Sozialausschuss

Prüfantrag zur Ausweitung der Tempo-30-Zone erneut abgelehnt

Die Kommunalpolitiker sind verärgert über die „dürftige“ Antwort des Verkehrsdezernenten. Der Magistrat soll Widerspruch einlegen.

Von 
Michael Ränker
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Einen Antrag der Stadt auf Ausweitung der Tempo-30-Zone auf der B 3 in nördlicher Richtung bis zur Wiesenpromenade hat die Straßenverkehrsbehörde des Kreises erneut abgelehnt. Aktuell gilt nur in Höhe des Evagelischen Kindergartens für Autofahrer Tempo 30. © Thomas Zelinger

Zwingenberg. Mit ihrer „Bitte“ an den Landkreis Bergstraße, die wiederholt vorgetragene Forderung nach Ausweitung der Tempo-30-Zone auf der Bundesstraße 3 „wohlwollend zu prüfen“, wie es Bürgermeister Sebastian Clever unlängst in einem Brief an Landrat Christian Engelhardt formulierte (wir haben berichtet), sind die Zwingenberger erneut gescheitert: Im Rathaus des ältesten Bergstraßenstädtchens ist jetzt ein Antwortschreiben des für das Straßenverkehrswesen zuständigen Dezernenten Matthias Schimpf eingetroffen, das am Dienstagabend sowohl im Sozial-, Kultur- und Sportausschuss (SKS) der Stadtverordnetenversammlung als auch im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (BPU) für große Entrüstung sorgte.

Und in der Folge für gleichlautende Entschließungen der beiden Fachgremien: Die Stadt soll sich mit der neuerlichen Ablehnung nicht zufriedengeben, der Magistrat möge in Richtung der Kreisverwaltung den „Unmut“ Zwingenbergs schriftlich deutlich machen. Zugleich soll der Stadtrat unter der Leitung von Rathauschef Clever prüfen, welche Schritte sonst noch unternommen werden können, um zum Ziel zu kommen.

Ziel bleibt es, die bestehende Tempo-30-Strecke im Bereich des Evangelischen Kindergartens in nördlicher Richtung bis zur Einmündung Wiesenpromenade zu verlängern. Im Blick hat die Stadt dabei vor allem die Schulwegsicherheit, aber auch den Lärmschutz. Überdies werden als Argumente die Sicherheit der Radfahrer oder der Umstand, dass sich in dem an die B3 angrenzen Stadtpark auch ein Kinderspielplatz befindet, angeführt.

Bereits Clevers Amtsvorgänger Holger Habich hatte diese Forderung bei der Straßenverkehrsbehörde des Kreises mehrfach vorgetragen – und die hatte darauf geantwortet, „dass kein Handlungsbedarf beziehungsweise keine Grundlage für verkehrsrechtliche Maßnahmen besteht“, so Habich im September 2024 in einer Sitzung des Kommunalparlaments.

Sachverhalt sei mehrmals überprüft worden

Eine der ersten Amtshandlungen des neuen, seit 1. April im Amt befindlichen Bürgermeisters Sebastian Clever war es nun, den im Juli 2022 gefassten Stadtverordnetenbeschluss, die Geschwindigkeit in dem beschriebenen B3-Abschnitt von den üblichen 50 km/h auf 30 km/h reduzieren zu wollen, erneut in Heppenheim vorzutragen. Der Landrat reichte das Schreiben zuständigkeitshalber an den Dezernenten Matthias Schimpf weiter. Und dessen Antwort mündete jetzt in den entscheidenden Satz: „Eine Notwendigkeit zum Handeln erkennt meine Straßenverkehrsbehörde aktuell nicht.“

Der hauptamtliche Kreisbeigeordnete weist darauf hin, dass der „Sachverhalt“ in den zurückliegenden Jahren „mehrfach durch meine Straßenverkehrsbehörde auf Antrag der Stadt Zwingenberg überprüft“ worden sei. Schimpf schreibt weiter: „Polizei, Hessen Mobil und meine Straßenverkehrsbehörde waren mehrfach vor Schulbeginn, ab 7.15 Uhr, vor Ort und haben Verkehrsbeobachtungen durchgeführt, um einen Eindruck des Verkehrsablaufs insbesondere der Schulkinder zu gewinnen. Die Schulkinder waren bei jedem Ortstermin diszipliniert und haben sich regelkonform verhalten. Alle Schulkinder, die zur Melibokusschule wollten, nutzten ausnahmslos die Fußgängerampel.“

Von einer „Ausweitung“ kann aus Sicht des Kreises keine Rede sein

Die aktuellen Verkehrsbeobachtungen aus diesem Jahr decken sich nach Angaben von Matthias Schimpf mit den Beobachtungen der Vorjahre: „Der Verkehrsablauf war beim Ortstermin als sicher anzusehen, auch ist die polizeiliche Unfallauswertung unauffällig.“ Auf der B3 in Zwingenberg sei das Verkehrsaufkommen für eine Bundesfernstraße „relativ gering“ im Vergleich zu den anderen Bundesstraßen im Umkreis von etwa 15 Kilometern. Lediglich im Odenwald seien Bundesstraßen weniger befahren.

Weiter heißt es: „Trotz der Nähe zur Melibokusschule sehen die Fachbehörden bisher keine Veranlassung, hier eine Geschwindigkeitsreduzierung einzurichten, da eine verkehrliche Regelung nicht notwendig ist. Der Spielplatz ist im Stadtpark inkludiert und verfügt zur B3 hin über einen zusätzlichen Zaun. Es ist glücklicherweise nicht so, dass wenn die Kinder den Spielplatz in Richtung B3 verlassen, sie dann plötzlich unmittelbar auf der B3 stehen würden. Der Spielplatz ist im Stadtpark nochmal separat abgegrenzt. Ein direkter Zugang vom Spielplatz zur B3 ist nicht vorhanden.“

Auch von einer „Ausweitung“ kann aus Sicht des Kreises keine Rede sein: „Im Zuge der B3 in Zwingenberg gibt es nur einen Abschnitt, der mit Tempo 30 km/h ausgewiesen ist. Ein Lückenschluss kann somit nicht vollzogen werden. Der Abstand zwischen Kindergarten und Wiesenpromenade beträgt etwa 350 Meter und keine 150 Meter.“ Überdies diene die B3 in Zwingenberg auch als Autobahnbedarfsumleitung: Von Süden nach Norden handelt es sich um die U69, von Norden nach Süden um die U80. „Kurzum: die B3 hat eine wichtige Verkehrsfunktion nicht nur für die Stadt Zwingenberg, sondern temporär auch darüber hinaus.“

Ratlosigkeit, was die Stadtverordnetenversammlung jetzt noch tun könne

Die Zwingenberger Kommunalpolitiker vor allem im Sozial-, Kultur- und Sportausschuss reagierten parteiübergreifend verständnislos bis verärgert. SPD-Stadtverordnete Christine Kubitzek bezeichnete die Schimpf‘sche Antwort als „mehr als dürftig“, der Dezernent habe kein „stichhaltiges Argument“ vorgetragen, das Schreiben sei „weder sachlich noch seriös“. Sie forderte dazu auf, dass der Magistrat Widerspruch einlegen solle. Für die FDP schloss sich Sven Krimmelbein der Kritik seiner Vorrednerin „voll und ganz“ an, das Schreiben sei „ein Unding“.

Ulrich Kühnhold, Fraktionsvorsitzender der Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie (GUD) machte ebenfalls aus seiner „Irritation“ angesichts des Schreibens kein Geheimnis: „Das ist von der Logik her nicht nachvollziehbar.“ Bei ihm herrschte allerdings Ratlosigkeit vor, was denn die Stadtverordnetenversammlung jetzt noch tun könne, um Einfluss auf die Straßenverkehrsbehörde zu nehmen: „Müssen wir einen Volksaufstand anzetteln, müssen wir ganz Zwingenberg auf die Beine bringen?“

CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Neumeister schloss sich dem vorherrschenden „Unverständnis“ an, er wies aber auch darauf hin, „dass wir uns hier ja in einem politischen Umfeld befinden“. Und vor diesem Hintergrund „würde mir noch eine weitere Möglichkeit einfallen“. In der GUD gebe es schließlich Kräfte, die der Partei angehören, der auch der zuständige Dezernent angehöre. Neumeister schmunzelnd: „Vielleicht kann man ja auch auf dem kleinen Dienstweg Einfluss nehmen.“ So oder so werde die Stadt mit ihrer Forderung nur erfolgreich sein, wenn man die „Wahrnehmung“ der entscheidenden Behörde auf Kreisebene ändere.

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