Herstellung tierfreier Milchproteine weiter voranbringen

Zwingenberg Unternehmen Brain forscht an „kuhfreiem“ Käse

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red
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Zwingenberg. Die Brain Biotech AG in Zwingenberg und die Formo Bio GmbH in Berlin starten eine strategische Zusammenarbeit, um die Herstellung tierfreier Milchproteine weiter voranzubringen, wie es in einer gemeinsamen Pressemitteilung heißt. Formo ist nach eigenen Angaben „ein wegweisender Food-Tech-Pionier im Bereich alternative Milchproteine“ und will mit Unterstützung von Brain „als erstes Unternehmen in Europa den 700 Milliarden Dollar schweren Milchmarkt revolutionieren und gleichzeitig mehrere Gigatonnen CO2 einsparen“.

Für die tierfreie Produktion von Milchproteinen verwendet Formo einen DNA-Strang (Träger einer Erbinformationen), den man im Genom (gesamtes Erbgut) der Kuh findet, und der für die Milchproteinherstellung zuständig ist. Dieser wird in Wirtszellen (Algen, Pilze, Hefen) eingesetzt. Daraus entsteht dann ein bioidentisches Milchprotein, das als tierfrei gilt.

Die Brain Biotech AG soll dabei mit ihrer Genom-Editing-Technologie (wir haben bereits mehrfach über die sogenannte „Gen-Schere“ berichtet) behilflich sein. Die strategische Kooperation zielt auf die Optimierung von Mikroorganismen ab, um die neuartige und nachhaltige Proteinproduktion durch Präzisionsfermentation für die kommerzielle Nutzung auszubauen.

Die Nachfrage nach tierfreiem Milchprotein steigt

Formo trifft mit seiner Idee von tierfreiem Milchproteine auf eine zunehmende Nachfrage von Konsumenten: Erst kürzlich führte das Startup hierzu eine Verbraucherstudie durch, die bestätigt, dass 79 Prozent der Verbraucher tierfreie Käseprodukte testen wollen.

„Wir sind stolz, mit BRAIN einen renommierten Partner zu gewinnen, mit dem wir unsere Passion für Biotechnologie und die Ambition für mehr Nachhaltigkeit teilen: Durch Präzisionsfermentation können wir die Kuh von der Wertschöpfungskette der Molkerei-Industrie entkoppeln und so die Treibhausgasemissionen um 91 bis 97 Prozent senken“, sagt Dr. Britta Winterberg, Mitgründerin und Chief Scientific Officer bei Formo.

Formo: Rolle als globaler Marktführer ausbauen

„Mit dem Know-how der besten Experten in unserem Team und mit einem starken Partner können unsere Produkte die ersten ihrer Art sein, die in industriellem Maßstab produziert und zu wettbewerbsfähigen Preisen angeboten werden. Durch die Kooperation mit Brain können wir unsere Rolle als globaler Marktführer noch schneller aufbauen.“

„Wir freuen uns, dass wir Formo mit unserer Genom-Editing-Expertise und unserer proprietären BEC-Nuklease dabei unterstützen können, einen Produktionsstamm zur Herstellung tierfreier Käseprodukte zu entwickeln. Hier kommt die Präzisionsfermentation ins Spiel.

Sie ist ein Beispiel dafür, wie die Technologie des Genom-Editings eingesetzt werden kann, um ein Protein zu gewinnen, das naturidentisch ist, aber sehr viel nachhaltiger produziert werden kann als das tierische Protein“, sagt Dr. Michael Krohn, Leiter des Bereichs Forschung und Entwicklung bei der Zwingenberger Brain Biotech AG. red

Hintergrund

  • Das 2019 in Berlin gegründete Startup-Unternehmen Legendairy Foods – heute: Formo – nutzt die mikrobielle Fermentation, um die gleichen Proteine zu produzieren, die auch in Kuhmilch vorkommen, wie Kasein und Molkenprotein.
  • Durch die Kombination dieser Proteine mit pflanzlichen Fetten will das Unternehmen Molkereiprodukte herstellen, die sich wie Tiermilch verhalten, aber kein Cholesterin enthalten.
  • Das erste Ziel von Formo ist die Herstellung von frischem Käse wie Mozzarella oder Ricotta, eine Bandbreite gereifter Käsesorten sollen folgen.
  • Nach Angaben des Unternehmens enthalten die derzeitigen veganen Käsesorten kein Kasein- und Molkenprotein, die Käsen aus tierischer Milch ihren charakteristischen Geschmack und ihre Textur verleihen.
  • Formo ist das erste europäische Unternehmen, das an der Herstellung von tierfreien Milchprodukten arbeitet, die die gleiche Proteinzusammensetzung haben wie herkömmliche Milchprodukte.
  • In den USA ist dieser Bereich schon weiter fortgeschritten. Im Juli brachte das Unternehmen Perfect Day das erste tierfreie Milchprodukt auf den Markt, eine Eiscreme.
  • Formo hat für sein Vorhaben kürzlich mit 50 Millionen US-Dollar die größte Serie-A-Finanzierung als europäisches FoodTech-Unternehmen erhalten. Von Anfang an als Gesellschafter an Formo beteiligt ist Merck.
  • Das Formo-Gründerduo Raffael Wohlgensinger und Dr. Britta Winterberg verfolgt nach eigenen Angaben die Mission, ein nachhaltiges und ethisches Lebensmittelsystem zu gestalten, bei dem positive Veränderungen nicht durch Verzicht entstehen, sondern mit Genuss einhergehen. red

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