Zwingenberg. An Zwingenberg soll das Projekt Raddirektverbindung nicht scheitern: Die abschließende Entscheidung der Stadtverordnetenversammlung steht zwar noch aus, aber in den Fachgremien des Kommunalparlaments wurden jetzt die Weichen gestellt: Dem Trassenverlauf zwischen dem ältesten Bergstraßenstädtchen und der Kreisstadt Heppenheim stimmte der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss (BPU) einstimmig zu, der Haupt- und Finanzausschuss (HFA) tat das mehrheitlich.
Gebilligt wurden von BPU und HFA aber nicht nur der Verlauf der Konsenstrasse mit einer Länge von 14,06 Kilometern und geschätzten Kosten von insgesamt 19,2 Millionen Euro, sondern auch, dass der Magistrat den Zwingenberger Kostenanteil von geschätzt 407.962 Euro (nach Abzug der auf 70 Prozent bezifferten Landesförderung) als Budget in den städtischen Etat einplanen soll. „Die Verwaltung wird mit der Umsetzung der Raddirektverbindung beauftragt“, heißt es in der Beschlussvorlage, über die die Stadtverordnetenversammlung in ihrer Sitzung am 13. November abschließend beraten und entscheiden wird. Von einer Zustimmung ist angesichts des Abstimmungsverhaltens der Fraktionen in den Fachgremien auszugehen.
Die gewählte Strecke sei ein „sehr guter Entwurf"
Grundlage für die Entscheidung der Zwingenberger ist ein veränderter Trassenverlauf in ihrer Stadt: Nachdem die im Mai dieses Jahres vorgestellte „Empfehlungsvariante“, bei der die noch die Bleichstraße Bestandteil der Trasse war, von Bürgern wie Kommunalpolitikern kritisiert worden war, verläuft die Trasse in Zwingenberg - von Bensheim kommend - auf einem Wirtschaftsweg und quert die Rodauer Straße. Die Trasse führt anschließend entlang der Platanenallee bis zur Straße Am Falltor. Dort wird sie in die Straße Am Falltor geführt und verläuft bis zur Rieslingstraße, auf welcher die Trasse dann im Norden an die geplante Raddirektverbindung in Richtung Landkreis Darmstadt-Dieburg anschließt.
CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Neumeister bezeichnete im BPU die nun gewählte Strecke als „sehr guten Entwurf“. Wenn es bei dem geschätzten Kostenanteil für Zwingenberg bleibe, dann sei das Projekt für die Kommune „auf jeden Fall ein Mehrwert“. Denn so oder so müsse der aufgrund von neuerlichen Wurzeldurchbrüchen arg ramponierte Radweg entlang der Platanenallee, der Bestandteil der Trassenführung ist, instandgesetzt werden.
Für die SPD-Fraktion erläuterte Stadtverordneter Peter Kaffenberger im BPU, dass es bei den Sozialdemokraten „zwei unterschiedliche Meinungen“ zum Thema Raddirektverbindung gibt: „Die eine hören Sie heute – die andere im HFA“. Nach Meinung von Kaffenberger könne Zwingenberg durch den Bau der Raddirektverbindung „absolut gewinnen“. Denn alleine mit kommunalen Mitteln könne man die Reparatur des schadhaften Radwegs entlang der Platanenallee „nicht stemmen“, dafür biete nun aber das mit Fördermitteln finanzierte Projekt eine gute Gelegenheit.
Anbindung der Nachbarlandkreise an die Bergsträßer Raddirektverbindung
Für die FDP-Fraktion bezeichnete deren Vorsitzender Wolfgang Dams im HFA den nun auserkorenen Trassenverlauf als „sinnvoll“, über die Größenordnung der Gesamtinvestition sei er jedoch nach wie vor „verwundert“: Kalkuliert werde mit Kosten von durchschnittlich 1,3 Millionen Euro pro Kilometer Radweg, „das ist weltfremd, das halte ich für unmöglich“. Für Zwingenberg rechne sich eine Beteiligung wegen der ohnehin nötigen Instandsetzung des Radwegs entlang der Platanenallee, aber mit Blick auf das Gesamtprojekt sei keine gutes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erkennen.
SPD-Fraktionsvorsitzende Regina Nethe-Jaenchen vertrat, wie angekündigt, im HFA dann eine andere Auffassung wie ihr Kollege Kaffenberger im BPU: Sie hob auf die geschätzten Gesamtkosten von 19,2 Millionen Euro ab – „Wer weiß, ob es dabei bleibt?“ – und erklärte: „Das steht für mich nicht in einer guten Relation zum Nutzen.“ Sie habe von Bürgern, die heute schon mit dem Rad in die Nachbarstädte pendeln, gehört: „Eigentlich kommen wir zurecht mit den vorhandenen Radwegen.“ Daher würde sie es lieber sehen, wenn die Zwingenberger sich darauf fokussieren würden, die Radverbindungen im Ort zu verbessern.
Im Namen der Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie stellte GUD-Fraktionschef Ulrich Kühnhold die Anbindung der Nachbarlandkreise an die Bergsträßer Raddirektverbindung in den Mittelpunkt seiner Befürwortung. Weder Zwingenberg im Norden noch Heppenheim im Süden „sollen zu Sackgassen werden“, sondern von dort aus solle es für die Radfahrer ja jeweils weitergehen. Das „Gemeinschaftswerk“ sei „bedeutend teuer“, aber die Argumente für den Bau der Trasse „wiegen schwerer“ als die Contra-Positionen.
Alle Teile des Projektes müssen für eine Förderung umgesetzt werden
GUD-Stadtverordnete Maria Paulsen hatte sowohl im BPU als auch im HFA Bedenken in Sachen Finanzierung angemeldet, die Bürgermeister Sebastian Clever jedoch zu entkräften versuchte: Die Sorge, dass die Stadt Zwingenberg für ihren Trassenverlauf nicht nur den Anteil der Kosten nach Abzug der Förderung zahlen müsse, sondern am Ende auf den Gesamtkosten sitzen bleibe, teile er nicht. Die Auszahlung der Fördermittel geschehe zwar erst nach dem Abschluss des Projekts, die Zusage aber erfolge vorher.
Und weil der Landkreis wiederum die Vorfinanzierung über seinen eigenen Haushalt übernehme, müsse in den Kommunen ausschließlich der Eigenanteil nach Abzug der Förderung in die Etats eingeplant werden. Ein Risiko bestehe allenfalls, wenn eine der beteiligten Kommune entgegen ihrer Zusage ihren Teil des Projektes nicht verwirkliche: Denn um die Förderung zu erhalten „müssen alle Teile des Projekts umgesetzt werden“. Falls dieser Fall eintrete, dann übernehme der Kreis 50 Prozent der Kosten und die Kommunen teilen sich auf Basis ihrer Streckenanteile die anderen 50 Prozent.
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