Zwingenberg. Bereits während der Zwingenberger Ferienspiele des Jahres 2003 hat der bekannte israelisch-palästinensische Schriftsteller Salim Alafenisch nicht nur die Kinder und Jugendlichen mit seinen orientalischen "Geschichten aus dem Beduinenzelt" begeistert, auch 2004 traf er mit seinen Erzählungen für Erwachsene den Geschmack der Zuhörer. Der Verein "Arbeitskreis Zwingenberger Synagoge" und die Stadtbücherei Zwingenberg haben Salim Alafenisch für den 15. Oktober, Mittwoch, 19.30 Uhr, erneut zu einer Lesung eingeladen.
Selbst erlebt
In der Stadtbücherei (Obergasse 2) erzählt er dieses Mal eine fesselnde Geschichte zur Rechtsprechung der Beduinen der Negev-Wüste, der sogenannten "Feuerprobe", die er selbst miterlebt hat:
In der Nachbarsippe von Salim Alafenischs Stamm wird eines Nachts ein Mann ermordet. Sein Stamm wird nun beschuldigt, die Mörder gesehen zu haben oder sie zu kennen. Als alle Vermittlungsbemühungen scheitern, willigt Alafenischs Vater, der Scheich des Stammes, in die radikalste Wahrheitsprobe ein, die das uralte Recht der Beduinen kennt: die Feuerprobe.
Ende bleibt eine Überraschung
Wenn sein ältester Sohn diese besteht, gilt der Stamm als unschuldig. Wenn er sie nicht besteht, müssen vier Männer zur Sühne sterben. Der Fall zog sich über viele Jahre hin, erst 14 Jahre nach dem Mord konnte die Feuerprobe bei einem ägyptischen Feuerprobenrichter vollzogen werden. Was sie beinhaltet und wie sie ausging, wird hier nicht verraten.
Die "Jüdische Zeitung" schreibt treffend: "Alafenisch lässt eine Welt auferstehen, die dem westlichen Leser fremd erscheint, ihn aber durch ihren Reichtum an lebenspraktischer Weisheit und mit ihrem hochkultivierten Sinn für Gerechtigkeit gleichzeitig anzieht." Der Schriftsteller und Erzähler Salim Alafenisch wurde 1948 als Sohn eines nomadischen Beduinenscheichs in der Negev-Wüste geboren. Als Kind hütete er die Kamele seines Vaters. "Die Welt meiner Kindheit und Jugendzeit war das Zelt", erinnert sich Alafenisch. So ist es nicht verwunderlich, dass sich viele seiner Geschichten - frei und lebendig erzählt - auf diesen Lebensbereich beziehen.
Im Scheichzelt seines Vaters wurden die Gäste mit gewürztem Kaffee bewirtet, es wurden viele Geschichten erzählt und es wurde Recht gesprochen. Dort nahm Salim Alafenisch die Traditionen seines Stammes in sich auf. Er bekam erst mit 14 Jahren die Möglichkeit, in einer Schule Lesen und Schreiben zu lernen.
Verzaubernd und betörend
Nach dem Abitur in Nazareth studierte er in London und Heidelberg Soziologie, Ethnologie und Psychologie. Heute ist er freier Schriftsteller, lebt in Heidelberg und ist vielgefragter Märchen- und Geschichtenerzähler. Salam Alafenischs Erzählungen sind verzaubernd und betörend, man glaubt, die orientalischen Gerüche wahrzunehmen. Das Publikum wird nicht nur in eine fremdländische Welt entführt, sondern erfährt auch vieles über Sitten und Gebräuche der orientalischen Völker.
Beitrag zur Völkerverständigung
"Vorurteile stammen aus Unkenntnis" kommentiert Alafenisch. Und so sieht er es als seine Aufgabe, mit seinen Geschichten und in seinen Vorträgen vor Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen gegen diese Unkenntnis anzugehen und damit einen Beitrag zur Völkerverständigung zu leisten. In Ergänzung hierzu sieht er es als wichtige Aufgabe, den Angehörigen seiner noch im Negev lebenden Sippe vom Leben hierzulande zu erzählen.
Politik spielt für Alafenisch eine bedeutende Rolle, wurde er doch im Jahr der Gründung des Staates Israel als Palästinenser in dieser stets umkämpften Region geboren. Toleranz, Verständigung und Gerechtigkeitssinn sind traditionelle Werte, die in seinen Büchern und Erzählungen zum Ausdruck kommen, und die Alafenisch als Schlüssel zur Friedensbildung im Nahen Osten sieht. Salim Alafenisch votiert für den Dialog und das bessere Kennenlernen, für eine Überwindung des Trennenden. "Ich sehe nicht die Zukunft der Menschen in Grenzen, sondern in der Grenzöffnung." red
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