Zwingenberg. In Zeiten wie diesen ist die Entführung aus der Wirklichkeit eine Wohltat. „Cairo Steps“ zaubern die Klangwelten eines Tages in der Siwa-Oase, in der sich einst Alexander der Große aufhielt, ins Theater Mobile: Von den ersten wärmenden Strahlen der Morgensonne über das gleißende Licht der Mittagshitze bis zum langsamen Einzug der Dunkelheit. Die Gedanken an den Kriegswahnsinn in der Ukraine und der Corona-Blues verschwinden mit der untergehenden Sonne über dem ägyptischen Siwa.
Nach zwei Jahren coronabedingter Pause kehrten Cairo Steps mit zwei fulminanten Konzerten zurück auf deutsche Bühnen. Seine letzte Vorstellung vor der langen Auszeit hatte das hochkarätig besetzte Ensemble hierzulande im März 2020 im Mobile gegeben. Damals wie auch am vergangenen Wochenende lieferte die Equipe um den charismatische Oud-Virtuosen Basem Darwisch einen gefeierten Auftritt ab.
Zwischen Morgen- und Abendland
Cairo Steps mischen orientalische und ägyptische Rhythmen mit europäischen Einflüssen verschiedener Genres. Durch die besondere Instrumentierung und die Vermischung unterschiedlicher Stilrichtungen kreiert die Formation eine einzigartige Klangfarbe, die traditionelle orientalische Musik mit Jazz, Klassik, Blues oder Tango zusammenführt. Durch diese Verknüpfung befindet sich die Zuhörerschaft auf einer außergewöhnlichen musikalischen Reise mit veränderten Schwerpunkten zwischen Morgenland und Abendland.
Cairo Steps verstehen sich als Brückenbauer in beide Richtungen. Basem Darwisch, in Kairo geboren und aufgewachsen, kam als junger Mann in den 1990er Jahren zum Studium der Ägyptologie nach Heidelberg und lebt inzwischen länger in Deutschland und Bensheim als in seinem Geburtsland.
Die Band bringt orientalische Musik nach Europa und europäische in den Orient. Entsprechend dieses Selbstverständnisses ist das Septett personell zusammengestellt. Stefan Hergenröder (e-Bass) und Wolfgang Wittemann (Sopran-Sax) vertreten die okzidentalische Komponente. Rageed William (Duduk, Nay) und Mohamed Zaki (Percussions) stammen aus dem Irak beziehungsweise Ägypten, leben wie Darwisch seit Längerem in Deutschland und sorgen für die orientalischen Akzente. Max Klaas (Percussions) und Rami Attallah (Piano) wandeln zwischen den Welten. Klaas bedient mit Enthusiasmus ein ganzes Sortiment an Orient-Percussions; Attallah, einer der besten Jazz-Pianisten Ägyptens, musikalischer Leiter von Cairo Steps und extra für die zwei Mobile-Gigs eingeflogen, ist auf abendländischen Jazz-Pfaden unterwegs.
Das Faszinierende an Cairo Steps ist die Verschmelzung der unterschiedlichen Klangfarben beispielsweise von Nay (arabische Bambusflöte) oder Oud (arabische Laute) mit den Tönen des Sopran-Saxofons zu einem harmonischen Gesamtkunstwerk. Die Stücke haben musikalischen und inhaltlichen Tiefgang. Hinter den Instrumental-Vorträgen verbergen sich erzählenswerte Storys. Wie etwa die über die wechselvolle Geschichte des legendären Groppi-Cafés in Kairo, das 1909 vom Schweizer Konditor Giacomo Groppi gegründet worden war. In seiner Glanzzeit in den 1920er und 1930er-Jahren war das „Groppi“ Treffpunkt der ägyptischen High-Society, die sich mit europäischen und amerikanischen Geschäftsleuten und Diplomaten zum gemeinsamen „Thé dansant“ versammelte. Diese Tanz-Tee-Atmosphäre aus dem ersten Drittel des vergangenen Jahrhunderts lassen Cairo Steps im Mobile wunderbar wieder aufleben.
Die Funktion von Cairo Steps als Musikmittler zwischen zwei Kulturen verdeutlicht sich in der Interpretation von „Gnosienne No 1“. Mit ihrer Version des Stücks des französischen Klassikkomponisten Erik Satie erspielten sich Darwisch und seine Kollegen in Ägypten Kultstatus. Die Gastspiele der Musiker im Cairo Opera House sind ebenso regelmäßig ausverkauft wie die Shows im Theater Mobile in Zwingenberg. Und das völlig zu Recht!
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