Geselligkeit

Es geht um große Politik, das Ortsgeschehen und um Humor

Der Lorscher Stammtisch „Harmonie“ feiert sein 50-jähriges Bestehen.

Von 
Nina Schmelzing
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Ein Bild aus den Anfangsjahren der „Harmonie“. © Harmonie

Lorsch. Das Jahr 1973 ist schon lange her. Willy Brandt war Kanzler, Deutschland amtierender Fußball-Europameister und im Radio dudelten „Ich wünsch‘ mir ’ne kleine Miezekatze“ von Wum und „Der Junge mit der Mundharmonika“ von Bernd Klüver als Nummer-Eins-Hits. In Lorsch war Georg Werner Bürgermeister, die Werner-von-Siemens-Schule nahm ihren Betrieb auf und einige Lorscher beschlossen, einen Stammtisch zu gründen. „Harmonie“ nannten sie ihn. Und obwohl 1973 schon so lange her ist – die Stammtisch-Runde trifft sich noch immer.

Ihr 50-jähriges Stammtisch-Bestehen können die Teilnehmer der „Harmonie“ jetzt feiern. Dass sich eine nicht durch Vereinsstrukturen zusammengehaltene Gruppe als so langlebig erweist, das hätten wohl auch die Gründer damals nicht zu träumen gewagt. Zehn Lorscher, vorwiegend Handwerksmeister, waren es, die ihre „Harmonie“ 1973 ins Leben riefen.

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Als Gründer und langjährige Mitglieder sind viele bekannte Lorscher verzeichnet. Anton Bohrer, Otto Brunnengräber, Hermann Schmitt, Valentin Fischer, Ludwig Levasier, Anton Griesemer, Valentin Eberle, Helmut Rupp, Gerd Otto, Willibald Schütz, Richard Henkes, Walter Stiller, Günter Schmitt, Heinrich Helwig und Gerd Freiber sind zu nennen. Auch die ersten Wirtsleute Hermann und Eva Maiberger gehören dazu.

Von ihnen stammt schließlich auch der Name. „Harmonie“ heißt die Lorscher Runde nicht deswegen, weil man stets nur in trauter Harmonie zusammensitzen wollte. Getauft wurde der Stammtisch vielmehr nach dem damaligen Gasthaus der Maibergers in der Biengartenstraße, das hieß „Harmonie“. Dort sollten aus den zufälligen alsbald regelmäßige Zusammenkünfte werden. Der Stammtisch war geboren.

„Ereignisreiche und unvergessliche Stunden“, so beschreiben die Stammtisch-Mitglieder rückblickend ihre gemeinsame Zeit. Bei den Treffen – sie fanden jahrzehntelang immer montagabends statt – wurde über das Ortsgeschehen ebenso wie über die große Politik debattiert. „Jeder wusste was Neues“, erinnern sich langjährige Mitglieder, die in Lorsch gut sehr vernetzt waren und sich über alles austauschen konnten.

Treffen in der „Bierbörse“

Als die Wirtsleute Maiberger starben, die Gaststätte geschlossen wurde, suchte die „Harmonie“ ein neues Domizil und fand es schnell in der „Bierbörse“. Das traditionsreiche Lokal in der Hirschstraße, geführt von Gerd und Walburga „Walli“ Schenk, blieb lange Jahre die Heimat der „Harmonie“. Jetzt wurde hier über Politik diskutiert und es wurden zur allgemeinen Erheiterung viele Witze – gerne auch Kalauer – erzählt. Aber auch für die „Bierbörse“ war irgendwann Schluss. 2012 wurde das beliebte Lokal abgerissen.

Erneut wurde somit ein Umzug nötig. Die „Harmonie“-Teilnehmer entschieden sich für das gleichfalls sehr traditionsreiche Gasthaus „Zum Lamm“ als neues Stammlokal. Dass sie bei Heidi und Peter Straub im Gasthaus in der Bahnhofstraße untergekommen sind, bezeichnen die Stammtischler als einen „Glücksgriff“.

Die Mitglieder Günter Schmitt, Rolf Brand, Walter Stiller, Otto Brunnengräber, Hermann Schmitt, Konrad Ludwig, Fritz Eberle und Andreas Löffel. © Neu

Veränderungen hat die „Harmonie“ in den vergangenen fünf Jahrzehnten einige erlebt. Aus dem Montags-Stammtisch wurde – passend zu den Wirtshausöffnungen – ein Dienstagsstammtisch. Statt wie einst um 20 Uhr treffen sich die rüstigen Herren heute mit Rücksicht auf ihr Alter und das dazugehörige Ruhebedürfnis inzwischen bereits um 18 Uhr. Während man früher bis in die Nacht hinein die Stammtisch-Unterhaltung pflegte, sind viele jetzt gern zur Fernsehabend-Zeit daheim. Und Humor ist wichtiger geworden als politische Diskussionen.

Die Runde hat sich über die Jahre als flexibel und anpassungsfähig erwiesen. Weil sich die Stammtisch-Teilnehmer nicht nur am Wirtshaustisch gut verstanden, wurden auch gemeinsame Ausflüge unternommen. Es ging unter anderem an die Mosel, in die Pfalz, nach Duisburg und nach Hamburg, erzählt Gründungsmitglied Herman Schmitt. Zu besonderen Anlässen haben die Stammtischler auch ihre Frauen immer eingeladen, zum Weihnachtsessen etwa. Viele Grillfeste und Geburtstage wurden zudem im Garten von Hermann Schmitt gefeiert. Das erste Stammtisch-Jubiläum wurde im Oktober 1983 begangen.

Im Laufe der 50 Jahre sind einige Stammtisch-Mitglieder bereits gestorben, bedauert die Runde. Die „Harmonie“ konnte aber auch manches neue Mitglied begrüßen. Im Jubiläumsjahr ist der jüngste Teilnehmer 28 Jahre alt, auch ein Viernheimer gehört der Lorscher Runde an.

Gut gelaunt nach Hause gehen

Nie sei man ernsthaft in Streit geraten, heißt es nicht ohne Stolz. Die Mitglieder freuen sich, wenn sie vom Stammtisch „gut gelaunt nach Hause gehen“.

Ihr Wunsch für die Zukunft? „Wir hoffen, dass wir noch ein paar schöne Jahre zusammen mit unseren Stammtisch-Freunden verbringen können“, so die „Harmonie“, der im Jahr 2023 Otto Brunnengräber, Hermann Schmitt, Walter Stiller, Rolf Brand, Konrad Ludwig, Fritz Eberle, Günter Schmitt, Max Beutelspacher und Andreas Löffel angehören.

Schmitt und Eberle teilen abgesehen vom Stammtisch auch die Erinnerung daran, beide Mitglied der legendären Lorscher Band „Blackies“ gewesen zu sein. Aber das ist eine andere Geschichte, über die noch gesondert zu berichten ist.

Redaktion

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