Katastrophenschutz

Neue Drohnen bei der Lorscher Feuerwehr stationiert

Durch die Abteilung Gefahrenabwehr der Kreisverwaltung wurden zwei moderne Drohnen angeschafft. Die Flugroboter helfen Einsatzkräften unter anderem bei der Personensuche und dem Orten von Glutnestern

Von 
Nina Schmelzing
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Die Neuanschaffung erledigte alle Aufgaben bei der Vorführung am Lorscher Feuerwehrhaus zur vollsten Zufriedenheit. Beobachter am Boden zeigten sich begeistert. © Ernst Lotz

Für die Arbeit der Feuerwehren und für den Katastrophenschutz hat der Kreis Bergstraße Drohnen bei der Lorscher Feuerwehr stationiert. Das ist schon seit einigen Jahren so. Nun wurden von der Abteilung Gefahrenabwehr bei der Kreisverwaltung zwei modernere, leistungsfähigere Modelle angeschafft. Von Landrat Christian Engelhardt wurden die Drohnen übergeben an die Informations- und Kommunikationseinheit bei der Feuerwehr – und sie wurden in Lorsch auch gleich vorgeführt.

Es handelt sich, wie beim Vorgängermodell, um Drohnen aus der „Matrice“-Serie, sie werden hergestellt von DJI. Das chinesische Technologieunternehmen zählt zu den führenden Drohnenherstellern weltweit. Vom Können der nun in Lorsch stationierten Drohnen des Typs „4 TD“ zeigten sich bei der internen Vorführung am Feuerwehrstützpunkt am Donnerstagabend dann auch alle Teilnehmer sehr angetan.

Als die „Matrice 4 TD“ aufstieg und entsprechend instruiert wurde, lieferte sie zum Beispiel Bilder von der Bushaltestelle in der Nibelungenstraße. So scharf waren die Aufnahmen, dass man fast noch mühelos die Abfahrtzeiten der Busse auf dem dort ausgehängten Zettel lesen konnte – und das bei Bildern, die aus 117 Metern Höhe geschossen wurden. Die „sehr hochwertige Kamera“ kann unter anderem ausgezeichnet zoomen, unterstrichen die Nutzer.

Landrat Christian Engelhardt gehörte gleichfalls zu denjenigen, die sich von den unbemannten Fluggeräten begeistert zeigten. „Sensationell“, urteilte er. Als Technikfan habe er auch privat eine Drohne, berichtete er und bedauerte, dass er die neuen Lorscher Drohnen nicht fliegen darf. Um die neuen Modelle in bis zu 120 Metern Höhe durch die Luft zu navigieren, braucht es nämlich neben Training auch spezielle Fortbildungen – und Piloten müssen darüber Zertifikate vorlegen können.

Mitglieder der Bergsträßer „Drohnengruppe“ sind geschult in der Handhabung und die Piloten üben regelmäßig mindestens einmal im Monat gemeinsam. Vor etwas mehr als fünf Jahren wurde die Gruppe gebildet, berichtete der Leiter der Gefahrenabwehr und frühere Lorscher Stadtbrandinspektor Markus Stracke in Lorsch.

15 Mitglieder umfasst die Gruppe aktuell, erläuterte Thomas Schumacher. Der Einhäuser Drohnenpilot zählte mit Stracke und Jan Lüders von der Einhäuser Wehr zu den Gründern. Sechs Aktive sind Piloten, andere beschäftigten sich als Operator vorwiegend mit der Bildauswertung.

Die Einsatzkräfte schwärmen von den neuen Möglichkeiten, die „Matrice 4 TD“ für ihre Arbeit bringt. Ausgerüstet mit Wärmebildkamera erleichtert sie zum Beispiel die Personensuche enorm, diese Leistung wird im Rahmen der Amtshilfe auch von der Polizei sehr geschätzt. Die Drohne erfasst die unsichtbare Infrarotstrahlung und wandelt sie in Bilder um. Auf dem Monitor werden Menschen dann leicht erkennbar in roter Farbe angezeigt und sind, weil ihre Umgebung nur in zurückhaltendem Schwarz-Weiß eingeblendet werden kann, mit ihrem Standort sehr schnell identifizierbar.

Die robuste Drohne arbeitet natürlich auch bei Dunkelheit dank Nachtsichtgeräten und sie ist wetterfest. Nicht nur bei idealen Bedingungen wie sie am Vorführtag der Fall waren – ohne Regen und Wolken – liefert sie mit ihrer hochwertigen Sensorik exzellente Ergebnisse. Auch bei der Rettung von Kitzen leistet sie etwa gute Dienste. Die Einsatzkräfte verweisen nicht zuletzt auf die Such-Scheinwerfer, mit denen die blinkende Propeller-Maschine ausgerüstet ist.

Leistungsstarkes Leichtgewicht

Was das vergleichsweise kleine Ding alles kann, fasziniert nicht nur technikaffine Nutzer. Die leichtesten der Flugobjekte, die für den Freizeitgebrauch auf dem Markt sind, wiegen weniger als 250 Gramm und werden von Hobbypiloten längst vielfach in die Luft geschickt. Nur etwa zwei Kilo bringt die handliche „Matrice“ auf die Waage. Man habe bewusst keine gut sechs Kilo wiegende „Monster-Drohne“ anschaffen wollen, heißt es von den Einsatzkräften. Als nettes „Spielzeug“ sollte das vierrotorige kleine Luftfahrzeug natürlich nicht missverstanden werden – auch wenn es sogar sprechen kann.

Begrüßung aus 52 Metern Höhe

„Guten Abend“ klang es am Donnerstag gut hörbar aus 52 Metern Höhe. „Das ist ein Test“, so begrüßte die Drohne, die in diesem Moment wie ein Stativ über den Köpfen der Zuhörer verharrte, sie aus dem Lautsprecher mit einem Text, der vom Boden aus von den Feuerwehrleuten vorgegeben wurde. Die „Matrice“ eignet sich somit hervorragend auch für Fälle, bei denen großflächig Warnungen an die Bevölkerung auszusprechen sind.

Das Leichtgewicht, für das sich die Bergsträßer entschieden, habe auch aus wirtschaftlichen Gründen überzeugt. Nur 26.000 Euro habe man insgesamt ausgeben müssen, um die beiden Drohnen im Paket zu erhalten. Im Gegensatz zur Anschaffung einer einzelnen großen Drohne sind die „Zwillinge“ – beide Drohnen sind baugleich – günstiger, auch was die Instandhaltung und eventuelle Ersatzteilbeschaffung betrifft. Sollte ein Exemplar ausfallen, könnte das andere flexibel einspringen. Zudem können die Drohnen auch untereinander kommunizieren.

Der Feuerwehr kann „Matrice“ beim Aufspüren von Glutnestern wertvolle Hilfe leisten. Sie kann den Einsatzkräften einen genauen Überblick über das ganzheitliche Lagebild auch schwer zugänglicher Geländeteile liefern. Ihr Laserentfernungsmesser kann Informationen und Bilder „in Echtzeit“ drahtlos und direkt ins Einsatzfahrzeug und an die Einsatzzentrale schicken. Die Spezialisten im Führungsstab der Leitstelle sind auf diese Weise sofort exakt über das Geschehen unterrichtet und sie können den Kräften vor Ort dann genaue einsatztaktische Order geben, was sie im jeweiligen Fall tun sollen.

Rund 50 Minuten kann die Drohne mit einer Akkuladung arbeiten und große Flächen automatisiert abfliegen. Wenn sie ihren Auftrag erfüllt, zum Beispiel eine auf dem Boden liegende Person erkennt, gibt sie Alarm. Selbstverständlich arbeitet die neue Technik nicht nur mit traditioneller Ingenieurskunst, sondern nutzt zudem Künstliche Intelligenz. Mit Hilfe der Drohnen, die auch autonom fliegen können, lassen sich in Sekunden 3D-Modelle erstellen.

Wie viele Drohnen derzeit im Kreis Bergstraße insgesamt aktiv sind, darüber konnte am Donnerstag keine Auskunft gegeben werden. Mit den beiden neuen Quadcoptern in Lorsch seien die Einsatzkräfte „deutlich über den Mindestanforderungen“ ausgestattet. Ohnehin sei die Feuerwehr, darauf werde geachtet, „sehr modern“ ausgerüstet, so Engelhardt. Das sei wichtig. Schließlich begeben sich die Mitglieder in Gefahrensituationen, um andere Menschen zu retten.

Navigieren muss trainiert werden

Warum wird Schulung verlangt, wo doch zahlreiche Hobbyflieger Drohnen starten? Die Koordination ist anspruchsvoll, erklären die Piloten. Zwar gibt es viele Assistenzsysteme, wer die „Matrice“ bei den Einsatzkräften navigieren will, muss das aber auch ohne diese Systeme beherrschen. Sicher muss sie gesteuert werden, auch wenn die Sicht schlecht oder das GPS-System gestört sein sollten, so die Piloten.

Auch sind vielerlei Vorgaben zu beachten, zum Datenschutz beispielsweise und zum Luftverkehr, um andere Flugobjekte nicht zu gefährden, und auch meteorologisches Wissen muss vorhanden sein. An der Feuerwehrschule gibt es noch keine geregelte Ausbildung. Im Fernpilotenzeugnis werden Sonderregelungen ausgewiesen, etwa wie nah eine Drohne unbeteiligten Personen kommen darf.

Das bis zum Eintreffen der modernen Nachfolger genutzte erste Drohnenmodell bleibt für Übungszwecke erhalten. Wer Drohnen aus China inzwischen grundsätzlich kritischer sehen sollte, sollte allerdings wissen: leistungsstarke Alternativen aus Europa sind zu einem vergleichbaren Preis offenbar aktuell nicht auf dem Markt. Sogar bei der Drohnen-Fachmesse in Friedrichshafen habe man sich umgeschaut, hieß es auf Nachfrage in Lorsch.

Landrat Engelhardt (l.), Leiter der Abteilung Gefahrenabwehr Markus Stracke (2.v.l.) und Thomas Schumacher erläuterten die neuen Drohnen. © Ernst Lotz

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