Lorsch. Sibylle Römer und Ulli Schiefer, engagierte Mitglieder in der Ökumenischen Flüchtlingshilfe Lorsch (ÖFL), hatten die Idee, unter der Führung des ehemaligen Forstrats Werner Groß, Ehrenvorsitzender der Schutzgemeinschaft Deutscher Wald, mit geflüchteten Menschen eine Waldwanderung der etwas anderen Art zu unternehmen.
Mit den Schülerinnen Lia (11), Luna (12), Hermela (14) und ihrem Vater Simon, alle aus Eritrea, und drei Männern aus Afghanistan hatte sich eine kleine interessierte Runde am Rande des Olympia-Geländes eingefunden. Ergänzt wurde die Gruppe unter anderem von Anne Metz mit ihren Enkeln, den Zwillingen Elisabeth und Jakob (4), die den Wald und seine dort lebenden Tiere ein wenig kennenlernen sollten, meinte die Oma.
Newsletter "Guten Morgen Bergstraße"
Neben den beiden Organisatoren hatten sich auch Inge und Wolfgang und die Sprachlehrerin Waltraud Haas-Schrempf für diese Wanderung durch den heimischen Wald interessiert. Werner Groß hatte seinen Dackel Aurelius mitgenommen. Für die Gäste aus Eritrea und Afghanistan war dieser Ausflug etwas Ungewohntes. Ihre ersten Fragen lauteten: „Darf man alleine in den Wald gehen?“ und „Welche Tiere leben hier?“
Keine Giftschlangen zu fürchten
„Natürlich leben hier keine Elefanten und Löwen, in der Regel auch keine giftigen Schlangen und Raubkatzen“, erwiderte Groß. „Dafür fühlen sich hier jede Menge Wildschweine heimisch.“ Während der dreistündigen und rund fünf Kilometer langen Wanderung wies er an zahlreichen Punkten mit aufgewühltem Boden auf die Aktivitäten der Schweine hin.
Die Gruppe begegnete jedoch am helllichten Sonnentag keinen Schwarzkitteln und Rehe, Hasen, Marder oder Füchse kreuzten ebenfalls nicht ihren Weg. Aber Werner Groß hatte vorausschauend präparierte Tiere mit in den Wald genommen, wo diese Exemplare ausgiebig bewundert werden konnten. Neben dem Balg eines Fuchses staunten die Wanderer nicht schlecht über das Geweih eines kapitalen Hirschs. Solche Hirsche seien aber leider in unserem Wald nicht mehr anzutreffen, erklärte er.
Neben den Tieren hatte Werner Groß auch auf die durch Förster und ihre Arbeiter geleistete Waldwirtschaft aufmerksam gemacht. An bestimmten Markierungen war zu erkennen, welche Bäume gefällt werden durften und auf welchen Wegen sie abtransportiert werden sollten. Woran sich die Wertigkeit von Holz erkennen lässt, erklärte der Waldfachmann an den aufgestapelten Baumstämmen am Rande der Wege. Holz von mittlerem Wert, werde als Bauholz verwendet, unter anderem für Kisten oder Paletten.
Minderwertige Stämme dienten als Energielieferant für Brennholz. Auf die unterschiedlichen Baumarten wie Laub- und Nadelbäume wurde hingewiesen und erklärt, dass Kiefern, die auf mageren Sandböden gut zurechtkommen, besser gedeihen, wenn sie im Verbund mit Laubbäumen zusammenstehen. Deren im Herbst abgefallenes Laub versorgt jährlich das Bodenklima mit Nahrung. Das Stammholz der Kiefern wurde in früheren Jahren für den Bau von Fenstern und Türen verwendet.
Werner Groß machte auch darauf aufmerksam, dass sie bei extremer Trockenheit vom Bläuepilz befallen würden. Dann sei ihr Holz nicht mehr verwendbar. Heutzutage spreche man von einem Waldumbau, immer im Wechsel zwischen Buche und Eiche. Kranke Bäume würden stehen gelassen für Pilze, Käfer, Würmer oder Vögel.
Auf einem rund 2000 Quadratmeter großen Nadelwald in der Nähe der Autobahn machte er gleichfalls darauf aufmerksam, dass die abgestorbenen Bäume stehengelassen würden, unter anderem für Pilze. Es sei ein Vorzeigeobjekt, weil zwischen den Nadelbäumen kleine Laubbäume nachwachsen würden. Nachdem auf dem Boden immer wieder Zigarettenkippen zu sehen waren, kam die Frage auf, ob Rauchen im Wald erlaubt sei. Werner Groß informierte, dass es ein Rauchverbot von Frühjahr bis Herbst gebe und vor allem bei reinen Nadelholzbeständen eine enorme Brandgefahr bestehe. Der lehrreiche Nachmittag klang im Olympia-Clubhaus mit einem gemeinsamen Essen und Trinken und angeregter Unterhaltung aus. Alle Beteiligten zeigten sich erfreut, über die vielfältigen Informationen, die sie bei dieser Wanderung durch den Wald erhalten hätten. ml
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch_artikel,-lorsch-rehe-und-wildschweine-statt-elefanten-im-lorscher-wald-_arid,2020763.html