100.000 Katholiken kamen am Sonntag wegen Carlo Acutis auf den Petersplatz in Rom. Auch in der Kirche St. Nazarius in Lorsch war die erste Heiligsprechung durch Papst Leo ein Thema. Ein großes Foto des jungen Heiligen war aufgestellt worden und Pfarrer Michael Bartmann hatte aus Rom Andachtsbilder zum Mitnehmen für jeden Kirchenbesucher mitgebracht. Gemeinsam mit Pfarrer Ludwig Siemes gestaltete er am Sonntag einen gut besuchten Festgottesdienst. Die Geschichte von Carlo Acutis habe auch ihn sehr bewegt, bekannte Bartmann.
Acutis starb 2006 im Alter von nur 15 Jahren an Leukämie. Der junge Italiener, der seine Computerkenntnisse vor allem nutzte, um seinen Glauben zu verbreiten, wird deshalb gern als „Cyber-Apostel“ bezeichnet und als „Influencer Gottes“. Er besuchte täglich eine Messe, kümmerte sich um Bedürftige und ist der Erste aus der Generation der Millennials, der zwischen 1980 und 2000 geborenen Menschen, der nun ein Heiliger ist.
Acutis habe zahlreiche Menschen zu Jesus Christus gezogen, weil er für das Christentum brannte. Er habe andere mit dem Glauben anstecken können, weil er selbst erfüllt davon war, erläuterte Bartmann. Das Feuer brenne allerdings nicht überall, bemängelte der Lorscher Pfarrer etwa mit Blick auf die deutsche Kirche. Auf der Homepage des Bundes deutscher katholischer Jugendverbände zum Beispiel habe man im Vorfeld kein Wort dazu lesen können.
Vom Original zur bloßen Kopie
Wozu aber brauchen wir Heilige? „Heilige sind nicht notwendig, sie sind ein Geschenk“, machte der Lorscher Pfarrer klar. Im Lorscher Gottesdienst beschrieb er sie als „großes Geschenk“ und als wichtige „Wegbegleiter“, die andere „an die Hand nehmen“ könnten und zu Christus führen. Der junge Heilige habe nachdenkenswerte Sätze geprägt. „Wir alle werden als Originale geboren – und doch sterben viele als Kopie“, zitierte Bartmann eine beispielhafte Aussage des 15-Jährigen.
Acutis sei von Klassenkameraden nicht belächelt oder verspottet worden wegen seiner täglichen Eucharistiefeiern. Er sei kein „verklemmter“ Teenager, sondern ein sportlicher junger Mann gewesen, der von Gleichaltrigen als authentisch wahrgenommen und respektiert worden sei. „Habt den Mut, so zu sein, wie ihr seid“, appellierte der Pfarrer. Nicht selten zögen Gläubige, wenn es um ihre Religion gehe, leider ihren Kopf ein, Acutis dagegen habe sich nie für seinen Glauben geschämt. Die Eucharistie habe dieser als „Autobahn zum Himmel“ bezeichnet.
Acutis sei Vorbild und Mutmacher, sagte Bartmann. Dass es in Lorsch vergleichsweise viele junge Menschen gibt, die sich für die Pfarrei engagieren, konnte man beim Gottesdienst sehen. 15 Messdiener zogen gemeinsam mit den beiden Pfarrern und Diakon Andreas Debus am Sonntag in die Kirche ein.
Beifall für eine neue Messdienerin
Zudem wurde eine junge Frau neu in die Gruppe aufgenommen. Pfarrer Siemes interviewte die 15-Jährige und fragte, wieso sie sich nicht schon früher als Ministrantin meldete. Üblich sei es doch, den Dienst nach der Erstkommunion zu beginnen, erinnerte er. „Weil ich mich früher nicht getraut habe“, antwortete die neue Messdienerin. Dafür, dass sie den Schritt nun wagte, erhielt sie von den Gottesdienstbesuchern kräftigen Applaus – und von den Lorscher Pfarrern ein Buch über den neuen Heiligen Carlo Acutis geschenkt.
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