Lorsch. Gern bezeichnet sich Lorsch als familienfreundliche Kommune, und das auch mit gutem Grund. Immerhin neun Kinderbetreuungseinrichtungen – Kitas und Krippe – gibt es in der Stadt. Zusätzlich eine große Zahl von Tagespflegepersonen: 29. „Wir freuen uns sehr, dass wir in Lorsch sehr viel Nachwuchs haben“, heißt es daher jetzt auch in einem Brief der Stadt an einige Eltern, die ihr Kind in einer Kindertagesstätte angemeldet haben. Bitter ist allerdings: das scheinbar üppige Angebot reicht schon im nächsten Jahr nicht mehr aus.
Nibelungenhalle auf Platz eins
Im Anschluss an den Kultur- und Sozialausschuss tagt heute (11.) der Haupt- und Finanzausschuss. Peter Velten wird die öffentliche Sitzung um 20 Uhr im Paul-Schnitzer-Saal eröffnen.
Fünf Punkte stehen für die Gremiumsmitglieder auf der Tagesordnung. Zum Auftakt geht es um das Stadtmarketingkonzept für das unter anderem eine neue Struktur mit Lenkungskreis und themenbezogenen Arbeitsgruppen beschlossen werden soll. Auch sollen Gelder für ein „proaktives“ Leerstandsmanagement bereitgestellt werden.
Der Finanzausschuss wird sich zudem mit der Priorisierung der Maßnahmen im Förderprogramm „Lebendige Zentren“ befassen. Die energetische Sanierung und Modernisierung steht da an erster Stelle. In der Sitzung des Bauausschusses vorige Woche gab es engagierte Diskussionen dazu und letztlich keine einstimmige, sondern nur einen mehrheitlichen Beschluss für das geplante Bauprogramm. Der Magistrat hat unter anderem auch die Modernisierung der Kita St. Nazarius, das neue Gemeindezentrum am Wingertsberg und die Modernisierung von Haus der Vereine und Giebauer Haus auf die Prioritätenliste gesetzt.
Beschließen wird der Ausschuss auch über das weitere Vorgehen bei den Förderprogrammen wie etwa „Lorsch fährt E“, die stark nachgefragt oder bereits aufgebraucht sind. Um eingegangene Anträge noch zu bedienen, könnten Mittel für die ebenfalls viel diskutierte Erweiterung des Wohnmobil-Parkplatzes abgeplant und neu veranschlagt werden. sch
Fehlbedarf von rund 40 Plätzen
Als „absolut erforderlich“ wird die Schaffung weiterer Betreuungsplätze bei Magistrat und Verwaltung gesehen, und zwar sowohl für Kindergartenkinder als auch für Kleinkinder unter drei Jahren (U3). Ab Januar stehen jedenfalls, wenn nicht gehandelt wird, nur noch vereinzelt Plätze zur Verfügung. In den Monaten bis Juli 2024 wird mit einem Fehlbedarf von rund 40 Ü3-Plätzen gerechnet. Der Mangel an Betreuungsplätzen ist heute (11.) Thema für den Kultur- und Sozialausschuss.
Die öffentliche Sitzung unter Vorsitz von Christian Walter beginnt um 19.30 Uhr. Gremiumsmitglieder und Zuhörer sind dazu im Paul-Schnitzer-Saal willkommen. Beschlossen werden soll heute, dass für zwei sogenannte „Übergangsgruppen“ Container aufgestellt werden. Zudem sollen Arbeiten für einen viergruppigen Kita-Neubau beginnen.
Die letzte große Kita ist dabei erst vor gut drei Jahren gebaut worden, mehr als 120 Plätze entstanden in der Dieterswiese. Zudem wurde in der jüngeren Vergangenheit die Kita in der Viehweide erweitert – und auch den „Waldkindergarten“ am Depot gibt es erst seit 2017. Wie kann es also schon wieder zu einem Mangel kommen und zu Briefen, in denen Eltern mitgeteilt wird: „Leider können wir ihnen zum jetzigen Zeitpunkt keinen Betreuungsplatz anbieten“?
Es sind mehrere Gründe, die zusammenkommen und das Problem verursachen. Die wichtigsten sind: Lorsch wächst und es gibt zudem immer mehr „Integrationskinder“, also Kinder mit einem besonderen Förderbedarf. Werden Kinder mit einer Behinderung, mit Verhaltensauffälligkeiten oder mit einer drohenden Behinderung in einer Kita aufgenommen, muss die Zahl der weiteren Betreuungsplätze in ihrer Gruppe reduziert werden.
Immer öfter 1:1-Betreuung
Häufig benötigen Integrationskinder eine 1:1-Betreuung, heißt es in Lorsch, es entsteht in den Gruppen eine erhebliche Mehrbelastung für das Personal. Eine Kindergartengruppe darf bei der Aufnahme von Kindern mit Behinderung dann nicht mehr als maximal 20 Plätze anbieten. Auch in der Krippe reduziert sich die Zahl von den zuvor üblichen Plätzen, wenn ein Kleinkind mit Integrationsbedarf aufgenommen wird. Das ist so vorgeschrieben.
Dass Lorsch wächst, ist schon seit Jahren sichtbar. Wie viele junge Familien in kurzer Zeit dazukamen, war so allerdings für viele offenbar nicht absehbar. Die Flüchtlingszahlen und der Familiennachzug sind hier die Stichworte. Die Neu-Lorscher haben ebenso einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz wie alle anderen – und sie wollen das Angebot gerne wahrnehmen, wie die bisherige Praxis zeigt.
„Rassistische Äußerungen“
Leider habe es auf die Elternbriefe, in denen die Verwaltung über Absagen informierte, einige Anrufe von Eltern gegeben, die ihr Unverständnis über die Situation mit „zum Teil rassistischen Äußerungen“ zum Ausdruck brachten, bedauert die Verwaltung.
Aus den Flüchtlingsunterkünften wird laut Verwaltung eine „hohe Nachfrage“ nach Betreuungsplätzen registriert. Das ist mit Blick etwa auf raschen Erwerb der deutschen Sprache sicher sinnvoll. Mehr als 70 von ihnen haben derzeit bereits einen Anspruch auf einen Betreuungsplatz und die Zahl der Flüchtlinge wird durch Direktzuweisungen weiter steigen. Grundsätzlich nimmt außerdem die Zahl aller Eltern zu, die ihr Kind schon vor dem früher üblichen Kindergartenalter von drei Jahren betreuen lassen wollen. Eine U3-Betreuung ab einem Alter von zwei oder erst einem Jahr der Kleinkinder ist oft längst der Normalfall.
Drei Jahre aus dem Berufsleben auszusteigen, um daheim ein Kind zu betreuen, kann sich zum einen nicht jeder leisten. „Eltern erkennen zunehmend den Wert frühkindlicher Bildung und möchten sicherstellen, dass ihre Kinder bereits in jungen Jahren gefördert werden“, weiß man bei der Lorscher Stadtverwaltung außerdem.
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Das Dilemma um fehlende Kita-Plätze wird noch verstärkt durch den Fachkräftemangel in den Einrichtungen, der auch in Lorsch bemerkbar ist. Auch gibt es langfristig offenbar weniger Tageseltern.
Um den Rechtsanspruch auf eine Betreuung in der Kita auch künftig erfüllen zu können, soll ab Januar die erste Übergangsgruppe eingerichtet werden, ab März oder April 2024 rechnet man mit dem Muss für eine zweite. Auch zwei neue Krippengruppen für Kinder unter drei Jahren werden gebraucht.
Standorte, um die Container für die Ü3-Betreuung aufzustellen, sind rar. Das Areal vor dem Jugendzentrum ist zu klein. Im Depot, dort war in der Vergangenheit bereits einmal eine Notgruppe untergebracht, wird der Raum inzwischen anderweitig genutzt. Auch das Angebot, einen Platz in einer Nachbarkommune zu nutzen, wurde wieder verworfen.
Nun soll es auf einem unbebauten Grundstück nahe der Kita Wiesenkinder in der Dieterswiese gelingen, Container für einen zweigruppigen Kindergarten aufzustellen. Die Container sollen möglichst bis zur Fertigstellung eines Kita-Neubaus genutzt werden können.
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