Wirtschaft - Das Zwingenberger Unternehmen hat für seine Entwicklung vom Europäischen Patentamt eine positive Rückmeldung erhalten

Gen-Schere von Zwingenberger Unternehmen Brain kurz vor der Patentierung

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lg
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Durch die rote Färbung der auf den Kulturplatten wachsenden Zellen kann in diesem Versuchsaufbau die erfolgreiche Genom-Editierung identifiziert werden. © Brain

Zwingenberg. Das Zwingenberger Unternehmen Brain Biotech AG forscht bereits seit längerer Zeit an einer speziellen Gen-Schere, durch die man gezielt und präzise Veränderungen am Erbgut vornehmen kann (wir haben mehrfach berichtet). Auf dem Weg, ihr Werkzeug zur sogenannten Genom-Editierung patentieren zu lassen, haben die Forscher nun nach eigener Darstellung „einen wichtigen Meilenstein“ im Patentanmeldeprozess erlangt:

Das von Brain entwickelte Verfahren wurde vom Europäischen Patentamt (EPA) als patentierbar angesehen. Schon im vergangenen Jahr hatte sich das Unternehmen seine Entwicklung als „Geistiges Eigentum“ schützen lassen.

Bei der Genom-Editierung wird durch eine spezielle Gen-Schere eine gezielte Veränderung am Erbgut vorgenommen. Das dafür genutzte Werkzeug heißt CRISPR, auf Englisch: „Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats“. Gene können eingefügt, ausgeschaltet und verändert werden. Die Entdeckung von CRISPR gilt als eine der größten Innovationen des 21. Jahrhunderts; weltweit sprechen Wissenschaftler bereit von einer „CRISPR-Revolution“. Das Verfahren wurde nicht von Brain entwickelt, wird aber von den Zwingenberger Biotechnologen als Grundlage genutzt.

Von der Entwicklung eines eigenen Werkzeugs verspricht sich Brain einen großen Vorteil: Man kann unabhängig von Patentstreitigkeiten und teuren Lizenzen agieren, so soll das Unternehmen wettbewerbsfähiger gemacht werden. Die Fähigkeiten des Systems haben sich bereits in Forschungsprojekten mit Mikroorganismen bewährt, weitere Anwendungen in Pflanzen und Säugetierzellen werden bereits entwickelt, teilt das Unternehmen mit.

Nach dem erreichten Erfolg beim EPA sagte Lukas Linnig, Finanzvorstand der Brain Biotech AG: „Wir sehen Brain nun in einer guten Position, am Ende des regulären Patentanmeldeverfahrens ein internationales Patent erteilt zu bekommen.“ Ein solches Patent würde für das Unternehmen ein wirtschaftlicher Fortschritt sein, denn der entstehende Markt für den Einsatz solcher Genome-Editierungstools bietet erhebliche Wachstumschancen: Wer die Hoheit über Methoden hat, kann Lizenzgebühren für deren kommerzielle Nutzung verlangen und braucht selbst keine zu bezahlen.

Besonders die Optimierung von Pflanzen ist derzeit ein wichtiges Thema im Bereich Genom-Editierung. Genetisch veränderte Pflanzen sollen erhöhtem Schädlingsbefall und Klimaextremen trotzen und dabei auch einen höheren Ertrag an nährstoffreicherer Nahrung bieten. Auch im Bereich der Medizin kann das Verfahren angewendet werde: Genetisch bedingte Erkrankungen könnten geheilt oder gar ausgerottet werden. Auch in die Wirkung bei Krebserkrankungen wird große Hoffnung gesetzt. Immunzellen könnten so optimiert werden, dass sie die Tumorzellen erkennen und zerstören können. Das neue Verfahren hat also ein großes Potenzial für zukünftige Anwendungen. lg

Wunden schneller heilen: An was die Biotechnologen alles forschen

In der vergangenen Woche stellte das Zwingenberger Biotechnologieunternehmen Brain seinen Bericht für das Geschäftsjahr 2020/2021 vor, das im September vergangenen Jahres endete (wir haben berichtet). Neben der Bilanz und vielen Zahlen waren dem Bericht auch Informationen zu Forschung, Entwicklung und Geschäftsschwerpunkten zu entnehmen, die im Folgenden vorgestellt werden.

Wundheilung unterstützen: Das Enzym Aurase fördert den Wundheilungsprozess. Brain kann diesen biologischen Wirkstoff, der ursprünglich in Goldfliegenlarven gefunden wurde, biotechnologisch mit Mikroorganismen als Produzenten in hoher Reinheit herstellen. Die mit Beteiligung von Brain gegründete SolasCure Ltd. widmet sich aktuell der Entwicklung, CE-Zertifizierung und Vermarktung als Medizinprodukt zur enzymatischen Reinigung chronischer Wunden.

Bioaktive Stoffe für Kosmetika finden: Brain hat ein zellbasiertes Testsystem entwickelt, mit dem bioaktive Substanzen, die eine Wirkung auf Hautzellen haben, identifiziert werden können. Das Testsystem wird eingesetzt, um aus der umfangreichen eigenen Naturstoffsammlung Substanzen für Kunden bzw. für deren Applikation zu finden. red

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