Lorsch. Jetzt werden wieder allerorten Oktoberfeste gefeiert. Denn wie schön das ist, weiß man längst auch außerhalb der bayerischen Landeshauptstadt. Dort wird das Original heute (20.) fast zeitgleich zur Lorscher Kerb eröffnet – und die meisten Besucher ziehen sich dazu nach bayerischer Tradition passend an. Das heißt: Sie kommen in Tracht.
Ein Dirndl muss sitzen, vor dem Kauf sollte man es anprobieren
Dirndl und Lederhosen haben in den vergangenen Jahren einen enormen Aufstieg erlebt und sind beliebt wie nie. Auch junge Leute haben sie für sich entdeckt. Sie kombinieren zünftig-fesche Kleidungsstücke nach Herzenslust mit modernen Teilen, denn trachtenmäßig ist inzwischen alles erlaubt. Wo aber jetzt noch auf die Schnelle ein Dirndl oder eine Krachlederne herbekommen? Wer keine Online-Einkäufe mag, kann es bei Gerda Brunnengräber versuchen. Sie hat in Lorsch einen großen Fundus. Ein Dirndl muss sitzen, man sollte es also unbedingt vorab anprobieren und nicht auf gut Glück ordern.
Mehr als 20 Jahre lang hat Brunnengräber einen Kostümverleih unter dem Namen „Fundus“ in der Biengartenstraße betrieben. Gut 2000 verschiedene Outfits hatte sie vorrätig. In wenigen Wochen wird sie ihn nun schließen. Spätestens am 31. Oktober ist Schluss. „Unumstößlich“, wie die Lorscherin mit Blick auch auf ihr Lebensalter unterstreicht. Mit 70 genießen die meisten Menschen doch schon längst ihre Rente.
Viele ihrer enormen Zahl von Fastnachtskostümen hat Gerda Brunnengräber bereits in der ersten Hälfte des Jahres abverkauft. Als Pirat oder Prinzessin, als Asterix, Caesar ober Biene Maja konnte man sich bei ihr einkleiden. Auch zahlreiche Masken und Hüte hatte sie stets vorrätig, dazu Kronen, Perücken, Federboas sowie originale Matrosenkleidung von der Nordsee. Unter anderem die Theaterspielgemeinschaft wusste ihr Angebot immer zu schätzen. Auch bei denjenigen, die gerne Motto-Partys ausrichten, war ihre Adresse gefragt.
Bis Ende Oktober sollen nun aber auch die Dirndl und Lederhosen möglichst alle weg sein. Sich von der Tracht zu trennen, ist der Lorscherin anfangs nicht so leicht gefallen, denn sie hat von Kindheit an ein Faible für Folklore, liebt den alpenländischen Kleidungsstil sehr und trägt ihn auch selbst ausnehmend gern.
Kleidung, die auch mehrere Waschgänge gut übersteht
Brunnengräber hat in ihrem Angebot auf Qualität Wert gelegt. „Welche Fastnachtskostüme kann man heute noch waschen?“ Billig zusammengenähte Verkleidungen sind üblicherweise schon nach wenigen Waschgängen verzogen oder kaputt. Das war bei „Fundus“-Ware nicht der Fall.
Für die Landhausmode gilt das ebenfalls. Bei Gerda Brunnengräber kann man noch Kniebundhosen und Dirndlschürzen aus den 1970erJahren finden und Janker aus schwerem Stoff, keine schnell produzierten Imitate aus Fernost.
Passendes für Kita-Kinder wie für gestandene Herrschaften
„Von Größe 56 bis 56 ist alles da“, pflegte die „Fundus“-Inhaberin zu sagen. Denn von der Babygröße 56 über die rote Lederhose für Kindergartenkinder bis zu Gewändern für gestandene Herrschaften in Konfektionsgröße 56 beziehungsweise XXL hatte sie Passendes zur Hand.
„Spaßdirndl“, die von der Trägerin nur einmal angezogen wurden, weil sie nicht ihrem Stil entsprechen und edle Trachten haben sich bei der Lorscherin versammelt. Zu ihren persönlichen Lieblingsstücken gehörte ein Samtbrokat-Dirndl, gefertigt in den 1950er-Jahren.
Zu fast jedem ihrer Kleidungsstücke könnte sie Geschichten erzählen, sagt Gerda Brunnengräber. Sie räumt ein, dass ihr die vielen netten Gespräche mit ihren Kunden künftig wohl fehlen werden.
Donnerstags, freitags und samstags ist der „Fundus“ jeweils noch für einige Stunden geöffnet. Kurz vor dem letzten Verkaufstag will Brunnengräber ein Abschiedsfest für ihre Kunden ausrichten und mit Sekt auf die vergangene und neue Zeit anstoßen.
Falls einige der Kleidungsstücke bis Ende Oktober keine neuen Träger gefunden haben sollten, wird die Lorscherin, die in der Pfarrei St. Nazarius stark kirchlich engagiert ist, sie für wohltätige Zwecke weitergeben. In der diesjährigen Adventszeit wolle sie mit dem „Fundus“, dessen Grundstock einst ihre Schwiegermutter Irmgard Brunnengräber legte und der ihr so viel Freude bereitete, abgeschlossen haben, hat sich Gerda Brunnengräber als Ziel vorgenommen.
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