Zwingenberg. Von London über Granada nach . . . – ja, genau, nach Zwingenberg! Kein Wunder, dass sich die beiden Musiker erst mal böse verfahren haben – die Haupt-Durchfahrtsstraße: gesperrt. Und das Navi führte in die Weinberge! Gottlob halfen da einige eritreische Flüchtlinge bei der Weinlese und zeigten ihnen den Weg.
Man müsste sie ausfindig machen und ihnen eine Dankes-CD überreichen, denn sonst hätten die Gäste im ausverkauften Theater Mobile einen brillanten Hörgenuss verpasst: das Gitarren-Duo „Café del Mundo“.
Ihre Kunst: Virtuosität und Flamenco auf höchstem Niveau und dabei das Publikum für sich gewinnen. Alexander Kilian und Jan Pascal, zwei Gitarristen aus Süddeutschland, erobern zurzeit das internationale Parkett – selbst den Süden Spaniens, Mutterland des Flamenco. Und herausragendes Gitarrespiel allein genügt hier nicht: Flamenco muss die Seele berühren, sonst ist er nicht gut genug. Sie haben es geschafft, Kunstfertigkeit und Leidenschaft zu verbinden und wurden deshalb mit offenen Armen in Andalusien empfangen.
„Wie Feuer und Wasser“
Und auch das Zwingenberger Publikum war ergriffen. „Wie kann man so intensiv und schnell spielen, gleichzeitig denken und sich auch noch mit dem Partner abstimmen?!“, fragt ein erstaunter Besucher am Tisch. Alexander Kilian antwortet: „Manchmal übe ich acht Stunden am Tag Gitarre, ich habe auch schon ganze Nächte durchgeübt…“.
Hinzu kommt, dass sich die beiden Flamenco-Gitarristen perfekt ergänzen. „Wie Feuer und Wasser“, beschreibt es Jan Pascal. „Schon bei unserer ersten Begegnung war klar: Aus unseren beiden unterschiedlichen Energien müssen wir etwas machen. Denn das sei auch das Besondere an der Flamenco-Gitarre: „Sie ist die wilde Schwester der klassischen Gitarre“, schwärmt Kilian.
„Eine Flamenco-Gitarre kann wie Feuer, aber auch wie Eis klingen – sie kann alle Emotionen ausdrücken.“ Die beiden Ausnahme-Gitarristen entdeckten für sich einen ganz neuen, modernen Stil in ihren Kompositionen und inspirieren sich gegenseitig.
Seit zwölf Jahren spielen sie zusammen – inzwischen 120 Konzerte im Jahr. Dazu kommen 7 Alben, das jüngste wurde in diesem Jahr in den berühmten Abbey-Road-Studios in London eingespielt. Alexander Kilian galt als gitarristisches Wunderkind und gewann schon im Alter von 15 Jahren seinen ersten internationalen Wettbewerb mit einem Stück von Paco de Lucia. Es folgen zahlreiche Meisterkurse und Konzerteinladungen in alle Welt und ein Diplom im Fach Jazz-Gitarre.
Jan Pascal ist eher der Generalist. Aus einer Musikerfamilie stammend, lernte er Klavier, Gesang und klassische Gitarre. Parallel dazu machte er eine Tontechniker-Ausbildung, gründete mit 21 sein eigenes Tonstudio, sechs Jahre später ein Indie-Label. Am Ende aber schlug die erste Liebe durch: Sein Großvater in Spanien hatte ihm als Bub die erste Flamenco-Gitarre geschenkt und er ließ sich fortan in diesem Fach ausbilden.
Bekenntnis zu Europa
Eine geglückte europäische Geschichte. Die wünschen sich die sozial engagierten Musiker auch für Gesamteuropa, ein Bekenntnis, für die Ewigkeit festgehalten, auf ihrem Album „Beloved Europa“. Vier Jahre lang waren sie auf Konzertreise durch Europa und brachten viele Eindrücke und Geschichten mit. Titel wie „Easy“ oder der „Dance of Joy“-Club-Remix klingen dann auch etwas jünger, manchmal poppiger als zuvor, mit Trance-Potenzial und tanzbar.
Auf der Mobile-Bühne erklangen aber auch Klassiker von Astor Piazolla oder Chick Koreas „Spain“ von ihrer neuen CD „Famous Tracks“, die erst vor wenigen Tagen herauskam und tatsächlich im ältesten Städtchen an der hessischen Bergstraße uraufgeführt wurde. Denn „Café del Mundo“ waren nicht zum ersten Mal im Theater Mobile, das früh erkannte, dass die beiden nicht nur faszinierende und ungemein sympathische Gitarristen sind, sondern etwas ganz Eigenes und Besonderes auf die Bühne bringen. Nicht enden wollende Zugabe-Rufe sorgten dafür, dass sie wiederkommen wollen. Das nächste Konzert in „Fahrt-Nähe“ ist am 6. Oktober in Neustadt an der Weinstraße, danach geht’s weiter nach Paris . . .
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