Kommunalpolitik

Kleintierzuchtverein und Countryclub wollen nicht Nachbarn eines Wertstoffhofes werden

Die Vereinsvorsitzenden kritisieren die Ansiedlungsabsicht des Magistrats im Bau-Ausschuss – und der vertagt das Thema aufs nächste Jahr

Von 
Michael Ränker
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Zwischen Kleintierzuchtanlage (l.) und Countryclub-Ranch (r.) würde der Magistrat gerne den Wertstoffhof des ZAKB platzieren, um die schwierige Standortsuche endlich beenden zu können – doch die Idee stößt bei den Vereinen nicht auf Gegenliebe. © Neu

Zwingenberg. Zwingenberg hat die kleinste Gemarkung der 22 Kommunen im Landkreis. Nicht einmal sechs Quadratkilometer nennt das älteste Bergstraßenstädtchen sein Eigen. Die Suche nach einem neuen Standort für eine Kindertagesstätte vor wenigen Jahren gestaltete sich äußerst schwierig, am Ende musste das Jugendzentrum in der Tagweide dafür weichen. Jetzt hat die Stadt wieder ein Platzproblem: Auf dem ehemaligen Bauhofgelände an der Ecke Wiesenstraße/Melibokusstraße soll „bezahlbarer Wohnraum“ entstehen, der vom Zweckverband Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) dort betriebene Wertstoffhof muss weg. Aber wohin?

Erheblicher Widerstand

Die Stadtväter und -mütter glaubten, bereits eine gute Lösung gefunden zu haben und boten dem ZAKB im erweiterten Gewerbegebiet an der Gernsheimer Straße eine Ausweichfläche an. Doch der lehnte ab: Angesichts der Hochspannungsleitungen über dem Areal ist dem Betreiber das Rangieren mit den großen Containern, die zum Transport in die Höhe gehoben werden müssen, zu riskant. Die schwierige Suche nach einem anderen Standort musste also fortgesetzt werden, aber auch mit Blick auf die jetzt auserkorene Fläche tun sich Probleme auf:

Der Vorschlag des Magistrats, den Wertstoffhof zwischen der Anlage des Kleintierzuchtvereins und der Ranch des Countryclubs anzusiedeln, stößt auf erheblichen Widerstand der beiden Vereine. Und nicht zuletzt angesichts des Protestes haben die Mitglieder des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses (BPU) auf Antrag der CDU nun einstimmig entschieden, die vom Magistrat vorgeschlagene Aufstellung eines Bebauungsplanes für das Areal im sogenannten „Neurod“ sowie die nötige Änderung des Flächennutzungsplanes erst einmal zu vertagen. Überdies soll einem Antrag der GUD folgend der Magistrat mit der Nachbargemeinde Alsbach-Hähnlein Kontakt aufnehmen, um zu prüfen, ob nach Vorbild des gemeinsamen Abwasser- sowie des Bauhof-Zweckverbandes nicht auch in Sachen Wertstoffhof eine interkommunale Zusammenarbeit möglich ist.

Das einstweilen letzte Wort in dieser Sache hat am kommenden Donnerstag die Stadtverordnetenversammlung, die ab 19 Uhr im Diefenbachsaal des „Bunten Löwen“ tagt, aber angesichts der Einmütigkeit im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss ist davon auszugehen: Auch das höchste Beschlussgremium der Kommune wird sich für ein Vertagen des Themas entscheiden.

Rainer Klein, Vorsitzender des Kleintierzuchtvereins, nutzte die jüngste Sitzung des BPU, um im Vorfeld der politischen Debatte die Haltung seines Vereins zu erläutern – wichtig zu wissen: Der Verein hat vor Jahrzehnten mit der Stadt einen Erbpachtvertrag für das Gelände seiner Zuchtanlage sowie für die Fläche zwischen Zuchtanlage und Countryclub-Ranch abgeschlossen. Grund und Boden gehören also zwar der Kommune, sind aber langfristig an den Kleintierzuchtverein verpachtet.

Und eben der wolle sich die Erweiterungsoption seiner Zuchtanlage nicht nehmen lassen, so Klein: „Durch Corona und Lebensmittelskandale hat bei den Menschen ein Umdenken eingesetzt. Die Nachfrage nach Hühnern und insbesondere nach Parzellen auf der Zuchtanlage ist deutlich gestiegen.“ Überdies befinde sich der Kleintierzuchtverein auch was seine Mitgliederzahl angeht im Aufwärtstrend: Neben einem neuen Mitglied seien im vergangenen Jahr auch zwei Jugendliche aktiv geworden. Nun seien alle Parzellen auf der bestehenden Anlage belegt.

Die vom Magistrat für den Wertstoffhof auserkorene Fläche sei überdies wichtig für Veranstaltungen sowohl des Kleintierzuchtvereins als auch des Countryclubs und solle auch als Grünfläche erhalten und nicht versiegelt werden. Außerdem sei der von der Platanenallee abzweigende, schmale Feldweg nicht dafür ausgelegt, Wertstoffhof-Nutzer im Begegnungsverkehr passieren zu lassen. Ganz zu schweigen von der Brücke über den Landgraben, die nicht ausreichend tragfähig für die schweren Lkw sei, mit denen die Wertstoffcontainer transportiert werden müssen.

Zu Wort meldete sich auch Andreas Jeblick, der Vorsitzende des Country- und Westernclubs. Sein Verein sei zwar „nur indirekt betroffen“, aber man befürchte dennoch „massive Beeinträchtigungen“: „Ein Wertstoffhof als Nachbar, das ist für uns kaum vorstellbar.“ Jeblick bat – wie sein Vorredner Rainer Klein – inständig darum, weiter nach Alternativen zu suchen.

Rathauschef Holger Habich räumte in der BPU-Sitzung angesichts des Widerstandes zwar ein, dass es besser gewesen sein, sich mehr Zeit für Vorab-Gespräch mit den beiden betroffenen Vereinen zu nehmen, wollte aber keinen Zweifel daran lassen: Leicht gemacht habe der Magistrat sich die Suche nach Alternativen nun wirklich nicht. Das geht auch aus der Vorlage der Verwaltung hervor: Mehrfach sei versucht worden, das Dilemma zu lösen, „letztlich stehen aber kaum geeignete Flächen im Gebiet der Stadt Zwingenberg zur Verfügung“.

Der Magistrat habe ein unbebautes Grundstück im Eigentum der Stadt Zwingenberg gesucht, das verkehrlich erschlossen und möglichst so gelegen sei, dass das Ortsbild durch die „wenig ansehnliche Nutzung“ als Wertstoffhof nicht beeinträchtigt werde. Letztlich sei die Wahl auf die freie Fläche im Gewann „Neurod“ zwischen der Kleintierzuchtanlage und dem Vereinsgelände des Countryclubs nahe der A 5 gefallen. Der Standort sei zudem über die vorhandenen Wirtschaftswege erschlossen.

In der Vorlage aus dem Rathaus heißt es überdies: „Nach einer Inaugenscheinnahme unseres Standortvorschlags durch Mitarbeiter des ZAKB wurde uns mitgeteilt, dass der Standort grundsätzlich als geeignet angesehen werden kann. Im Zuge der Realisierung ist jedoch noch die Tragfähigkeit des Brückenbauwerks über den Landgraben zu prüfen und dieses gegebenenfalls baulich zu ertüchtigen. Ferner dürfte es sinnvoll sein, im Bereich der Zufahrt zwischen Abzweig Platanenallee und dem Wertstoffhof zwei bis drei ,Ausweichen‘ zu bauen, um Begegnungsverkehr zu erleichtern.“

Bebauungsplan ist unausweichlich

Angesichts der Erweiterungspläne des Kleintierzuchtvereins stellte Rathauschef Habich in der BPU-Sitzung unmissverständlich klar: Eine Erweiterung der Zuchtanlage werde es ohne einen Bebauungsplan sowie eine Änderung des Flächennutzungsplanes nicht geben. Habich: „Das, was bislang an Bauwerken entstanden ist, das ist nur geduldet“ – das sei auch in Ordnung so, aber eine Fortsetzung werde ohne Rechtsgrundlage nicht möglich sein. Eben die könne jetzt im Zuge des Bauleitplanverfahrens für einen Wertstoffhof auch für die Kleintierzüchter geschaffen werden. Von den 5790 Quadratmetern Fläche benötige der ZAKB nur rund 1000 Quadratmeter, es bleibe also ausreichend Erweiterungsfläche übrig.

Für die Fraktionen gibt es noch zu viele Fragezeichen

Die CDU-Fraktion habe den Vorschlag des Magistrats, den Zwingenberger Wertstoffhof des Zweckverbands Abfallwirtschaft Kreis Bergstraße (ZAKB) zwischen Kleintierzuchtanlage und Countryclub-Ranch ansiedeln zu wollen, „tief diskutiert“, nahm Fraktionsvorsitzender Christoph Neumeister im Bau-, Planungs- und Umweltausschuss Stellung, „aber es gibt noch zu viele Fragezeichen“. Um ein „besseres Gefühl“ für alle Interessenlagen zu bekommen beantragte der Christdemokrat, den Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan „auf die nächste oder übernächste Sitzungsrunde“ zu vertagen.

SPD-Stadtverordneter Peter Kaffenberger wollte wissen, ob die vom ZAKB nicht für den Betrieb eines Wertstoffhofes benötigte Fläche weiterhin dem Kleintierzuchtverein zur Verfügung stehen würde – „dem ist so“, versicherte Rathauschef Holger Habich. Eine Erweiterung der Zuchtanlage sei dann im Rahmen dessen, was in einem noch aufzustellenden Bebauungsplan festgelegt werde, möglich.

Ulrich Kühnhold, Fraktionsvorsitzender der Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie (GUD) stellte den Antrag, eine Zusammenarbeit in Sachen Wertstoffhof mit der Nachbargemeinde Alsbach-Hähnlein zu prüfen. Neben der Zusammenarbeit bei der Abwasserentsorgung sowie dem Bauhof könne auch die Grünschnitt-Entsorgung auf der Kompostanlage des DaDi-Werkes, die sich ebenfalls auf Alsbach-Hähnleiner Gelände befindet, eine Option sein, um das umstrittene „Thema zu entschärfen“, so der GUD-Sprecher. mik

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