Johanniterhaus

Plötzlich war ein Pony im Lorscher Seniorenheim unterwegs

Bewohner freuten sich über den Besuch eines Pferdes, das per Aufzug bis zu ihnen in den Wohnbereich kam. Weiterer Termin soll folgen

Von 
Nina Schmelzing
Lesedauer: 
Auch der Blick durchs Fenster aus dem Obergeschoss war für Pony „Petter“ interessant. © Nagel

Eine große Überraschung gab es in dieser Woche im Johanniterhaus. An die Redewendung „Ich glaub‘, mich tritt ein Pferd“ wird sich mancher der Bewohner und Beschäftigten dabei erinnert und sich vielleicht verwundert die Augen gerieben haben. Aber tatsächlich: Im Seniorenheim in der Mannheimer Straße stand ein Pony im Flur.

Und weil es sich eben nicht um ein überdimensioniertes Plüschspielzeug, sondern um ein lebendiges Tier handelte, blieb es nicht nur dort stehen, sondern war auch im Speisesaal und in einem der Wohnbereiche unterwegs.

„Die Freude der Bewohner und der Mitarbeitenden war extrem groß“, berichtet Einrichtungsleiterin Ramona Nagel. Das Pony namens „Pepper“ und die dazugehörige Pferdehalterin Melanie Feiler waren von Nagel und Sozialdienstleiterin Ursula Knigge zum Besuch eingeladen worden. Die Premiere, so erklären sie übereinstimmend, war ein voller Erfolg.

Das kleine Pferd

fuhr auch im Aufzug

„Pepper“ fuhr im Johanniterhaus sogar Aufzug, um in die oberen Wohnbereiche zu gelangen. „Ein ganz braves Pferd“, zeigt sich Ursula Knigge angetan, die sich mit den Tieren auskennt, weil sie auch privat Pferde hält. „Ich weiß, was Pferde einem geben können“, erklärt die Reiterin. Etwas von dieser besonderen Gabe sollten nun auch die Bewohner des Johanniterhauses abbekommen.

„Den Geruch von Stall und Freiheit in sich aufnehmen“, so beschreibt Nagel diese Gelegenheit. Bei nicht wenigen Bewohnern weckt das nämlich schöne Erinnerungen an die Kindheit. Manche der Senioren sind in ihren Bewegungsmöglichkeiten so eingeschränkt, dass sie den vollstationären Bereich des Hauses nur schwer verlassen können, ergänzt Knigge.

„Pepper“, ein Pony der walisischen Rasse Welsh, und 17 Jahre alt, hat in den vergangenen vier Jahren bereits jede Menge Erfahrung mit Seniorenheim-Besuchen gesammelt. Im Lorscher Haus Christoph der Römergarten-Residenz etwa hat es schon die Bewohner erfreut und auch im Lorscher Fachpflegezentrum hat „Pepper“ wertvolle Dienste geleistet, berichtet Melanie Feiler auf Nachfrage.

Jeder Tierfreund, der ein Haustier hält, wird wissen, wie gut ihm dessen Gesellschaft oft tut. Bei Menschen, die aus unterschiedlichen Gründen kein eigenes Haustier mehr halten können, kann sogar schon ein kurzer Kontakt zu einem gut ausgebildeten Tier wie „Pepper“ manchmal wahre Wunder bewirken.

Die Freude, wenn sie das weiche Fell des Pferdes streicheln dürfen, sei sichtbar, sagt Melanie Feiler. Es werde oft gelacht in diesem Moment und die Wärme und die Berührung seien für viele Menschen eine seelische Wohltat.

Der Pony-Besuch motiviere nicht wenige Senioren auch dazu, ihre Koordinations- und Fingerfertigkeit wieder trainieren zu wollen. Wenn Feiler dabei ist, erlaubt es „Pepper“ zum Beispiel, dass sie ihn einmal mit einer Wäscheklammer in der Mähne schmücken. Dieser einfache Handgriff kann für Menschen im hohen Alter oder bei schwerer Krankheit eine große Anstrengung bedeuten.

Mit Rutschsocken über das ungewohnt glatte Parkett

Dass die Lorscherin Feiler schon mehrere Besuche in Seniorenheimen sowie in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung mit ihrem Pferd absolviert hat, beweist auch die Ausrüstung, die sie mitbringt. Denn „Pepper“ trabt natürlich nicht eigenhändig durch die Räume, sondern wird an der Longe geführt. Im Johanniterhaus war das Pferd außerdem mit „Rutschsocken“ unterwegs, um auf dem für ein Pony ungewohnten Boden und dem glatten Parkett nicht versehentlich zu verunfallen.

Bei seiner Tour durch den Speisesaal des Hauses trug das Pony überdies zur Vorsicht einen Pferdeapfel-Auffangbeutel, berichtet Ursula Knigge.

Melanie Feiler kümmert sich nicht allein um den knapp 1,20 Meter großen „Pepper“. Auf ihrer Pony-Ranch betreut sie insgesamt vier Pferde. Die 41 Jahre alte Lorscherin arbeitet als Tagesmutter, zuletzt hat sie die Gruppe namens „Manus Zirkusponys“ geleitet. Nächste Woche organisiert sie Herbstferienspiele für Kinder, derzeit hat sie noch zwei Plätze frei. Kinder, die gerne reiten, lernen auf ihrer Ranch nebenbei auch, dass es durchaus Arbeit macht, sich verantwortungsvoll um ein Pferd zu kümmern.

Die Pferdefreundin, die unter anderem Mitglied im Lorscher Reitverein ist, hat mehrere Therapiekurse absolviert und bietet unter anderem auch pferdegestützte Trauerbegleitung an.

Therapiehunde gibt es öfter,

Pferde sind eine Premiere

Hunde sind im Lorscher Johanniterhaus keine Seltenheit, bestätigt Ursula Knigge. Ehrenamtliche, die sich für die Senioren engagieren, bringen manches Mal ihre eigenen Tiere mit. Auch „Streichelhunde“, die im therapeutischen Bereich eingesetzt werden, sind im Haus in der Mannheimer Straße nicht unbekannt. Dass ein Pferd eine solche Aufgabe übernimmt, gab es dort aber bislang noch nie.

Der Besuch von Melanie Feiler und „Pepper“ im Johanniterhaus habe für eine „außergewöhnliche Abwechslung“ gesorgt, unterstreicht Einrichtungsleiterin Ramona Nagel. Etwas länger als eine halbe Stunde dauerte die Premiere am vergangenen Montag.

„Die Vorfreude auf den nächsten Besuch ist bereits jetzt sehr groß“, so Nagel. Bei der Neuauflage soll das Pony auch den zweiten Wohnbereich besuchen.

Redaktion

Copyright © 2025 Bergsträßer Anzeiger

VG WORT Zählmarke