Interkommunale Zusammenarbeit

Lorsch und Bürstadt teilen sich jetzt eine Fachkraft fürs Archiv

Die Historikerin Julia Metz betreut nun neben Lorsch auch das Bürstädter Gedächtnis hauptamtlich. Warum sie in der Klosterstadt schon länger bekannt ist

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Nina Schmelzing
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Bürgermeister Christian Schönung und seine Bürstädter Amtskollegin Bärbel Schader unterzeichneten gestern den Vertrag zur interkommunalen Zusammenarbeit. Das Bild zeigt sie mit Archivarin Julia Metz und Bürstadts 1. Stadtrat Christoph Lang. © Neu

Lorsch. Zu einer feierlichen Vertragsunterzeichnung hatte die Stadt Lorsch gestern eingeladen. Im Schöffensaal des Stadthauses setzten Bürgermeister Christian Schönung und seine Amtskollegin Bärbel Schader aus Bürstadt ihre Unterschriften unter einen Vertrag über eine neue interkommunale Zusammenarbeit ihrer beiden Städte. Sie betrifft die Archive. Ab sofort werden beide Stadtarchive gemeinsam von einer hauptamtlichen Fachkraft betreut. Julia Metz heißt sie.

In Lorsch ist die junge Frau schon etwas länger bekannt. Seit fast einem Jahr arbeitet die Historikerin im Archiv der Stadt. Sie ist in den Kellerräumen unter dem Museumszentrum in der Nibelungenstraße tätig und am Schreibtisch im Obergeschoss des Gebäudes. Was die Wissenschaftlerin, die gerade an ihrer Promotion sitzt, bislang geleistet hat, wird in Lorsch sehr gelobt. Mit hoher Kompetenz und Leidenschaft sei die gebürtige Mannheimerin, die auch in der Quadratestadt studierte, bei der Sache.

Jahrelang ehrenamtliche Arbeit

Auch in früheren Jahren schon haben sich historisch Interessierte natürlich mit großem Engagement um das Archiv gekümmert. Einen „Riesen-Dank“ schickte Schönung in seiner Rede gestern vor allem an den Lorscher Heimat- und Kulturverein unter dem Vorsitz von Thilo Figaj sowie an die Mitglieder im Archiv wie Winfried Dixkes und dessen Vorgänger, die „sehr viel Zeit ehrenamtlich im Keller“ mit ihrer Arbeit verbracht hatten. Ehrenamtlich aber sei die wichtige Tätigkeit heutzutage nicht mehr leistbar.

Älteste Urkunde stammt von 1535



Amtsbücher, Verträge und Urkunden sind für die Wissenschaft und auch für private Ahnenforscher interessant. Grundsätzlich steht das versammelte Wissen im Stadtarchiv für jeden Interessierten bereit. Sperrfristen für personenbezogene Daten und Datenschutzbestimmungen sind allerdings zu beachten. Wer das Lorcher Stadtarchiv nutzen möchte, stellt einen Nutzungsantrag, in dem er auch die geplante Art seiner Auswertung der Daten angibt – Familienforschung oder Seminararbeit zum Beispiel. Eine Gebühr kann fällig werden.

Seit Julia Metz, Historikerin aus Mannheim, das Lorscher Archiv betreut, sind bereits vermehrt Online-Anfragen registriert worden. Die Weschnitz scheint Forschende derzeit besonders zu interessieren. Ein Student aus Hamburg beschäftigt sich gerade in seiner Masterarbeit mit dem Flüsschen und seiner Geschichte.

Wer in einem Archiv arbeit, hat es natürlich leichter, wenn er Latein- und Französisch-Kenntnisse hat sowie alte Schriften wie etwa Sütterlin lesen kann. Bevor es Rechtschreibregeln gab, konnte zudem jeder schreiben, wie er wollte – auch ohne Punkt und Komma, was das Entziffern eines Textes alles andere als einfach macht.

Das älteste Dokument, das Julia Metz im Lorscher Archiv hütet, stammt aus dem Jahr 1535. Es handelt sich um lose Blätter einer Bachordnung. sch

Diese Überzeugung teilen Schönung und Schader gleichermaßen. Auch die Bürstädter Bürgermeisterin erinnerte an „namhafte Persönlichkeiten“, die sich in ihrer Stadt der Heimatforschung und dem Archiv widmeten: Eugen Schreiber nannte sie unter anderem ebenso wie Theo Held, den Schader als „Lexikon der Stadtgeschichte“ bezeichnete. Die Arbeit sei aber künftig nicht mehr in dieser Form zu stemmen. Die Zukunft liege nun vielmehr in der interkommunalen Zusammenarbeit, unterstrich Schader.

Die Stadtverordnetenversammlungen beider Kommunen haben dem interkommunalen Vorhaben bereits zugestimmt. Eine bestens ausgebildete Vollzeit-Kraft könnten sich weder Lorsch noch Bürstadt leisten. Werden die 39 Stunden flexibel aufgeteilt, ergibt sich dagegen für alle Beteiligten eine win-win-Situation. Beide Städte profitieren vom profunden Fachwissen der jungen Frau, die ihrerseits durch die Vollzeitstelle das gewünschte Auskommen hat und sich zudem auch auf ihre Promotion vorbereiten kann. Eine studentische Hilfskraft arbeitet ihr nämlich zu.

Geld vom Land gibt es für interkommunale Zusammenarbeit obendrein. 50 000 Euro für fünf Jahre nehme man natürlich gerne mit, machte Bürgermeister Schönung deutlich. Eine weitere interkommunale Zusammenarbeit im IT-Bereich pflege Lorsch unter anderem mit Einhausen, erinnerte er.

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Kooperation mit der Universität

Die Arbeit von Julia Metz in Lorsch hat bereits dazu beigetragen, dass das Lorscher Archiv auch außerhalb der Stadtgrenzen an Bekanntheit gewonnen hat. Eine Kooperation der Stadt Lorsch mit dem Historischen Institut der Uni Mannheim hat zum Beispiel dafür gesorgt, dass Mannheimer Studenten gemeinsam mit ihrem Professor bereits das Archiv in der Klosterstadt besucht und Praxistage dort zugebracht haben.

Im „Gedächtnis der Stadt“ werden Geburtsurkunden ebenso wie Amtsbücher, Verträge und Protokolle von Gremiensitzungen aufbewahrt. Trotz Digitalisierung müssen viele Dokumente auch weiterhin in Papierform aufgehoben werden. Um das Archiv zu entlasten, dem schließlich kein unbegrenzter Raum für alles, was jetzt und noch in Zukunft aufhebenswert erscheint, zur Verfügung gestellt werden kann, hat Julia Metz zuletzt ein bisschen Platz geschaffen.

Platz schaffen muss sein

Von Broschüren, die in mehrfacher Ausstattung vorhanden waren sowie von Papieren, die zum Beispiel Mittelbeschaffungen für Büromaterial dokumentieren, habe man sich getrennt, berichtet die 28-Jährige.

Auch der Vertrag, der gestern in Lorsch unterzeichnet wurde, wird einmal im städtischen Lorscher Archiv von historisch Interessierten zu finden sein. Wie viele andere Dokumente auch aber üblicherweise erst nach einer vorgegebenen Frist von 30 Jahren.

Redaktion

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