Lorsch. Moritz Schumacher hat die Theke hochgeklappt. Er hat seine Klosterbar in Lorsch geschlossen. Am Kerwemontag hat er die letzten Cocktails nahe der Königshalle ausgegeben. Nicht, weil er das so wollte, hört er jetzt auf, sondern weil sich für die Klosterbar, zuletzt provisorisch in einer der städtischen blauen Buden eingerichtet, bislang kein passender dauerhaft fester Standort in der Stadt gefunden hat.
Mehr als 1000 Bergsträßer unterstützten das Projekt
Dass nun Schluss ist, bedauern fast alle Lorscher – und auch zahlreiche Gäste von außerhalb. Die Klosterbar war ein Publikumsmagnet für die Innenstadt und bei Besuchern sehr beliebt. Um die Cocktailbar zu erhalten, hatte es sogar eine Unterschriften-Aktion gegeben. Mehr als tausend Namen standen auf der Liste, die sich für einen Verbleib in Lorsch aussprachen.
Die Zukunft der Klosterbar war in Lorsch über Monate Stadtgespräch, zuletzt hatte sie Marion Walter in ihrer Rolle als Tabaknäherin am Wochenende in ihrer Kerwerede thematisiert.
Höchste Anerkennung für die Arbeit von Moritz Schumacher äußerten gestern Nachmittag auch Bürgermeister Christian Schönung und der Geschäftsführer der Entwicklungsgesellschaft Lorsch (EGL), Matthias Herbener. Man habe den 32-Jährigen unbedingt in der Stadt halten wollen, erklärten sie. Unter anderem eine Klage aber ist dafür verantwortlich, dass sich die Vorstellungen für die Klosterbar nicht so erfüllten, wie zunächst gedacht. Auch wenn es jetzt nicht geklappt habe, könnte es aber dennoch eine Neuauflage zu einem späteren Zeitpunkt geben, zeigten sie sich hoffnungsvoll.
Auch Moritz Schumacher gab sich gestern optimistisch. Sobald sich die geeignete Gelegenheit ergebe in Lorsch, sei er wieder da, sagte er. Vorstellbar sei dann vielleicht eine Klosterbar 2.0. In Lorsch habe es ihm nämlich ausnehmend gut gefallen. Die Zeit im Zentrum sei „cool“ gewesen und die Lorscher seien „super drauf“, unterstrich er. Sogar mit Geschenken zum Geburtstag hätten ihn Gäste überrascht.
Auf unbestimmte Zeit untätig abwarten, bis sich der ideale Standort anbiete, könne er sich aber nicht erlauben, machte der junge Geschäftsmann klar. Für die kommenden Monate werde er deshalb andernorts in der Gastronomie tätig sein. Er habe bereits mehrere Angebote, sagte Schumacher, der aus Einhausen stammt und momentan in Darmstadt wohnt.
Schönung: Wir sind traurig
Dass der junge Mann kein unkalkulierbares Risiko eingehen wolle, dafür zeigten auch Bürgermeister Schönung und Matthias Herbener vollstes Verständnis. „Wir sind traurig“, sagte Schönung zum Weggang Schumachers, aber selbstverständlich müsse der Gastronom als Kaufmann sein wirtschaftliches Überleben sichern.
Moritz Schumacher habe der Stadt in einer schwierigen Lage geholfen, erinnerte Schönung, der ihm „herzlich Dankeschön“ sagte. Als die Stadt die ehemalige Pizzeria in der Ortsmitte erwarb mit dem Ziel, diese abzureißen und dort einen attraktiven Neubau für Wohnungen und eine gewerbliche Nutzung in Klosternähe zu realisieren, habe Schumacher dafür gesorgt, dass sich der Platz nicht zu einer toten Stelle entwickelte. Im Gegenteil. Der Gastronom, der im Ausland durch seinen Bruder von dem geplanten Abriss gehört hatte, bewarb sich darum, eine Cocktailbar als Pop-up-Betrieb dort einzurichten. Er überzeugte die EGL – und der anschließende Erfolg war enorm.
Die Cocktailbar, die baustellenbedingt nur einen Außenausschank wie ein Kiosk hatte, kam hervorragend an. Die Nachfrage nach den Getränken, die Moritz Schumacher gekonnt und charmant mixte, war groß und viele Besucher genossen die besondere Atmosphäre mit Blick auf die Weltererbestätte. Den Mietvertrag habe man mit ihm deshalb sogar noch verlängert – aber irgendwann war der Abriss des maroden Gebäudes eben doch gekommen.
Gemeinsam habe man nach Möglichkeiten gesucht, Schumacher und seine Bar andernorts in Lorsch zu halten, rief Schönung gestern in Erinnerung, Objekt für Objekt sei man durchgegangen. Schumacher selbst habe eine Chance einige Meter von der Torhalle entfernt in der Bahnhofstraße Ecke Süßkindgasse gesehen. Er hatte bereits Pläne für einen Umbau der Immobilie, die zuletzt als „Unverpackt“-Laden und als „Raum der Wünsche“ bekannt war.
Auch der Eigentümer habe ihn freundlich und unkompliziert unterstützt in dem Vorhaben, das Haus zu verändern und etwa mit einer Außenterrasse zu versehen. Die Stadt hatte dann testweise die Süßkindgasse für den Autoverkehr gesperrt. Ein einzelner Lorscher, der Lärmbelästigung befürchtete, hatte dagegen aber Klage eingereicht. Wegen der Rechtsunsicherheit und dem „langen Prozess“, der um das Vorhaben, die Klosterbar an dieser Stelle zu verwirklichen, in Folge auch in den städtischen Gremien zu erwarten gewesen sei, habe der Gastronom von dem Projekt dort dann wieder Abstand genommen, so Schönung. Auch für die nun vorgenommene „Notbremse“ habe der Eigentümer Verständnis gehabt.
Auch im Winter war Betrieb
Übergangsweise hatte Schumacher seine Klosterbar dann aus einer der blauen Buden der Stadt betrieben, die im Lorbacher Hof am Benediktinerplatz aufgestellt war. Auch dorthin folgte ihm das Publikum, das ihm auch den gesamten vorigen Winter während der Außengastronomie die Treue gehalten hatte. Schumacher hatte genügend kreative Ideen auch für Heißgetränke, die draußen gefragt waren.
Und nun? Jetzt hoffen viele, dass sich eine „Klosterbar 2.0“ in dem Neubau ansiedeln lässt, der auf dem Areal der ehemaligen Pizzeria entsteht. Auf ein Datum, wie lange es dauert, bis das Haus fertig ist, darauf will sich derzeit natürlich noch niemand festlegen lassen. Die Bauvoranfrage immerhin ist bereits genehmigt, die Bodenplatte schon in Vorbereitung – und die Archäologen haben bislang keine sensationellen Funde gemacht.
Dass in unmittelbarer Nähe der Königshalle Schätze aus der reichen Lorscher Klostergeschichte unter der Erde schlummern könnten, das hatte mancher angenommen. Es wäre ein Grund, warum sich der Neubau lange hinziehen könnte. Nach derzeitigem Sachstand könnte es offenbar doch schneller gehen mit den Einzügen.
Schönung und Herbener überreichten Schumacher zum Abschied eines der neuen Lorsch-Memoryspiele, damit er die Stadt nicht vergesse. Er habe Lorsch weiter auf dem Schirm, versicherte seinerseits der Gastronom, er sei gut unterstützt worden. Die Kontaktadressen, die schon ausgetauscht waren, wurden gestern noch einmal auf Richtigkeit überprüft. Vielleicht, so hieß es, könnte es auch bevor es hoffentlich zu einer festen Adresse für die Klosterbar 2.0 komme, gelegentlich einmal mobile Klosterbar-Auftritte geben. Anlässe gäbe es genug, die EGL etwa bereitet sich in Kürze auf ihr 25-jähriges Bestehen vor. Eine gute Anregung, befand Schumacher.
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