Lorsch. Viele Jahre lang haben unzählige Familien sehnlich darauf gewartet, dass die Raumnot am Wingertsberg ein Ende hat und Lorsch die dringend benötigte zweite Grundschule erhält. Jetzt endlich kommt sie. Gestern wurde der erste Spatenstich gesetzt. „Grundschule Marie Curie“ wird sie heißen und sie soll zum kommenden Schuljahr 2026/27 bereits fertig sein.
Landrat: „Eine kleine Sensation“
Wie besonders der Neubau ist, das machte Landrat Christian Engelhardt in einer längeren Ansprache gestern im Lagerfeld deutlich. Dass eine komplett neue Schule gebaut wird, das hat es im Kreis Bergstraße nämlich seit mehr als 20 Jahren nicht mehr gegeben. Zuletzt war das mit der Schule in den Kappesgärten Bensheim der Fall. Von einem sehr seltenen Ereignis und einer „kleinen Sensation“ sprach Engelhardt deshalb.
Knapp 31 Millionen Euro werden in den Neubau investiert, der direkt neben der Lorscher Haupt- und Realschule entstehen wird. Werner-von-Siemens-Schule und die Marie-Curie-Grundschule würden einen neuen Lernort mitten in der Wohnbebauung bilden, für den kein Wald gerodet werden musste. An der Kiefernstraße könnten Kinder und Jugendliche beider nach berühmten Wissenschaftlern benannten Schulen von der Nähe zueinander profitieren, hob nicht allein Alexander Böhm, Leiter der Siemens-Schule hervor. Auch für die Stadtgesellschaft werde die Neugründung ein Gewinn sein.
Die neue Grundschule wird auf dem früheren Sportfeld der Haupt- und Realschule errichtet. Gerade erst hat die Baustelleneinrichtung begonnen, dass die Schule trotzdem sehr schnell betriebsbereit sein wird, liegt an der Modulbauweise. Bürgermeister Christian Schönung erinnerte in seiner Rede gestern daran, dass Lorsch bereits gute Erfahrungen damit habe und verwies auf den in ähnlicher Weise erfolgten kommunalen Kindergartenbau vor sechs Jahren. Dieser habe genau die Erwartungen erfüllt.
Vier Lernhäuser entstehen für die Klassengruppen
Längst sei die Wingertsberggrundschule über ihre Kapazitätsgrenze gewachsen, räumte der Landrat ein. 157 Erstklässler wurden im August dort neu aufgenommen – in sieben ersten Klassen. Ab dem Schuljahr 2025/26 sollen die Grundschüler recht gleichmäßig auf die dann zwei Standorte aufgeteilt werden. Bei den jüngsten Einschulungen wurden die Kinder bereits nach Klassen der Süd- beziehungsweise Nord-Wohngebiete eingeteilt.
Der Neubau wird vierzügig sein, barrierefrei mit Aufzug und in der sogenannten Holzrahmenmodulbauweise ausgeführt. Gründach, Fotovoltaikanlagen und Luft-Wasser-Wärmepumpe gehören für die Schule dazu, die zweigeschossig in U-Form entsteht.
Vier Cluster, Lernhäuser genannt, für die Klassengruppen entstehen. Sie werden um offene Lernräume gruppiert. Keine langen Flure, sondern „Raum zum Denken“ soll es geben. Bei einem Schulbau heute werde zuerst an die Pädagogik gedacht, dann an die Architektur, erläuterte Engelhardt. Raumnot, sagte er, sei nicht nur eine bauliche Herausforderung, sondern wirke sich auch auf die pädagogische Qualität und die Entwicklungschancen der Kinder aus.
Weil Kinder, die ab dem Schuljahr 2026/27 eingeschult werden, zudem einen Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung haben, werden viele von ihnen künftig mehr Zeit auch nachmittags dort verbringen. Eine moderne Lernumgebung ist deshalb besonders wichtig, waren sich die Redner gestern einig. Jutta Rothfritz, Leiterin der Wingertsbergschule und Mitglied der Steuergruppe der neuen Schule, erklärte, Kinder könnten „nur in einer positiven Lernumgebung ihre Talente entdecken und herausfinden, wo ihre Stärken liegen“.
Kinder wie Experten wünschen einen Lernort zum Wohlfühlen
Die Rektorin hatte auch die Wingertsbergschüler nach den Wünschen für die neue Schule gefragt. Nette Lehrer sollte es dort geben, einen großen Pausenhof, eine Bücherei und eine Turnhalle, lauteten ihre Antworten. Kurz gesagt: eine Schule zum Wohlfühlen, berichtete Jutta Rothfritz.
Naturwissenschaftler wie Marie Curie, der er „Mut, Intelligenz und Entdeckergeist“ bescheinigte, machten das Leben für viele Menschen besser, unterstrich Landrat Engelhardt. Die brillante Physikerin und Chemikerin – zudem einzige Frau mit zwei Nobelpreisen – sei ein ideales Vorbild und als Namensgeberin einer Schule bestens geeignet. Geld, das in Bildung investiert werde, komme vielfach zurück – „in klugen Köpfen, in starken Persönlichkeiten, in einem Zusammenhalt, der unsere Gesellschaft trägt“, so Engelhardt.
Die neue Grundschule ermögliche es der Wingertsbergschule, sich künftig dauerhaft auf nur vier Züge zu begrenzen und sich auf ihr pädagogisches Profil zu konzentrieren, sagte der Landrat. Wenn die Wingertsbergschule modernisiert ist, könnten auch die übergangsweise errichteten Module dort wieder zurückgebaut werden. Bis zum Schuljahr 2029/30 seien in Lorsch weiterhin sechs bis sieben Züge in der Primarstufe zu erwarten. Insgesamt seien die Bergsträßer Schülerzahlen in zehn Jahren um etwa 30 Prozent gestiegen. Zusätzlicher Raum sei also nötig.
Schulband der „Werner" untermalte den Spatenstich
Noch gibt es weder das neue Schulgebäude noch Pädagogen und einen Schulleiter. Die Urkunde überreichte Landrat Engelhardt deshalb an Timo Helwig-Thome, der sie als Vertreter des Staatlichen Schulamts entgegen nahm. Er berichtete vom jahrgangsübergreifenden Lernen, dem individualisierten Lernen, den Partizipationsmöglichkeiten an modernen Schulen und dem „Raum als dritten Pädagogen“.
Auf dem „wachsenden Bildungscampus“ werde auch das Miteinander gefördert, zeigte sich Projektleiter David Brinkmann von der Saint Gobain Brüggemann Holzbau GmbH überzeugt. Der Neubau in Lorsch setze durch Holz als zentralen Baustoff „ökologische Maßstäbe“.
Die Schulband der „Werner“ unter Leitung von Martin Maurer umrahmte die Feierstunde zum Spatenstich und der Einweihung des neuen Sportfeldes musikalisch und erhielt viel Beifall. Zu den Teilnehmern der Feierstunde, die applaudierten, gehörte unter anderem auch Kreisbeigeordneter Philipp-Otto Vock, der die Siemens-Schule über 20 Jahre lang leitete und 2013 in den Ruhestand ging.
Die neue multifunktionale Sportfläche, die gestern ebenfalls an der Siemens-Schule eingeweiht wurde, umfasst 450 Quadratmeter, und bietet sich für Fußball-, Handball- und Basketballspiele an. Sie wurde als Ersatz gebaut, weil auf dem früheren Spielfeld künftig die neue Grundschule steht. Versehen ist das Feld mit einem vier Meter hoher Ballfangzaun, Beleuchtung auch in den Wintermonaten und weichem Kunststoffbelag. Die neue Grundschule werde ebenfalls eine eigene Sportfläche erhalten, so Landrat Christian Engelhardt. „Wir sichern Sport und Bewegung als Kern von Bildung“, erläuterte er und versprach, dass sich die Schüler in Lorsch „auspowern“ könnten. Lorsch sei „ein wichtiger Bildungs- und Sport-Standort“.
Siemens-Schulleiter Böhm wies darauf hin, dass das Spielfeld auch nachmittags geöffnet bleiben soll. Jeder darf es nutzen, wenn er sich an die Regeln hält: keinen Müll hinterlässt, keinen Alkohol mitbringt und auf Musikbeschallung dort verzichtet. sch
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