Einhausen. Beim ökumenischen Seniorennachmittag, der im Wechsel alle drei Wochen jeweils im Pfarrzentrum und im evangelischen Gemeindehaus stattfindet, wurden den Senioren diesmal einige Tipps mit auf den Weg gegeben, wie man sich vor den sogenannten „Enkeltricks“ schützen kann. Dafür hielten die beiden Einhäuser Ordnungspolizisten, Michael Rödel und Heiko Helber, eine Präsentation mit anschaulichen Folien zum Thema „Präventionsprojekt Sicherheitsberatung für Senioren der Gemeinde Einhausen“ und zeigten sogar eine nachgestellte Audiodatei eines „Schockanrufes“ von der Polizei Hamburg.
In der Aufzeichnung wurde auf Telefonbetrüger aufmerksam gemacht, die mittlerweile täglich ihre gefährlichen Maschen ausspielen. So rief eine völlig aufgelöste Frau ihre angebliche Mutter, die Seniorin, an und erzählte ihr in verweinter Tonlage, dass sie eine Frau überfahren habe, die an der Unfallstelle verstarb und sich deshalb nun bei der Polizei dafür verantworten müsse. Ein vermeintlicher Polizist übernahm schließlich das Gespräch mit der Seniorin. Diese sollte zunächst ihre persönlichen Daten und die Kontaktdaten ihrer Tochter durch den Hörer geben.
Opfer werden unter Druck gesetzt
Der sich als Polizist ausgebende Mann wies die ahnungslose Seniorin darauf hin, dass sich ihre Tochter ab sofort in Untersuchungshaft befinde und nicht besuchbar sei. Zudem könne sie nicht mehr sprechen, da sie sich in einem Schockzustand befinde. Die einzige Hilfe, die die Seniorin für ihre Tochter leisten könnte, sei eine Kaution in Höhe von 55 Tausend Euro zu bezahlen. Diese sollte sie noch heute beim Amtsgericht hinterlegen, nur so könne der Polizist einen Antrag auf Kaution stellen. Die aufgelöste Seniorin stimme dem sofort zu und war in diesem Moment bereit, alles zu tun, um ihre Tochter in Freiheit zu wissen.
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Schließlich klärte sie der Mann noch darüber auf, dass eine absolute Schweigepflicht über dieses Vorgehen essenziell sei. So gelang es den beiden Trickbetrügern im fiktiven Beispiel, einer ahnungslosen Seniorin ihre gesamten Ersparnisse zu entlocken.
Bei einem typischen Enkeltrick geben sich die Täter meist als Familienangehörige aus, die eine dringende, persönliche Notlage oder einen finanziellen Engpass vortäuschen, heißt auf den Folien der Ordnungspolizei. Die vermeintlichen Angehörigen fordern kurzfristige Bargeldzahlungen, um aus der Notlage befreit zu werden. Haben die Senioren nicht genug bare Ersparnisse im Haus, werden diese gedrängt Geld abzuheben. Dabei wird die Lage der Täter immer als äußerst dringlich dargestellt, um psychischen Druck auf die Opfer auszuüben und diese keinen klaren Gedanken mehr fassen können. Nach der Geldübergabe verlieren die Geschädigten nicht selten unwiederbringlich ihre gesamten Ersparnisse.
Ein gesundes Misstrauen wichtig
Erhalte man einen solchen Anruf sei es essenziell seinem Bauchgefühl zu vertrauen und sofort aufzulegen, wenn der angerufenen Person das Gespräch merkwürdig vorkäme. Die Polizei kann demnach auch verständigt werden. Wichtig zu betonen sei laut der Referenten, niemals seine persönlichen Daten an fremde Personen am Telefon weiterzugeben und immer ein gesundes Misstrauen zu bewahren. Sollten Senioren unsicher sein, ob die geschilderte Situation der Wahrheit entspreche, empfehle es sich aufzulegen und die Angehörigen selbst anzurufen, um die Wahrheit herauszufinden.
Nicht weniger gefährlich seien Gewinnversprechen, die oft per Telefon zugesichert werden. Dabei werden meist Senioren angerufen, um ihnen zu verkünden, sie hätten mehrere Zehntausend Euro gewonnen, müssten um diese zu erhalten aber eine Kaution hinterlegen. „Man sollte niemals Bargeld hinterlegen, um einen angeblichen Gewinn zu erhalten“, warnte Rödel die aufmerksam zuhörenden Senioren im Gemeindehaus. Zudem frage kein Beamter nach Bargeld oder Schmuck. Könne man sich an keine Teilnahme an einem Gewinnspiel erinnern, sollte man sofort auflegen oder bei Misstrauen die Polizei rufen. Niemals dürfe man Geld an unbekannte Personen geben.
Um sich vor Anrufen zu schützen, kann man laut den Ordnungspolizisten seinen Telefonbucheintrag ändern oder löschen lassen. Dies hat den Hintergrund, dass Täter oft anhand des Namens ermitteln, wer zu der besonders betroffenen Generation über 65 Jahre zählt. Für eine Änderung oder Löschung müsse man lediglich ein Formular ausfüllen, das kann auch bei der Gemeinde erfolgen. Alle Informationen und Tipps wurden den Senioren zudem in einer gedruckten Informationsbroschüre ausgehändigt.
Gefahren an der Haustür
Nicht allzu selten halten sich Diebe auch vor Ort an Haustüren auf. Dabei handelt es sich oft um Personen, die beispielsweise einen Stift benötigen, nach einem Glas Wasser oder ob sie die Toilette benutzen dürften fragen. Einige Täter zeigen sich auch zunächst zuvorkommend, indem sie den Senioren Taschen in die Wohnung tragen, um in den vier Wänden Wertgegenstände stehlen zu können.
Sollte man ein Gefühl von Unsicherheit spüren, sei es wichtig, den Personen den Eintritt in die Wohnung zu verwehren. „Man muss niemanden reinlassen, nicht einmal Personen, die sich als Beamte ausgeben, ohne einen Durchsuchungsbeschluss darf auch ein Beamter keine fremden Wohnungen betreten“, betonte Rödel. Nicht jede Person, die hilft eine Einkaufstasche zu tragen, sei automatisch kriminell, dennoch sollte man vorsichtig sein und niemanden ohne weiteres in die Wohnung bitten.
Bei einem Raub auf der Straße, etwa im Vorbeifahren oder Gehen, sei es förderlich, die Tasche loszulassen, ehe man sich verletzte. Bei einem zu großen Widerstand sei die Sturzgefahr zu groß. Lieber sollte man laut auf sich aufmerksam machen und sich helfen lassen. Wer sich unsicher fühle, könne zudem auch Angehörige bei Besorgungen mitnehmen oder sich auf Heimwegen begleiten lassen. Abstand zu Unbekannten sollte ebenfalls eingehalten werden oder, dass man keine allzu großen Geldbeträge mit sich führe. Bei einem Raub des eigenen Geldbeutels müsse man sofort das Konto sperren lassen.
Gemütlicher Ausklang und Dank
Nachdem die beiden Ordnungspolizisten ihre Präsentation beendeten, nutzten die Senioren die Gelegenheit Fragen zum Umgang mit Betrügern zu stellen und erzählten sich untereinander bereits erlebte Situationen. Als Dankeschön erhielten die Referenten eine kleine Aufmerksamkeit, die die ehrenamtliche Helferin, Hildegard Gottwald, übergab. Knapp 25 Senioren erschienen zum beliebten Nachmittag in der Gemeinde und wurden von fünf weiteren Helferinnen betreut. Erika Herrmann, Annemarie Bernhardt, Edith Kehl, Waltraut Herbert und Maria Vötterl verteilten eine große Auswahl an Kuchen und schenkten warme Getränke aus. Vor dem Essen las Hildegard Gottwald ein Gedicht zum Frühling vor, bevor sich die Senioren angeregt austauschen konnten.
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