Zwingenberg. Das Intro im Mobile fühlte sich an wie ein entspannender frühmorgendlicher Waldspaziergang: Der Wind rauscht sanft durch die Blätter, die ersten Sonnenstrahlen tauchen den Wald in weiches Licht, nach und nach setzt der Gesang der Vögel ein. Die friedliche Waldatmosphäre wurde am Freitagabend von der Formation „Spark“ in den Gewölbekeller unter dem alten Amtsgericht gezaubert. „Fields of Gold“ nennt sich das Programm, das das internationale Kammermusikensemble gemeinsam mit der Sängerin Sandie Wollasch in Zwingenberg uraufführte.
Virtuos durch die Musikstile
Spark, ECHO-Preisträger 2011 in der Kategorie „Klassik ohne Grenzen“, wurde 2007 von der Blockflötistin Andrea Ritter und dem Blockflötisten Daniel Koschitzki gegründet. Seither wandelt das Quintett, das sich selbst als „Klassische Band“ bezeichnet, auf unterschiedlichen Wegen virtuos durch die Musikwelten: Klassik, Jazz, Pop, Rock, Folk.
Spark lässt die Funken originell von Genre zu Genre springen und liefert dabei ein Crossover-Feuerwerk in höchster musikalischer Qualität. Wie Ritter und Koschitzki sind auch Stefan Balazsovics (Violine), Victor Plumettaz (Violoncello) und Christian Fritz (Piano) klassisch ausgebildet. Für das Fields-of-Gold-Projekt, das federführend von Koschitzki entwickelt wurde, holte die Band die befreundete Sandie Wollasch an Bord. Die Karlsruher Sängerin ist mit der wunderbar wandelbaren Klangfarbe ihrer Stimme ebenfalls in unterschiedlichen Stilen zu Hause.
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Fields of Gold läuft unter der Überschrift „Natur“, um musikalisch die Botschaft von der Fragilität unseres Ökosystems zu transportieren. Entsprechend zusammengestellt ist die Setliste. Allerdings ist die Auswahl an Umwelt-Songs begrenzt, so dass die ein oder andere kreative Lösung hergestellt wird. So etwa beim Opener „Norwegian Wood“ von den Beatles, in dem das norwegische Kiefernholz, je nach Interpretation, zum Anzünden des Kamins oder zum Abfackeln eines ganzen Zimmers verwendet wird. Für Sandie Wollasch ist der Titel eine Steilvorlage. Eben noch lauschte das nahezu vollbesetzte Mobile den Waldklängen von Sparks, um im nächsten Moment von Wollasch im Kate Bush-Style aus der Entschleunigung gerissen zu werden. Von Null auf Hundert in drei Sekunden. Cool. Das Kellertheater war sofort da.
Musikalisch verbreitet Joni Michtells „Big Yellow Taxi“ losgelöste Stimmung. Inhaltlich war die Songwriterin ihrer Zeit voraus und machte mit diesem Song von 1970, zwei Jahre vor dem Club of Rome, auf Grenzen des Wachstums aufmerksam. Geradezu monströs waren Sound und Gesang bei „Ocean“ (Goldfrapp), das sich von einem lauen Seelüftchen zu einem gigantischen Hurrikan ausbreitete. Grandios, mit welcher Hingabe (und formidabler Gesangstechnik) Sandie Wollasch sich dem instrumentalen Orkan entgegenstellte.
Andrea Ritter und Daniel Koschitzki waren mit einem umfangreichen Flötensortiment angereist, von der handlichen Sopraninoblockflöte bis hin zum mächtigen Vierkantbass. Koschitzki: „Das ist unser Ofenrohr.“ Das Flötisten-Duo hatte für jede Stimmung die passende Flöte parat: ruhige oder aufgewühlte See, dumpfer Beat („Personal Jesus“) oder fröhlicher Swing.
Eine Perle des Abends war das titelgebende Stück der Show. Die im Original von Sting besungenen, sich im Wind hin und her wiegenden „Fields of Gold“ sah man durch das gefühlvolle Spiel von Koschitzki auf der Melodica vor seinen Augen vorbeiziehen. Stimmlich nahm Wollasch bei diesem Lied das Publikum an die Hand und führte es durch blühende Landschaften.
Die emotionale Entdeckung des Gigs war „You’ll Never Walk Alone“, im Original von Gerry and the Peacemakers. Kultstatus erreichte der Song durch die Fans des FC Liverpool, die das Stück bei jedem Heimspiel intonieren und dadurch für das besondere Anfield-Feeling sorgen. Was 55 000 Fußballfans im Stadion in Wallung bringt, funktioniert ebenso im etwas kleineren Rahmen des Mobile-Kellers. Auch den größten Sturm müsse man mit erhobenem Kopf und Hoffnung im Herzen durchschreiten, dann werde man nicht alleine sein, heißt es sinngemäß im Text. Ein würdiger Abschluss für ein Konzerterlebnis der besonderen Art in stürmischen Zeiten. Tosender Schlussapplaus.
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