CDU-Neujahrsempfang

„Wir müssen als Gesellschaft endlich aufwachen“

Staatssekretär Uwe Becker warnt beim Neujahrsempfang der CDU vor zunehmendem Rechtsextremismus und aufkeimendem Antisemitismus.

Von 
Michael Ränker
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Beim CDU-Neujahrsempfang im Diefenbachsaal des Bunten Löwen hielt Staatssekretär Uwe Becker die Festrede. © Thomas Neu

Zwingenberg. Uwe Becker sagt von sich selbst, er sei „grundhaft optimistisch“. Und er ist der Überzeugung: „Das Jahr 2024 kann ein gutes Jahr werden.“ Aber natürlich nur, wenn christdemokratische Kräfte – wie in Hessen – auch im Bund sowie auf europäischer Ebene das Sagen haben. Der Staatssekretär der Hessischen Landesregierung zuständig für Europaangelegenheiten und zudem ihr Beauftragter für Jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus, hielt am Donnerstagabend im gut besuchten Diefenbachsaal des „Bunten Löwen“ die Neujahrsansprache beim traditionellen Empfang der Zwingenberger CDU zum Jahresauftakt.

Mit Kritik an der Berliner „Ampel“ hielt sich der Christdemokrat naturgemäß nicht zurück – „Die jetzige Bundesregierung ist die schlechteste Bundesregierung, die wir je hatten“ – machte sie aber nicht zum Mittelpunkt seiner Ansprache. Angesichts des zunehmenden Rechtsextremismus sowie des aufkeimenden Antisemitismus forderte Uwe Becker seine Zuhörer vielmehr nicht nur zu „mehr Zuversicht“, sondern vor allem zu „mehr Engagement“ auf:

Blick auf die bevorstehende Europawahl

Die missliche Lage der Nation „darf nicht nur am Abend auf dem Sofa bei der Tagesschau beklagt werden“, sondern jeder Einzelne müsse am nächsten Morgen auch aufstehen und ins Handeln kommen. Das wiederum heißt für Becker beispielsweise mit Blick auf die bevorstehende Europawahl, an der am 9. Juni in Deutschland erstmals bereits 16-Jährige teilnehmen dürfen, das Wahlrecht überhaupt zu nutzen, obwohl es sich vermeintlich „nur“ um eine Europawahl handele, und auf eine Protestwahl zu verzichten, nämlich den Rechten keine Stimme zu geben.

Theresia Hebling. © Thomas Neu

Der Politik wiederum schrieb Becker ins Stammbuch, sie dürfe nicht darauf vertrauen, dass die Bedeutung eines stabilen Europas für ein Leben in Frieden und Freiheit gewissermaßen zwangsläufig und auf Dauer jedem Menschen klar sei. Vielmehr müsse „der europäische Geist“ immer wieder neu gelernt und neu gelebt werden.

Über 40 Prozent der Wähler sind bereit, Rechte zu wählen

Mit Blick auf den zunehmenden Antisemitismus berichtete der Frankfurter, in dessen Heimatstadt es eine der größten jüdische Gemeinden Deutschlands gibt, von seinen Gesprächen mit jüdischen Freunden und Bekannten, „die Angst haben, ihre Kinder in die Schule oder in den Sportverein zu schicken“. Uwe Becker: „Das ist nicht Deutschland im Jahr 1933, sondern das ist Deutschland im Jahr 2024.“

Wenn man zudem bedenke, dass aktuellen Umfragen zufolge bei der bevorstehenden Landtagswahl in Thüringen, wo mit dem AfD-Politiker Björn Höcke „die Inkarnation des Neofaschismus“ antritt, über 40 Prozent der Wähler bereit seien, Rechte zu wählen, „dann müssen wir erkennen: Es ist nicht mehr fünf vor zwölf, sondern es ist zehn nach zwölf.“ Er merke jedoch nicht, „dass uns das wirklich umtreibt“, forderte Uwe Becker eindringlich auf: „Wir müssen als Gesellschaft endlich aufwachen!“

Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von Musikerin Theresia Hebling

Der Neujahrsansprache des Ehrengastes, der sich im Vorfeld des Empfanges ins Goldene Buch der Stadt eingetragen hatte, war die Begrüßung der Gäste durch den Zwingenberger CDU-Vorsitzenden Sebastian Clever vorausgegangen. Der skizzierte das Jahr 2023 mit allen seinen Krisen – „der Planet brennt an allen Ecken und Enden –, appellierte jedoch gerade angesichts der großen Herausforderungen: „Lassen Sie uns zuversichtlich ins neue Jahr gehen.“ Clever: „Wir Bürger sind in der Lage, den Herausforderungen zu begegnen.“ Natürlich brauche es dazu christdemokratische Politik.

Ans Rednerpult traten beim Neujahrsempfang der Zwingenberger CDU auch Landtagsabgeordnete Birgit Heitland und Bürgermeister Holger Habich. Heitland blickte vor allem auf den Erfolg der Christdemokraten bei der Landtagswahl am 8. Oktober 2023 zurück – dass sie in ihrer Heimatstadt die 40-Prozent-Marke „geknackt“ habe, das freue sie ganz besonders, bedankte sich die nach wie vor als Stadtverordnete in Zwingenberg engagierte Heitland für den großen Rückhalt.

Rathauschef Habich wiederum rührte sozusagen die Werbetrommel für das Programm des Jubiläumsjahres „750 Jahre Zwingenberger Stadtrechte“ und lud zum städtischen Neujahrsempfang am Sonntag (21.) ab 11 Uhr ins Autohaus Vogel ein.

Musikalisch gestaltet wurde die Veranstaltung von der 16-jährigen Liebfrauenschülerin Theresia Hebling aus Bensheim auf der Querflöte. Die begabte Musikerin ist bereits mehrfach ausgezeichnet worden und war unter anderem beim Landeswettbewerb von „Jugend musiziert“ erfolgreich, überdies spielt sie im Landesjugendblasorchester Hessen.

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