Lorsch. Dass Lorsch über geheime Schätze verfügt, die noch dazu mit den Jahren attraktiver und begehrenswerter werden, wird am Tag der offenen Gärten und Höfe immer wieder deutlich: Mehr und mehr Menschen mit dem grünen Daumen schließen an diesem Tag ihre ganz persönlichen Schatzkistlein auf. 363 Tage im Jahr liegen sie im Verborgenen, versteckt und abgeschirmt hinter großen Mauern, Hecken und Zäunen. Dort werden sie unter Ausschluss der Öffentlichkeit gehegt und gepflegt, ab und zu gekappt und wieder liebevoll hochgepäppelt.
Alle zwei Jahre präsentieren sich die Wohlfühloasen einen einzigen Tag lang in ihrer ganzen Vielfalt: die prächtigsten Gärten und kreativsten Höfe von Lorsch. 19 von ihnen konnten Heerscharen von Besuchern am vergangenen Sonntag bei herrlichem Sonnenschein bewundern. Dazu gesellten sich der evangelische Pfarrgarten mit dem neu angelegten Pfingstrosen-Paradies, Pflanzbeete der städtischen Gartenabteilung und eine städtische Grünanlage.
Wo welcher Gartenliebhaber seine Tür acht Stunden und länger geöffnet hielt, war nicht nur einem Flyer und den Fähnchen an den jeweiligen Pforten zu entnehmen - ein riesiger Tross an Radfahrern wies den Suchenden den Weg und führte sie ans Ziel. Dass der Slogan "Lorsch blüht" keine leere Floskel ist, war nicht zu übersehen. Es blühte und duftete wohin man auch ging und schaute: eine Wohltat für Auge, Nase - und Magen. Denn fast überall wurden die Zaungäste herzlich bewirtet, mit selbst gebackenem Kuchen und Kaffee, kleinen Snacks oder sogar mit einem Gläschen Prosecco. Und viel Kunst zu sehen und zu kaufen gab es obendrein.
Natürlichkeit ist Trumpf
Ein Trend, der ins Auge stach: Natürlichkeit ist Trumpf. Bettina und Günter Jakob, die die Gäste in ihrem 4000 Quadratmeter großen Naturparadies willkommen hießen, brachten es auf den Punkt: "Wir sind in der Natur. Wir haben keinen Instantgarten." Schnickschnack findet man bei ihnen nicht. Dafür das schnuckelige Mutterschaf Emmi mit ihren Lämmchen, eine kleine Kapelle, einen in die Jahre gekommenen Schuppen - und auch Brennnesseln.
Die Nachbarn der Jakobs, Tatjana und Arik Siegel, haben ihr grünes Eldorado ebenfalls nicht auf dem Reißbrett, sondern mit dem Herzen gestaltet. Die "dicke Heidi und zwei Zwerghühner" fühlen sich in der "Casa del Pollo" (mit automatischer Hühnerklappe) ebenso pudelwohl wie Schmetterlinge und Insekten. Dafür sorgt eine Wildblütenwiese. "Ein kleiner Feuerfalter hat vor einigen Tagen am großen Sauerampfer seine Eier abgelegt", freut sich Arik Siegel riesig über den Schmetterlingsnachwuchs.
Gekauft haben die Siegels das Anwesen erst vor zwei Jahren und es in relativ kurzer Zeit in ein kleines Naturparadies verwandelt. Allein 55 Tonnen Bauschutt mussten entsorgt, ein alter Schuppen abgerissen werden: "Wir haben grundsaniert."
Mediterraner Paradies-Garten
Eines von vielen Highlights war der auf einer steilen Sanddüne gelegene mediterrane Paradies- und Dornröschen-Garten von Familie Kreusel. Wer nicht dort war, hat etwas versäumt. Der betörende Duft von mehr als 300 Rosenstöcken betäubte so manchen Besucher, und dutzende pralle, violettfarbige Zierlauch-Blütenbälle sonnten sich unter unzähligen bewundernden Blicken. "Ich bin der Gärtner, das sind meine Visionen", beantwortete Rainer Kreusel lachend die Fragen nach dem Gestalter der grünen Oase.
Auch Familie Platte hat 1959 "auf Sand gebaut" und führte am Sonntag hunderte von Neugierigen über das weitläufige, weitgehend naturbelassene Gelände, auf dem sich sogar die seltene Sandnelke wohl fühlt. "Unser Klein-Afrika" haben die Plattes ihren gemütlichen Wohngarten getauft. Und das hat einen Grund: Hausherrin Maikano Platte kommt aus Botswana, hat an der Kunstakademie in Stuttgart studiert und ihre handgemachten Skulpturen und Masken - darunter sogar ein "afrikanischer Buddha und ein Schneemann" - überall im Garten aufgestellt.
Oliver Schweikarts Gärtchen mit lebensgroßen Figuren aus Moos und Ton ist klein - aber oho. Wasser und Feuerspiele sind die beherrschenden Elemente. Wenig Platz perfekt genutzt haben Fritz und Sabine Schmidt-Loseries. Hier gedeihen auf einer Minimalfläche Sanddorn, Hechtrose und Korpelkirsche, Pfaffenhütchen, Schlehe und Hasel.
Ein ganz anderes Ambiente, puristisch mit südostasiatischem Flair, versprüht der Hof von Ulrich Sollors und Silke Sauer. Hier wurde nichts dem Zufall überlassen - auch nicht der 1,60 Meter tiefe Designteich ganz ohne klassische Uferzone, dafür mit kristallklarem Wasser, und das einladende "Sommerhaus." Letzteres war mal eine Garage, heute ist es ein gemütliches Plätzchen, an dem man es gut aushalten kann, wenn das Wetter mal wieder verrückt spielt.
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