Lorsch. Um auf einem vorhandenen Baum eine neue Sorte wachsen zu lassen, müssen zwei unterschiedliche Pflanzen zu einer zusammenwachsen, heißt es in einer Informationsschrift mit dem Titel „Veredeln von Obstgehölzen“. Die händigte Susanne Klinger, Fachreferentin von der Hessischen Gartenakademie in Geisenheim, den 25 Frauen und Männern aus, die zum Lorscher Obst- und Gartenbauverein gekommen waren, um sich über das Veredeln zu informieren. Eingeladen zu dieser Veranstaltung hatte der Lorscher Verein in Verbindung mit dem Obst- und Gartenbauverein des Kreises Bergstraße und dem Landesbetrieb Landwirtschaft Hessen.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Der Lorscher Vorsitzende Klaus Eberle begrüßte die Interessenten und stellte Susanne Klinger vor. Gekommen waren Gartenbesitzer aus Lorsch und der Region Bergstraße. Zu diesen Interessenten gehörten auch der Kreisvorsitzende Wolfgang Heeb und Thomas Brecht, der zweite Vorsitzende des Obst- und Gartenbauvereins Biblis. In ihrem Vortrag informierte Susanne Klinger darüber, dass Edelsorten von Obstgehölzen durch Kreuzungen entstanden seien und heutzutage durch Aussaat nicht mehr vermehrt werden könnten, nur durch eine Veredelung.
Bester Zeitpunkt für Veredelung der Unterlage entscheidend
Genutzt werden könnten dazu schwach wachsende Unterlagen. Diese Unterlagen, die angeben, wie groß ein Baum werden kann, waren junge Bäumchen, Äpfel und Birnen, die in etwa 30 Töpfen von den Gartenliebhabern mitgebracht worden waren. Sie dienen dazu, dem Obstgehölz eine neue, edlere Sorte zu geben. Thomas Brecht hatte sie, zusammen mit Steffen Mösinger, der in Bensheim-Zell eine Obstwiese betreibt, im Herbst einpflanzen lassen und sie an die Züchter verteilt.
Der Zeitpunkt zur Veredelung einer Unterlage sei jetzt im Frühjahr, wenn die Rinde sich vom Holzteil lösen lässt, erfuhren die Hobbygärtner. Edelsorte und Unterlage müssten eng verwandt sein, da nur selten unterschiedliche Gattungen miteinander verwachsen.
Der Kopulationsschnitt benötigt ein spezielles Messer
Es sollen nur sortenechte und gesunde Reiser verwendet werden. Ein Reiser, ein Stück von einer Obstsorte, mit Knospe, die entstehen soll, wird von einem passenden Baum abgeschnitten und bis zum Frühjahr trocken gelagert.
Das Gewebe sollte beim Anschneiden grün sein. Das Edelreis muss dünner sein als der Ast, auf den es gesetzt wird. Aufgesetzt, gepfropft, wird es mit einem spitz zulaufenden Kopulationsschnitt unter die gelöste Rinde, die ebenfalls angeschnitten ist.
Beide Teile müssen fest verbunden werden, damit sie zusammenwachsen können, hieß es bei der Veranstaltung. Verbunden werden kann das Reis mit einem Gummiband oder Bast. Die Wunde muss verschmiert worden sein gegen Verdunstung.
Um den gesamten Vorgang bewältigen zu können, mussten die Interessenten noch einiges wissen. Sie benötigen ein Kopuliermesser, mit gerader oder gebogener Klinge, für Rechts- oder Linkshänder. Das Werkzeug muss scharf sein, um einen glatten Schnitt zu erreichen.
Wie man das Messer halten muss
Die Referentin zeigte verschiedene Messer und auch wie sei gehalten werden müssen, um sich nicht selbst zu verletzten. Sie zeigte, wie die Messer geschärft werden sollen. Alle Teilnehmer erhielten ein Messer und übten an dünnen Weidenruten den Kopulationsschnitt, was sie auch mit der Hilfe einiger anwesender Fachleute recht gut schafften.
Alles notwendige Material hatte Susanne Klinger mitgebracht, bis hin zu schriftlichem Informationsmaterial. An einer Leinwand waren die unterschiedlichen Schnitte zu erkennen. Thomas Brecht zeigte noch ein kleines handliches Gerät, mit dem Kinder einen ungefährlichen Omegaschnitt, wie ein spitzes Dreieck, durchführen können. Zum Abschluss erfolgte dann das richtige Pfropfen der Reiser auf die vorhandenen Unterlagen. Wenn die Veredelung wie eine Wissenschaft erschien, so konnte der Vorgang doch zur Zufriedenheit der Interessenten erfolgen. Bis das Reiser angewachsen ist und Früchte wachsen können, muss bis zu zwei Jahren gewartet werden. Die Pflege der Schösslinge ist dazu eine notwendige Voraussetzung. ml
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