Kommunalpolitik

Stadt Zwingenberg zahlt 2,1 Millionen Euro für den Kauf der Jugendherberge

Von 
Michael Ränker
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Zwingenberg. Die ehemalige Zwingenberger Jugendherberge gehört jetzt der Stadt: Die Kommune hat die denkmalgeschützte Immobilie zum Preis von 2,1 Millionen Euro vom Deutschen Jugendherbergswerks Hessen e.V. erworben, nachdem ein geringeres Angebot der Stadt zuvor abgelehnt worden war (wir haben ausführlich berichtet). In dieser Woche wurde der Kaufvertrag notariell beurkundet. In den Räumen des Bensheimer Notariats Kuzbida unterzeichneten Bürgermeister Holger Habich und Erste Stadträtin Karin Rettig gemeinsam mit Klaus Becker, dem Vorstandsvorsitzenden des Jugendherbergswerks, den Kaufvertrag.

Bis zur Eintragung der ältesten Bergstraßenstadt als neue Eigentümerin im Grundbuch wird noch etwas Zeit vergehen, bis dahin ist die Kommune jedoch bereits Mieterin des Objekts. Der Mietvertrag beginnt am 1. August und zielt auf die zeitweise Unterbringung von Flüchtlingen ab. Aufgrund der Direktzuweisungen des Kreises Bergstraße an die Städte und Gemeinden wird bekanntermaßen allerorten dringend Wohnraum gesucht.

Platz für 80 Personen

Die Stadt Zwingenberg hat mit der Übernahme der Jugendherberge, in der nach Rathausangaben rund 80 Personen Platz finden, die Voraussetzung dafür geschaffen, ihrer Aufnahmeverpflichtung nachzukommen. Ein langfristiges Nutzungskonzept für die Immobilie mit ihren 1700 Quadratmetern Nutzfläche sowie für das 3600 Quadratmeter große Areal an der Langen Schneise 11 steht indessen noch aus.

Nachdem die renovierungsbedürftige Jugendherberge im Jahr 2020 Corona-bedingt nicht in die Saison gestartet war, wurde im Spätsommer vom Jugendherbergswerk ihre Schließung verkündet – zum Jahreswechsel 2020/2021 wurde das Haus offiziell „vom Netz“ genommen. Ein Makler wurde beauftragt, das Anwesen für eine nicht genannte Summe zu verkaufen.

Auch die Stadt Zwingenberg interessierte sich zunächst für einen Erwerb – ihre Motivation: Zu verhindern, dass die Immobilie als „Renditeobjekt“ eines Investors der Nutzung durch die Öffentlichkeit völlig entzogen wird. Mit möglichen Mietern – zum Beispiel einem Jugendhilfeträger – kam die Stadt jedoch nicht ins Geschäft und die Kommune nahm einstweilen wieder Abstand vom Kauf.

Weil die Kommune jedoch ein gewichtiges Wörtchen dabei mitreden wollte, was künftig mit dem denkmalgeschützten Gebäude – der Grundstein wurde am 3. September 1928 gelegt – sowie auf dem Areal am Rande der als Ensemble unter Denkmalschutz stehenden Altstadt geschieht, legte sie eine Fortschreibung der Bauleitplanung auf. Sie trägt die Bezeichnung „Schießgarten/Die Lange Schneise“ und ihr Ziel ist es, „die planungsrechtlichen Voraussetzungen für eine bauliche Folgenutzung und gegebenenfalls für eine maßvolle bauliche Nachverdichtung zu schaffen“.

In dem Bereich, in dem sich das denkmalgeschützte Gebäude der ehemaligen Jugendherberge befindet, sind keine Neubauten geplant und auch ein Abriss des Gebäudes ist nicht zulässig. Angrenzende Gartengrundstücke sollen auch künftig nicht bebaut werden können.

Südöstlich des Hauptgebäudes allerdings, wo gegenwärtig die maroden – nicht denkmalgeschützten – Flachdachbungalows stehen, sollen nach deren Abriss maximal fünf neue Wohneinheiten zulässig sein. Um bis zur Rechtskraft des neuen Bebauungsplanes keine baulichen Überraschungen auf dem Areal erleben zu müssen, besteht zurzeit eine Veränderungssperre.

Nach zwischenzeitlich gescheiterten Verhandlungen eines potenziellen Investors mit dem Jugendherbergswerk brachte die Stadt sich nun in diesem Frühjahr erneut als Kaufinteressentin ins Gespräch: „Wir wollen die ehemalige Jugendherberge für die Allgemeinheit sichern – und wir wollen ein unmittelbar anstehendes Problem lösen,“ erklärte Rathauschef Habich im März: In Zwingenberg müssen pro Quartal bis zu 27 Flüchtlinge untergebracht werden, allerdings verfügt die Kommune nicht über ausreichenden Wohnraum. „Alle in Frage kommenden Alternativen sind ähnlich teuer und/oder aufwendig.“

Stadt muss Schulden machen

Der Erwerb der Jugendherberge habe den Vorteil: „Das Geld, das wir investieren müssen, ist nicht, wie beispielsweise bei der Unterbringung von Geflüchteten in Containern, verloren, sondern in einer Immobilie sinnvoll angelegt.“

Allerdings müsse die Kommune zur Finanzierung neue Schulden machen. Ursprünglich war im Etat für das laufende Jahr keine Kreditaufnahme geplant. Im zweiten Halbjahr will der Magistrat der Stadtverordnetenversammlung den Entwurf eines Nachtragshaushaltsplans vorlegen.

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