Zwingenberg. Aylin, Elina, Fiona, Jesper und Tom stehen am südlichen Eingang zum Zwingenberger Stadtpark. Die Drittklässler sind allesamt ausgestattet mit geliehenen Smartphones, eine App hat sie an ihren aktuellen Standort geführt. Die Schülerinnen und Schüler der „Waschbärenklasse“ sind als Tester-Team unterwegs: Auf ihren digitalen Endgeräten ist eine noch nicht offiziell erhältliche Version des Zwingenberger Stadtquiz installiert, das aus Anlass des Jubiläums „750 Jahre Stadtrechte“ spätestens im Sommer erscheinen soll.
Heute wollen die Erwachsenen, die die App entwickeln, nicht nur live miterleben, wie das Spiel bei der Zielgruppe ankommt, sondern vor allem erfahren, wie die Grundschüler damit zurechtkommen. Das Quintett aus der Klasse 3b der örtlichen Melibokusschule bewegt sich an diesem Sonntagvormittag durch eine der drei Epochen, zu der im Stadtquiz Aufgaben gestellt werden: Ihre Tour durchs Mittelalter beziehungsweise die frühe Neuzeit hat vor dem Heimatmuseum an der Scheuergasse begonnen.
Im Mittelalter stand in der Stadt eine Burg
Jetzt richten sie den Blick vom Brunnen im Eingangsbereich des südlichen Stadtparks in Richtung „auf eine alte Ruine, die auf der anderen Seite der Wiese ist“, so die Beschreibung, wie sie Philipp, der Stadtlöwe, in der App formuliert. Philipp ist neben Anna, der Museumsmaus, und Citta, dem Symboltier der Cittaslow-Initiative, der die Stadt Zwingenberg angehört, einer der Protagonisten der App.
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Er erklärt den Weg, Museumsmaus Anna gibt Erläuterungen zur Geschichte des jeweiligen Etappenzieles und Citta stellt die Fragen. In diesem Fall erklärt Museumsmaus Anna „Im Mittelalter befand sich hier eine Burg. Wann sie gebaut wurde, müssen wir noch herausfinden. Aber wir wissen, dass sie 1301 zerstört wurde. Sie wurde dann einige Jahre später wieder aufgebaut und etwa 200 Jahre lang bewohnt. Danach gab es ein gemütlicheres Wohnhaus und es hat sich keiner mehr um die Burg gekümmert und sie ist nach und nach zerfallen.“ Jetzt ist Schnecke Citta mit der Quizfrage dran: „Um welche Art von Burg könnte es sich hierbei gehandelt haben?“
Und sie gibt einen kleinen Tipp: „Denk dran, was wir schon erzählt haben.“ Tester Tom erinnert sich an eine vorangegangene Beschreibung, die ganze Gegend soll sumpfig gewesen sein, und er ist sich daher sicher: „Hier sah es früher schlammig aus.“ Also kann von den drei vorgegebenen Antwortmöglichkeiten nur „Wasserburg“ korrekt sein – und das stimmt, bei dem alten Gemäuer hat es sich weder um eine „Höhenburg“ noch um eine „Raubritterburg“ gehandelt.
Tour durch die historische Altstadt mit sechs Stationen
Tom klickt auf das entsprechende Feld, das wird grün und ein Haken als Symbol für „richtig“ erscheint. Grundschullehrerin Verena Ränker fragt die anderen Tester: „Habt ihr auch alle grün?“ Ein „Ja!“ schallt ihr entgegen. „Tipptopp!“, lobt die Pädagogin – und weiter geht’s.
Die Kinder stürmen vorneweg, die Erwachsenen können kaum Schritt halten. Das Entwickler-Team hatte als Dauer für den Probelauf der sechs Stationen umfassenden Mittelaltertour sicherheitshalber zwei Stunden veranschlagt, doch nicht mit dem Tempo der Kinder gerechnet: Die lassen sich den Spaß am digitalen Stadtquiz auch nicht durch den einsetzenden Nieselregen nehmen. Das Tempo wird auch dadurch beschleunigt, dass die Spielerinnen und Spieler nicht zwingend stehenbleiben müssen, um die Texte in Ruhe zu lesen, die Historikerin Berenike Neumeister verfasst hat: Jugendliche haben die Streckenangaben, historischen Erläuterungen und Aufgaben als Tonaufnahmen eingesprochen und die Teilnehmenden können sich aufs Zuhören während des Laufens beschränken.
Die komplexe Aufgabe der technischen Umsetzung liegt in den Händen der Softwareentwickler Michael und Stephan Knecht. Für die Brüder ist die Entwicklung einer „Application software“ für Smartphones oder Tablets nicht nur wegen ihrer Berufstätigkeit nichts Neues: Vor einigen Jahren haben sie gemeinsam mit ihrem Freund Bernd Mohr die „Touristguide Zwingenberg“-App für die Stadt am Fuße des Melibokus produziert.
Wissen auf spielerische Weise vermitteln
Das Vorgehen bei der Entwicklung des digitalen Stadtquiz ist fast identisch, die Zielgruppe und die Inhalte sind jedoch anders: Im Mittelpunkt stehen dieses Mal Kinder, und während der „Touristguide Zwingenberg“ das Wissen über die Stadt digital zur Verfügung stellt, will die neue App auf spielerische Weise Wissen vermitteln. Die Erwachsenen halten sich an diesem Vormittag mit Tipps zurück, schließlich wollen sie die App unter möglichst realistischen Bedingungen testen, bevor die beiden weiteren Epochen – das 19. und das 20. Jahrhundert – umgesetzt werden.
Kleinere Korrekturen werden zeitnah umgesetzt
Und das Entwickler-Quartett ist zufrieden, muss nur Kleinigkeiten ändern: Die Frage zum Glockengeläut der Bergkirche ist doch etwas zu kompliziert gestellt und bei der Vorlese-Funktion muss eine „Pause“-Taste implementiert werden, um den Redefluss unterbrechen zu können. Und bei der Motivauswahl für die Bebilderung der Stationen könnten die Perspektiven noch optimiert werden, auf dass die Teilnehmenden besser einschätzen können, wohin sie ihren Blick richten müssen.
Als Dankeschön gibt’s für Aylin, Elina, Fiona, Jesper und Tom am Testtag jeweils ein Eis – ist die App dann offiziell am Start, dann können die Kinder sich im Jubiläumsjahr im Bürgerbüro der Stadt Zwingenberg einen kleinen Preis abholen. Der steht dann übrigens jedem zu, der alle Stationen absolviert hat, denn Fehler machen ist bei der Stadttour der besonderen Art erlaubt.
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