Zwingenberg/Darmstadt. Das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen hat Hessen Mobil mit einer Machbarkeitsuntersuchung für eine Raddirektverbindung zwischen Darmstadt und Zwingenberg beauftragt. Gestern Vormittag stellte die obere Straßenbaubehörde des Landes die Ergebnisse der Studie in ihrer Zweigstelle in Darmstadt vor.
Der Abschnitt zwischen der Wissenschaftsstadt und dem ältesten Bergstraßenstädtchen ist Teil einer Gesamtplanung, die die Oberzentren Darmstadt, Mannheim und Heidelberg per Raddirektverbindung oder Radschnellweg bundesländerübergreifend verbinden soll.
Ziel der Machbarkeitsstudie war es, einen geeigneten Korridor zwischen Darmstadt-Eberstadt und Zwingenberg zu finden, der die hohen Anforderungen an eine Raddirektverbindung erfüllt, erklärte Andreas Bergen, Dezernatsleiter Radwegenetz-Südhessen bei Hessen Mobil.
Rad- und Fußverkehr sollen getrennt werden
Mit dem Bau einer Raddirektverbindung sind vorgegebenen Qualitätsstandards verknüpft, die Jan Lukas Böger, Technischer Ingenieur bei Hessen Mobil, erläuterte. Raddirektverbindungen müssen eine Mindestlänge von fünf Kilometern haben, zügiges Fortkommen ermöglichen (bis zu 30 km/h Entwurfsgeschwindigkeit) sowie ein möglichst flaches Profil haben. Auf 80 Prozent der Gesamtstrecke, die eine direkte Führung aufweisen soll, muss eine hohe Oberflächenqualität (Asphalt oder Beton) gewährleistet sein. An den Knotenpunkten der Route soll der Fahrradverkehr bevorrechtigt sein, so dass geringe Verlustzeiten, etwa beim Warten an Signalanlagen, entstehen.
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Bei Raddirektverbindungen wird die grundlegende Trennung von Rad und Fußverkehr angestrebt. Außerorts sollen die Wege im einseitigen Zweirichtungsverkehr mit einer Breite von 3,50 Metern geführt werden.
Voraussetzung für den Bau einer Raddirektverbindung ist, dass die Strecke täglich von mehr als 1500 Radfahrern genutzt wird. In der Nutzung und in der Breite der Wege unterscheiden sich Raddirektverbindungen und Radschnellwege. Bei Radschnellwegen wird ein Potenzial von mehr als 2000 Radfahrern zugrunde gelegt, die Breite der Wege liegt bei vier Metern.
Ortsdurchfahrten sind nicht möglich
Hessen Mobil hat nun im Auftrag des Ministeriums vier Varianten für die Führung des „Rad-Highways“ zwischen Darmstadt und Zwingenberg ausgearbeitet.
- Variante 1, deren Kosten von Hessen Mobil auf circa 15,7 Millionen Euro veranschlagt werden, verläuft entlang der Bundesstraße 3 von Darmstadt-Eberstadt durch Bickenbach bis zum nördlichen Ortseingang von Zwingenberg.
- Variante 2 (circa 10,1 Millionen Euro) führt von der B 3 auf die B 426 und von dort über die Landesstraße 3100 vorbei an Malchen durch Seeheim-Jugenheim und Alsbach über die Alte Bergstraße nach Zwingenberg.
- Variante 3 (circa 13 Millionen Euro) verläuft zunächst wie Variante 2, wendet sich in Jugenheim über die L 3103 nach Westen bis zur B 3 und führt entlang der Bundesstraße in Richtung Süden nach Zwingenberg.
- Variante 4 (14,8 Millionen Euro) folgt zunächst Variante 1, spart allerdings die Ortsdurchfahrt Bickenbach aus. Bickenbach wird dabei auf Wirtschaftswegen umfahren.
Die Varianten 2 und 3 über die beiden Landesstraßen sowie durch mehrere Ortschaften scheiden nach den Untersuchungen von Hessen Mobile als Korridore für eine Raddirektverbindung zwischen Darmstadt und Zwingenberg aus. Aufgrund der beengten Ortsdurchfahrten (geringer als 7,50 Meter) in Seeheim und Jugenheim lassen sich die Qualitätsstandards für eine Raddirektverbindung nicht einhalten. Das gilt ebenso für Variante 1 entlang der B 3 mit der Ortsdurchfahrt Bickenbach.
Die Empfehlung von Hessen Mobil
Hessen Mobil spricht eine Empfehlung für Variante 4 - B 3/Umfahrung Bickenbach über Wirtschaftswege/B 3/Zwingenberg - aus. In der schriftlichen Begründung heißt es dazu: Durch die Bewertung der Varianten ergehe eine klare Empfehlung zur Führung der Raddirektverbindung entlang der B 3. Variante 4 schneide hierbei im Vergleich zu Variante 1 bei den meisten Bewertungspunkten besser ab.
Insbesondere könne die beengte Ortsdurchfahrt Bickenbachs keine weiteren Verkehre aufnehmen und die Anforderungen an eine Raddirektverbindung somit nicht erfüllen. Zudem lasse sich bei Variante 4 angesichts der höheren Reisegeschwindigkeit und der geringeren Zeitverluste der größte Anteil an Umsetzung der Qualitätsstandards erreichen. „Somit wurde das Ziel der Machbarkeitsuntersuchung erfüllt und eine Vorzugstrasse gefunden“, schreibt Hessen Mobil.
Baurechtliches Verfahren: noch "sieben bis zehn Jahre"
Auf Grundlage der Machbarkeitsuntersuchung hat Hessen Mobil durch das Hessische Ministerium für Wirtschaft, Energie, Verkehr und Wohnen nun den Planungsauftrag für den Abschnitt zwischen Darmstadt und Bickenbach erhalten. Zur Festlegung der Führung zwischen Bickenbach und Zwingenberg bedürfe es laut Hessen Mobil noch einer „genaueren Betrachtung“.
Bis die ersten Radfahrer auf der Raddirektverbindung unterwegs sein können, dürften nach Schätzung von Andreas Bergen mit Blick auf das nötige baurechtliche Verfahren noch „sieben bis zehn Jahre“ vergehen.
Östlich oder westlich der Bahn
Im Zwingenberger Rathaus war man über die vier Varianten bereits im Vorfeld informiert worden, wie Bauamtsleiter Bernhard Emig, der der Vorstellung der Studie vor Ort in Darmstadt beiwohnte, im Gespräch mit dieser Zeitung sagte. Interessant sei für Zwingenberg, auf welchem Weg die Raddirektverbindung ins Stadtgebiet führe, so Emig weiter.
Dazu habe die Vorzugstrasse nun erste Erkenntnisse geliefert. Eine Weiterführung durch die Stadt entlang der B 3 in Form einer Raddirektverbindung sei wegen der beengten räumlichen Verhältnisse allerdings nicht möglich. Bei der Durchquerung Zwingenbergs sei der wesentliche Punkt, ob die Verbindung östlich oder westlich der Bahnlinie fortgesetzt werde, so Bernhard Emig.
Bis sich die Zwingenberger Kommunalpolitik mit der Route durch die Stadt beschäftigen muss, dürfte es noch dauern, wie Hessen MobilSprecher Jochen Vogel einräumte. Die Weiterführung der Raddirektverbindung (oder eines Radschnellwegs) über Bensheim und Heppenheim Richtung Süden stehe aktuell nicht auf der Agenda der Straßenbaubehörde.
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