Zwingenberg. Schon beim Betreten des Museums ist spürbar, dass dieser Sonntag kein gewöhnlicher Öffnungstag ist: Vor dem Backhaus steigt der Duft frisch gebackenen Brotes in die Nase, aus der Schmiede klingt das Schlagen des Hammers auf den Amboss, und in einer Ecke summt leise eine alte Drehmaschine. Besucher bleiben stehen, schauen zu, fragen nach – und erleben Handwerk so, wie man es sonst oft nur aus Erzählungen kennt. Das Heimatmuseum Zwingenberg hatte zum Tag der offenen Tür geladen und viele Interessierte nutzten die Gelegenheit, Traditionen lebendig werden zu lassen.
Wie ein Honiglöffel gedrechselt wird
Am Eingang begrüßte Ute Kohler vom Geschichtsverein die Gäste gemeinsam mit der ersten Vorsitzenden Ingrid Krimmelbein. „Heute haben wir länger geöffnet und überall wird Handwerk vorgestellt“, sagte Kohler und verwies darauf, dass der Verein mit seinen rund 130 Mitgliedern großen Wert darauf legt, das Museum nicht als starre Sammlung, sondern als „lebendiges Museum“ zu präsentieren. Besonders eindrucksvoll zeigte sich das am Stand von Drechsler Erich Hofmann. Er hatte ein Stück Holz eingespannt und demonstrierte, wie daraus ein Honiglöffel entsteht. Mit ruhigen Handgriffen drehte er das Holz auf einer mehr als 120 Jahre alten Maschine in Form. „Aus einem eckigen Stück etwas Rundes machen, das ist es, was ich hier mache“, erklärte er. Früher ist mit dieser Technik Geld verdient worden, etwa von Wagnern im Erzgebirge.
Aktionen des Geschichtsvereins
Der Geschichtsverein Zwingenberg bietet in den kommenden Monaten zahlreiche Aktionen an. Am 21. September beginnen wieder die Planwagenfahrten ab dem Löwenplatz. Start ist jeweils um 15 Uhr, die Touren dauern rund zweieinhalb Stunden und werden von einer kleinen Weinverkostung begleitet. Weitere Fahrten finden am 28. September ins Ried, am 5. Oktober zum Melibokus, am 11. Oktober ins Fürstenlager und am 19. Oktober erneut in Zwingenberg statt. Im Museum selbst stehen ebenfalls Veranstaltungen auf dem Programm: Am 18. Oktober beginnt um 14.30 Uhr das traditionelle Rübenschnitzen, am 29. November um 14.30 Uhr das Weihnachtsbasteln. Beide Termine finden im Heimatmuseum statt.
Heute ist es sein Hobby im Ruhestand, bei dem er von seiner Lebensgefährtin Ulrike Burkhart unterstützt wird. Von Schüsseln über Kerzenständer bis zu Räuchermännchen hat er schon vieles gefertigt. Besonders wichtig ist ihm, das alte Handwerk an junge Menschen weiterzugeben: „Man sieht, dass sich auch Kinder und Jugendliche dafür interessieren.“ Seit drei Jahren ist er beim Tag der offenen Tür dabei, ebenso beim Pfingstmarkt. Die von ihm gefertigten Honiglöffel werden später bei der Tombola des Museums verlost.
Brot aus dem Holzofen mit selbst gemachter Butter und Latwerge
Großen Zuspruch fand auch das Backhaus. Harald Germann hatte Brot mit und ohne Kümmel sowie Riwwelkuchen gebacken. Dazu gab es Latwerge, Honig, Käse und selbst gemachte Butter. Diese wurde von Rüdiger Smolka in einer alten Butterschleuder hergestellt, die sonst im Museum ausgestellt ist. „Man muss mindestens 20 Minuten kurbeln, dann trennen sich Butter und Buttermilch“, erklärte er. Kinder durften selbst Hand anlegen. Der Ofen des Museums, in dem die Brote gebacken wurden, war vor zwölf Jahren errichtet worden. Germann erinnerte daran, dass er schon vorher mit Kindern vor Ort gebacken hatte – zu Weihnachten Plätzchen, an Ostern Hefezöpfe.
Am Tag der offenen Tür begann er früh am Morgen mit dem Feuer, damit die Teiglaibe später frisch aus dem Ofen kommen konnten. Ein Höhepunkt war die frisch gekochte Latwerge. Rund 150 Kilo Zwetschgen aus einem Hofladen in Gernsheim waren dafür verarbeitet worden. „Die Mädels haben die Zwetschgen geschnitten, dann kam alles in den großen Kessel, der mit Holzbriketts befeuert wird“, berichtete Germann. Bis zu 14 Stunden köchelt die Masse, bevor sie in Gläser abgefüllt wird. Am Tag der offenen Tür war die Nachfrage so groß, dass die mehr als 250 Gläser innerhalb einer halben Stunde ausverkauft waren.
Aus glühendem Stahl werden Hufeisen
Handwerkliches Können zeigte auch Schmied Sven Seitz aus Einhausen. Er ist als Hobbyschmied in Zwingenberg und Lampertheim aktiv und führte vor, wie aus glühendem Stahl Hufeisen und Haken entstehen. Zwischen 800 und 1200 Grad erhitzte er das Metall, bevor er es mit Hammer, Amboss und Biegegabel bearbeitete. „Das Volumen bleibt gleich, nur die Form verändert sich“, erläuterte er. Das Schmiedefeuer, das er mit Steinkohle betreibt, erhält eine permanente Luftzufuhr, nur so lässt sich die nötige Temperatur erreichen. Früher war der Schmied eine zentrale Figur im Dorfleben gewesen, so Seitz: „Bevor es Baumärkte gab, ging man mit allem zum Schmied.“
Produkte von Zwingenberger Bienenvölkern
Auch Kreatives kam nicht zu kurz: Birgit Fertig aus Bensheim filzte mit Kindern kleine Eicheln, bei denen echte Hütchen mit bunten Filzkugeln kombiniert wurden. Antje Schön präsentierte Schmuck aus Leder, inspiriert von keltischen Knoten, und ergänzte ihr Sortiment mit Strickwaren. Sie war zum zweiten Mal beim Tag der offenen Tür in Zwingenberg vertreten. Ein fester Bestandteil war zudem auch die Hobby-Imkerei Steinack. Der Imker informierte über die Arbeit mit Bienen und bot Produkte aus eigener Herstellung an: Honig, Seifen, Lippenpflege und Obstbrände. „Alles stammt von meinen eigenen Bienenvölkern hier in Zwingenberg“, betonte er. Viele Besucher zeigten sich interessiert an den Details rund um die Imkerei und so manche nahmen auch Produkte mit nach Hause.
Daneben beteiligten sich weitere Aussteller: Eine Ausstellerin zeigte Steinarmbänder und bastelte mit Kindern Armschmuck aus Steinen. Maria Lucyga stellte erstmals Kunstwerke aus Epoxidharz aus: Schlüsselanhänger, Teelichter oder Lesezeichen. Kirsten Kuhn aus Bensheim, die unter dem Namen „Kiki genähte Unikate“ firmiert, bot handgemachte Taschen, Geldbeutel, Topflappen und Wärmflaschenhüllen an.
Am Ende des Tages waren sich die Verantwortlichen einig: Der Tag der offenen Tür hat einmal mehr gezeigt, wie lebendig das Heimatmuseum sein kann. Altes Handwerk, regionale Spezialitäten und handgemachte Produkte sorgten für ein abwechslungsreiches Programm, das Jung und Alt begeisterte. Ob Brotduft, Schmiedefeuer oder Drechselkunst – in Zwingenberg wurde Geschichte nicht nur gezeigt, sondern erlebbar gemacht.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg_artikel,-zwingenberg-heimatmuseum-geschichte-erlebnis-_arid,2328801.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/zwingenberg.html