Zwingenberg. Das Feuerwehrhaus in Zwingenberg wird aller Voraussicht nach nicht um die Kleiderkammer des DRK sowie das städtische Archiv ergänzt. Der Magistrat empfiehlt der Stadtverordnetenversammlung „aus Gründen der Wirtschaftlichkeit“, auf eine Unterkellerung und/oder Aufstockung zu verzichten.
Der Bau-, Planungs- und Umweltausschuss ist diesem Vorschlag in seiner Sitzung am Dienstagabend nun mehrheitlich gefolgt, allerdings mit allgemeinem Bedauern über die Parteigrenzen hinweg. Die abschließende Entscheidung des Kommunalparlaments steht zwar noch aus, voraussichtlich wird das Vorhaben aber auch vom höchsten Beschlussgremium der Stadt „beerdigt“.
Mehr Platz benötigt
Zur Vorgeschichte: Die Stadtverordnetenversammlung hatte im Juni 2022 beschlossen, im Zuge der Planungen für die bevorstehende Erweiterung und Modernisierung des Gerätehauses am Gießer Weg 12 auch zu prüfen, ob an diesem Standort Räume für die Kleiderkammer und das Archiv geschaffen werden können. Beide Einrichtungen sind in angemieteten Objekten untergebracht und benötigen mehr Platz. In der Vorlage aus dem Rathaus heißt es dazu:
Die Kleiderkammer „ist derzeit an der Heidelberger Straße 3 in gemieteten Räumen ansässig, die jedoch recht beengt sind und wo auch relativ hohe Mietnebenkosten anfallen“. Eine ähnliche Problematik bestehe auch mit Blick auf das städtische Archiv, „welches auf mehrere Liegenschaften verteilt ist“: nämlich auf das sogenannte „Farbenhaus“ beim Rathaus (Kassenarchiv), das Dachgeschoss des „Bunten Löwen“ (historisches Archiv), den Keller der Stadtbücherei (Verwaltungsakten) sowie auf Räume in der ehemaligen Markthalle (Verwaltungsakten). Überdies wird erläutert:
„Sämtliche Archivräume entsprechen nicht dem für eine sachgerechte Verwahrung anzunehmenden Standard. Besonders die gemieteten Räume in der historischen Markthalle verursachen darüber hinaus entsprechende Mietkosten und ebenfalls vergleichsweise hohe Mietnebenkosten. Auch bei fortschreitender Digitalisierung ist absehbar nicht davon auszugehen, dass auf ein Aktenarchiv vollständig verzichtet werden kann, zumal auch eine nachträgliche Digitalisierung des bestehenden Schriftguts wegen des damit verbundenen Aufwands nicht vorgesehen ist.“
Der Lautertaler Planer Christoph Turetschek hat der Stadt jetzt das Ergebnis seiner entsprechenden Untersuchung vorgelegt, wie und zu welchem Preis Kleiderkammer und Archiv im Zuge des Feuerwehrhaus-Projekts untergebracht werden könnten, für das sich die Kosten alleine auf knapp 790 000 Euro belaufen: Würde man nun für das Archiv in einem neu zu schaffenden Untergeschoss des Anwesens Gießer Weg 12 Räume schaffen, würden sich die Gesamtkosten – inklusive des Feuerwehrhaus-Umbaus – auf rund 1,3 Millionen Euro belaufen.
Eine ähnliche hohe Summe müsste ausgegeben werden, wenn statt des Archivs die Kleiderkammer in den neuen Keller einziehen würde. Wollte man indessen für beide Zwecke am Feuerwehrhaus Räume schaffen – also das Archiv in einem neuen Keller und die Kleiderkammer in einem neu zu bauenden Obergeschoss unterbringen –, dann müssten dafür mehr als 1,8 Millionen Euro ausgegeben werden.
Die Kosten für diese Varianten werden in der Vorlage aus dem Rathaus auch in Relation zu den jährlichen Aufwendungen für Miete und Nebenkosten der privaten Räume gesetzt, in denen die Kleiderkammer und Teile des Archivs zurzeit untergebracht sind. Verwaltung und Magistrat kommen zu dem Ergebnis, „dass alle Neubauvarianten unwirtschaftlich sind“. Weiter heißt es: „Dabei wurde die Tatsache, dass auch in den neuen Räumen Kosten für Strom, Heizung, Wasser und Abwasser sowie Versicherung etc. anfallen, noch gar nicht berücksichtigt. Nähme man diese hinzu, würde ein noch ungünstigeres Ergebnis zustande kommen.“
Magistrat und BPU haben nun beschlossen, ausschließlich das bereits beschlossene Projekt Feuerwehrhaus-Erweiterung und -Modernisierung weiter zu verfolgen. Für das wiederum muss allerdings das Budget nach oben angepasst werden.
Das Planungsbüro hat im Zuge der Variantenuntersuchung für Archiv und Kleiderkammer auch die Kosten für das ursprüngliche Projekt aktualisiert und festgestellt: Vor einem Jahr sollte das Vorhaben noch 680 000 Euro kosten, jetzt soll die für 2024 anvisierte Realisierung schon knapp 790 000 Euro kosten.
Großes Bedauern bei allen Fraktionen
Die Idee war charmant, deswegen ist das Bedauern über Parteigrenzen hinweg jetzt auch groß, dass „die Kosten in keinem Verhältnis zum Nutzen stehen“, wie es Bürgermeister Holger Habich zusammenfasste: Kleiderkammer und Archiv sollen nun doch nicht am Feuerwehrhaus-Standort Gießer Weg 12 angesiedelt werden.
„Wir finden das sehr schade“, bedauerte Regina Nethe-Jaenchen im Namen der SPD-Fraktion, dass die Idee mit Blick auf die Kosten vom Tisch ist. „Aber die Zahlen in der Beschlussvorlage sprechen eine deutliche Sprache“, so die Fraktionsvorsitzende der Sozialdemokraten. Allerdings rief sie dazu auf, am Thema dranzubleiben. Vielleicht könne ja eine Alternativ-Idee entwickelt werden, um die nach wie vor bestehenden Raumprobleme von DRK-Kleiderkammer und städtischem Archiv zu lösen.
So sah es bei der Sitzung des Bau-, Planungs- und Umweltausschusses auch Harald Pieler von der FDP, der ebenfalls vorschlug, das Thema nicht ganz aus den Augen zu verlieren: Man solle einen anderen Standort suchen und Kleiderkammer und Archiv in einem ausschließlich oberirdischen „Zweckbau“ unterbringen, so der Freidemokrat. „Es ist der Keller, der das Projekt so arg verteuert hat.“
Bedauern gab es auch vonseiten der Gemeinschaft für Umweltschutz und Demokratie (GUD), für die Fraktionsvorsitzender Ulrich Kühnhold feststellte: „Es wäre schön gewesen, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen“, jetzt aber erwische man leider doch nur ein Insekt. Auch er plädierte dafür, „die Themen zu entkoppeln“, nämlich zunächst das Feuerwehrhaus-Vorhaben in der ursprünglichen Form voranzutreiben, aber Kleiderkammer und Archiv weiterhin auf der Agenda zu belassen.
Gegen eine „ausschließlich betriebswirtschaftliche“ Betrachtung eines sozialen Themas, wie es die Kleiderkammer nun einmal sei, setzte sich CDU-Fraktionsvorsitzender Christoph Neumeister zur Wehr, der überdies dem Archiv auch einen „kulturellen Aspekt“ bescheinigte, den man „ebenfalls nicht nur mit Blick aufs Geld“ bewerten könne. Ja, die Summen seien hoch, „wir geben aber auch für andere Projekte viel Geld aus“.
Neumeister plädierte dafür, die Entscheidung über eine mögliche Erweiterung des Feuerwehrhauses um Kleiderkammer und/oder Archiv erst im Zuge der Haushaltsplanberatungen für 2024 zu treffen, wenn man einen besseren Überblick der finanziellen Lage Zwingenbergs habe. Rathauschef Holger Habich intervenierte jedoch: Mit Blick auf die weiteren Schritte zur Gerätehaus-Modernisierung müsse die Entscheidung jetzt getroffen werden. „Und was ich jetzt schon sagen kann: Im Haushaltsjahr 2024 wird es eng werden!“ mik
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg_artikel,-zwingenberg-kleiderkammer-und-archiv-ziehen-wohl-doch-nicht-ins-zwingenberger-feuerwehrhaus-_arid,2127535.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg.html