Straßenbeleuchtung

Um ein Uhr nachts soll in Lorsch das Licht ausgehen

Probeweise Abschaltung von 1 Uhr bis 4 Uhr in der Diskussion

Von 
Nina Schmelzing
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Lorsch. Bei einem großen Discounter sind derzeit Stirnlampen im Angebot. Wer noch keine solche Lichtquelle hat, die einfach und praktisch mitzuführen ist, wie zum Beispiel nächtliche Jogger wissen, für den lohnt es sich vielleicht, jetzt eine anzuschaffen. Auf den Lorscher Straßen könnte es nämlich bald deutlich dunkler werden – genauer gesagt soll zeitweise die Beleuchtung abgedreht werden.

Ernsthaft überlegt wird derzeit, Straßenbeleuchtung in der Zeit von 1 bis 4 Uhr probeweise abzuschalten. Der Magistrat mit Bürgermeister Christian Schönung an der Spitze jedenfalls steht dieser Absicht nicht entgegen. Diese knappe Information ließ der Verwaltungschef zur Stadtverordnetenversammlung mitteilen.

Wann genau es in Lorsch zappenduster werden könnte, steht momentan noch nicht fest. Neben dem Starttermin ist auch noch offen, über welchen Zeitraum – Wochen oder Monate – die neue Finsternis erprobt werden soll.

Man befinde sich noch in der Abstimmung mit der GGEW als dem Vertragspartner für die Straßenbeleuchtung im öffentlichen Raum, berichtet Volker Knaup, Leiter des städtischen Bauamts, auf BA-Nachfrage.

Wie viele Straßenlaternen es in Lorsch gibt, das kann man im Stadthaus auf Anhieb nicht sagen. Ermittelt wird jetzt erst einmal, wie die Schaltgeräte technisch für die stundenweise Abschaltung herzurichten wären. Die Lampen gehören zwar der Stadt, um Unterhalt, Wartungs- und Reparaturarbeiten kümmert sich der Vertragspartner.

Die meisten Lorscher und ihre Besucher dürften von der geplanten neuen Dunkelheit kaum etwas mitbekommen. In der ausgewählten Zeitspanne deutlich nach Mitternacht ist zumindest niemand mehr auf dem direkten Heimweg nach einer Veranstaltung in Lorsch unterwegs – und vor 4 Uhr ist auch noch kaum jemand auf den Beinen, um zu seiner Arbeitsstelle zu gelangen, heißt es.

Ungewohnte Dunkelheit

Eine Pflicht zur Dauer-Beleuchtung der Straßen gibt es nicht. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren haben sich immer häufiger Menschen zu Wort gemeldet, die auf die Folgen und Risiken von „Lichtverschmutzung“ aufmerksam machen. Künstliche Beleuchtung sind die meisten von uns so sehr rund um die Uhr gewohnt, dass sie den meisten kaum mehr als solche auffällt. Dunkelheit, bestenfalls erhellt von Mond und Sternen, würde daher viele verunsichern – vom Fußgänger bis zum Autofahrer.

Für zahlreiche Tierarten ist ein fester Tag-Nacht-Rhythmus dagegen überlebenswichtig. Insekten zählen dazu, auch Vögel und viele andere Wildtiere werden durch Licht in der Nacht nachhaltig gestört. Auch die Vermutung, dass es wohl auch manchen Menschen mit Schlafproblemen guttun würde, wenn sie weniger oder zumindest überlegter Kunstlicht nutzten, gibt es schon lange.

Zugegebenermaßen hat die jetzige Überlegung in Lorsch, Straßenbeleuchtung abzuschalten, aber nun nicht ursächlich mit den Hinweisen auf den Artenschutz durch den „Lichtsmog“ oder mit gesundheitlichen Empfehlungen zu tun. Die Energiekrise und die Aufforderung zum Sparen an alle ist der Grund für die geplante Änderung, die eine Premiere darstellen würde. In Lorsch wurde die Straßenbeleuchtung bisher jedenfalls noch nie in einer vergleichbaren Weise abgeschaltet, wird in der Verwaltung auf Nachfrage bestätigt.

Früher spöttische Kommentare

Andernorts ist das anders – in Lautertal zum Beispiel. In der Odenwald-Gemeinde sind Straßenlampen schon seit vielen Jahren stundenweise ausgeschaltet: seit 1980. Sogar zwei Stunden länger als jetzt in Lorsch vorgesehen kommen die Lautertaler ohne die Beleuchtung zurecht: von Mitternacht bis 5 Uhr. Spöttische Kommentare über das „Dunkeltal“ und die „arme Gemeinde“, deren Bürger sich offenbar kein Licht leisten können, gab es selbstverständlich immer wieder nicht wenige.

Trotz späterer Umstellung auf LED-Technik und damit einhergehender geringerer Kostenersparnis hat man in Lautertal aber keine Dauerbeleuchtung mehr eingeführt.

Lautertal diesmal Trendsetter?

Im Rahmen der 2020 neu entbrannten Diskussion um Klima- und Artenschutz versus Sicherheit durch nächtliche Beleuchtung, hatte sich ein Kommunalpolitiker von den Lautertaler Grünen damals sogar sicher gezeigt, die Gemeinde werde mit ihrem Durchhaltevermögen bei der Nachtabschaltung irgendwann einmal als ein Vorbild und besonders hellsichtiger „Trendsetter“ gewürdigt werden.

Nun wird vielerorts über Abschaltmodelle diskutiert. In Heppenheim überlegt man derzeit ebenfalls, die Straßenlaternen zwischen ein und vier Uhr auszuschalten. Zwingenberg will dagegen nicht abschalten. Einhausen hatte – allerdings im Dezember vorigen Jahres, als es noch keine allgemeine Pflicht zum Energiesparen gab – entschieden, Straßenlaternen zunächst wie gewohnt weiter leuchten zu lassen.

Wenn die probeweise Abschaltung der Straßenbeleuchtung in Lorsch kommt, soll sie laut Magistrat auf jeden Fall mit umliegenden Kommunen abgestimmt sein. Es brauche auch niemand Angst davor zu haben, von plötzlicher Finsternis überrascht zu werden. Die Maßnahme werde „rechtzeitig“ kommuniziert, heißt es von der Stadtverwaltung. Gerechnet hat man in Lorsch bereits. Pro Stunde Einstellung der Straßenbeleuchtung könnten im Jahr rund 5000 Euro gespart werden. Bei der vorgesehenen dreistündigen Abschaltung des Lichts würde sich die Kostenersparnis also auf rund 15 000 Euro summieren. Insgesamt könnten die Stromkosten um etwa 20 Prozent reduziert werden.

Eine „umfängliche Energiesparliste“ mit vielen Anregungen, die zum Teil bereits auch umgesetzt sind, liegt im Stadthaus und werde fortgeschrieben, so Bürgermeister Christian Schönung auf Nachfrage. Ergebnisse würden dem Magistrat kommuniziert, hatte der Verwaltungschef in der September-Sitzung der Stadtverordneten mitgeteilt. Die Öffentlichkeit wurde bislang allerdings noch nicht über die einzelnen weiteren Maßnahmen informiert.

Redaktion

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