Lorsch. Am Montagmorgen um kurz nach 10 Uhr lodert es schon im steinernen Kugelbackofen hinter dem Besucherzentrum des Freilichtlabors Lauresham. „Ich muss schnell noch einen Scheit Holz nachlegen“, sagt Berenike Neumeister. Schließlich soll der Ofen, wie er von seiner Bauart her auch schon im Mittelalter gebräuchlich war, gegen Mittag so richtig heiß sein. Dann sollen dort leckere Brötchen backen.
Der aus Vollkorn-Dinkelmehl, selbst gemörsertem Salz, Wasser und Hefe bestehende Teig dafür wird noch am gleichen Morgen von den Kindern geknetet, die sich für das einwöchige Sommerferienprogramm in Lauresham angemeldet haben. „Handwerk im Herrenhof“ lautet in diesem Jahr das Motto. Und da gehört das Backen natürlich auch dazu. Zusammen mit eigenhändig gestampfter Butter, Quark mit Kräutern aus dem Lauresham-Garten sowie Würstchen bilden die Brötchen ein vorzügliches – weil weitgehend selbst produziertes – Mittagessen.
Nur fünf Anmeldungen
Die Gruppe an Kindern, die es sich dann an den Tischen hinter dem Besucherzentrum schmecken lässt, ist jedoch übersichtlich. Gerade mal vier Jungen und nur ein Mädchen nehmen beim Sommerferienprogramm in Lauresham in diesem Jahr teil. Ob Eltern der Kostenbeitrag von 190 Euro abschreckt, Angst vor einer Covid-19-Ansteckung besteht oder ob in Zeiten von vermehrtem Homeoffice Betreuungsmöglichkeiten in den Ferien weniger gefragt sind als vor der Pandemie, darüber kann nur spekuliert werden.
Die Konstellation mit nur fünf Kindern im Alter von sieben bis 13 Jahren stellt die Museumspädagoginnen vor die anspruchsvolle Aufgabe, das Programm so zu gestalten, dass alle Spaß haben. Andererseits könne man sich aber auch viel intensiver um die einzelnen Kinder kümmern, sagt Berenike Neumeister, die zum Auftakt am Montag mit im wechselnden zweiköpfigen Betreuerinnenteam ist.
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Die ganze Woche über wird Museumspädagogin Patricia Scheuermann das Sommerferienprogramm begleiten. Während am Montagmorgen im Ofen bereits das Feuer lodert, begutachtet sie zusammen mit den Kindern in einem Leibeigenenhaus wie aus Körnern Mehl wird. Nämlich mit Hilfe von zwei schweren runden Mühlrädern auf einem Tisch, die mit menschlicher Muskelkraft betrieben übereinanderreiben. Dass das ganz schön anstrengend sein kann, bis man dabei die ein klein bisschen Mehl gewinnt, konnten die jungen Teilnehmer gleich selbst ausprobieren. Erfahren konnten die Kinder auch: Gemeinsam fiel die Kraftanstrengung weitaus einfacher. „Wichtig war im Mittelalter immer Teamwork“, erklärt Patricia Scheuermann. Das wurde auch beim Pflug deutlich, der im Eingangsbereich ausgestellt war. „Der macht eine Ritze in den Boden“, weiß einer der Jungs. Damit das jedoch gelingt, werden mehrere Personen benötigt. Einer führt den Ochsen, der die Apparatur zieht. Der andere muss den Pflug bedienen. Und auch kleinere Kinder hatten dabei ihre Aufgaben. „Die mussten die Krähen verscheuchen, damit diese nicht gleich das ausgestreute Saatgut auffressen“, erläutert die Museumspädagogin.
Fauchender Ganter unterwegs
Dass es auch Vögel gibt, die Menschen verscheuchen, konnten die Besucher der Sommerferienaktion ebenfalls erleben. In Lauresham patrouillierte nämlich Ganter Golem durch die ansonsten leeren Dorfwege. Fremde faucht der imposante Gänsemann gerne mal wild an.
Im Laufe der Woche lernen die Kinder eine ganze Reihe spannender handwerklicher Tätigkeiten des Mittelalters kennen. Und natürlich dürfen sie Vieles davon ausprobieren. Wolle färben, Bänder weben, Leder verarbeiten, Knochen schnitzen, töpfern und Vieles mehr. Bei einem Ausflug aufs Klosterareal geht es um Bodenfliesen. Und selbstredend wird dann auch selbst eine solche gefertigt. „Am Ende wird jedes Kind unter anderem eine Ledertasche und ein Amulett selbst hergestellt haben und mit nach Hause nehmen können“, berichtet Berenike Neumeister.
Zum Abschluss wird dann am morgigen Freitag ein Hof-Fest mit mittelalterlichen Speisen gefeiert. Unter der Woche darf es beim Mittagessen jedoch auch mal etwas neuzeitlicher werden. „An einem Tag gibt’s sogar Pizza“, sagt Berenike Neumeister.
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