Märchenstunde für Erwachsene - Heimat- und Kulturverein organisierte Auftritte von Solisten und Gruppen / Viel Beifall für die Akteure

Tausendundeine Nacht im Lorscher Paul-Schnitzer-Saal

Von 
Brigitte Zimmermann-Petrullat
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Märchenstunde für Erwachsene: Im Schnitzer-Saal in Lorsch agierten auch Christine Andes und Berthild de Raadt (r.).

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Lorsch. Ein Podest mit zwei alten Polsterstühlen. Und ein Tisch, darauf zwei Mikrofone. So präsentiert sich die Bühne am Samstagabend im Paul-Schnitzer-Saal in Lorsch. In der Empfangshalle tummeln sich aufgeregte Darsteller in orientalischer oder bäuerlich-mittelalterlicher Kleidung. Dann sind drinnen im Saal alle Plätze belegt, und Reinhard Diehl vom Heimat- und Kulturverein eröffnet den Märchenabend für Erwachsene, mit dem die altersmäßig bunt gemischte Besucherschar gut zwei Stunden in Bann gehalten werden soll - und eben das gelingt auch.

Kein "Kinderkram"

Dass Märchen kein "Kinderkram" sind, das machte Diehl gleich bei der Eröffnung deutlich. "Märchen zählen seit November 2016 zum immateriellen Weltkulturerbe", verkündete der Vereinsvorsitzende dem Publikum. Sie sind (ur-)alt und auf allen Kontinenten zu finden. Sie halten den Menschen einen Spiegel vor, erzählen von ihren Stärken und Schwächen, liefern Anleitungen für Problemlösungen oder stellen Fragen nach dem Sinn des Lebens. Märchen durchpflügen die Seele und ebnen so im besten Fall den Weg zu neuen Lösungen für Probleme. Fantastische Welten, wie der Liebesgarten mit Jungbrunnen, das Spielzeug- oder Schlaraffenland, sie sollen die Menschen zum Paradies in ihrem eigenen Herzen führen.

Vielfältige Darbietungen

Bei dem abwechslungsreichen Abend griffen die Mitwirkenden Geschichten aus verschiedenen Regionen auf und setzten sie in verschiedenen Formen um: Lesend, tanzend, schauspielernd und auch filmisch.

Vier jüdische Märchen und Legenden sorgten zum Einstieg in den unterhaltsamen Abend für etliche Lacher. Thilo Figaj und Reinhard Diehl lasen abwechselnd die Texte vor. Zwei der Geschichten rankten sich um das jüdische Versöhnungsfest "Jom Kippur" und zeigten, wie die Gläubigen in schwierigen Situationen durchaus einfache Lösungen finden können.

Die Theaterspielgemeinschaft Lorsch inszenierte die Geschichte vom Königssohn, der glaubte, "alle Lügen der Welt zu überblicken". Mit dem syrischen Märchen aus dem Buch von Rafik Schamir, dem Erzähler der Nacht, entführten die Akteure die Zuschauer in den Orient und in die Welt von Macht und Lügen.

Zur Einstimmung auf einen Block von Grimms Märchen tanzten "Schneeweißen und Rosenrot" anschließend anmutig vor der Bühne. Daliah Szmigiel setzte dabei ihre eigene, sportlich anspruchsvolle Choreographie zusammen mit Marilena Seng märchengerecht und elegant um. Der Applaus für die jüngste Kandidatin der diesjährigen Sportlerehrung und ihrer Choreographin war entsprechend kräftig und anhaltend.

Teilweise mit Bildern und Schauspieleinlagen umrahmt folgten Grimms-Märchen wie "Der Bauer und der Teufel", "Katz und Maus in Gesellschaft", "Schlaraffenland" und "Wo liegt der Garten Eden". Die Zuhörer wurden dabei mit den menschlichen Eigenheiten wie Bauernschläue, Naivität oder Gier konfrontiert.

Im Lorscher Dialekt

Großen Spaß hatten die Gäste an den Märchen aus der Heimat, die Peter Dorn und seine Tochter Sabine Horn im Lorscher Dialekt vortrugen. Neben der Heppenheimer Geschichte vom "Goldenen Apfel" erzählten sie die Sage von den "Schätzen im Auerbacher Schloss".

Absolutes Highlight und Schlusspunkt des Abends bildete ein Film aus Scherenschnitten zur Lorscher Sage "Der Zauberpfeifer vom Lorscher See". Peter Dorn dankte Sabine Horn und Bruno Dorn für die Umsetzung dieses Zweijahresprojektes, das er nach eigenen Worten "vom Arbeitsaufwand unterschätzt habe". Denn: Für Jede Sekunde Film mussten 25 Fotos von Scherenschnitten zusammengefügt werden.

Mit viel Liebe

Für die Geschichte, die sich an den Rattenfänger von Hameln anlehnt, haben die Macher eine eigene Musik komponiert. Mit viel Liebe und künstlerischer Freiheit haben sie einen unterhaltsamen Film gestaltet, an dessen Ende erklärt wird, warum das Kloster Lorsch gebaut wurde: Die zuvor undankbaren Lorscher wollten damit den Zauberpfeifer bewegen, ihre Kinder zurückzubringen, die dieser mit seinen Flötentönen entführt hatte. Ein langanhaltender Schlussapplaus belohnte alle Beteiligten für ihren großen Einsatz.

Mitwirkende

Federführend beim Märchenabend für Erwachsene im Lorscher Paul-Schnitzer-Saal war Peter Dorn. Er moderierte den Abend und trug zusammen mit Reinhard Diehl Texte vor.

Zur Gestaltung haben außerdem das Tanzstudio von Vroni Rosenberger, der Heimat und Kulturverein Lorsch, die Theater-Spielgemeinschaft Lorsch sowie Einzelakteure und das Scherenschnitt-Filmteam beigetragen.

Im Einzelnen lasen, schauspielerten, tanzten, musizierten, beleuchteten, fotografierten oder wirkten in anderer Form mit: Peter Dorn, Reinhard Diehl, Thilo Figaj, Peter Folz, Kerstin Grabelus, Alexander Grabelus, Jens Hue, Tanja Dohrmann, Daliah Szmigiel, Marilena Seng, Christine Andes, Berthild de Raadt, Peter de Raadt, Sabine Horn, Bruno Dorn, Holger Walter, Ralph Stegmaier und Louis Warmutk. bzp

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