Schulstart

Vor dem Schulstart: Lücken lassen sich jetzt noch schließen

Eine Ärztin informierte in Lorsch über den Test für künftige Erstklässler.

Von 
Nina Schmelzing
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Schulreife erfordert einige Kompetenzen: Anstrengungsbereitschaft etwa. © dpa

Lorsch. Was sollten Kinder können, wenn sie in die Schule kommen? Eine Vielzahl von Fähigkeiten ist nötig. Es handelt sich um Kompetenzen, die nicht jedem gleich auf Anhieb einfallen würden. Es gehört jedenfalls weit mehr dazu, als vielleicht schon seinen Vornamen schreiben zu können: Ausdauer, Anstrengungsbereitschaft, Geduld, Konzentrationsfähigkeit und Selbstvertrauen beispielsweise. Das zeigte jetzt Dr. Katrin Buchholtz auf. Die Ärztin informierte Eltern, deren Kinder im August nächsten Jahres Erstklässler werden.

Aufgaben zu Ende bringen

Die gute Nachricht: Frühenglisch oder andere besondere Kenntnisse sind für einen gelingenden Start nicht erforderlich. Zu den Anforderungen gehören vielmehr zahlreiche Alltagskompetenzen. Gut vorbereitet sind Kinder, die Aufgaben verstehen und sie selbstständig zu Ende bringen können. Sie können sich zum Beispiel selbst ankleiden, es bereitet ihnen keine großen Probleme, daheim kleine Arbeiten wie das Ausräumen der Spülmaschine zu übernehmen, sie können Regeln akzeptieren. Die weitere gute Nachricht, die Buchholtz verkündete: Wenn sich jetzt noch Lücken zeigen in der Schulfitness, sind die Chancen groß, diese bis zum Schulbeginn schließen zu können.

Nur 30 Minuten am Bildschirm

Natürlich war auch der Medienkonsum ein Thema beim Schulfitness-Vortrag. „Maximal 30 Minuten“ sollte die Bildschirmzeit für diese Altersklasse am Tag betragen, so Dr. Katrin BuchholtzFernsehzeit eingerechnet. „Sehr viele Studien“ belegten inzwischen, dass Kinder am Bildschirm zwar ruhig seien, aber insgesamt unruhiger würden.

„Sie tun Ihrem Kind einen Gefallen“, versicherte die Ärztin, dass die Begrenzung sich auszahle und es „viele gute Gründe“ gebe, die Zeit so zu limitieren. Leider sei aber auch ein Konsum von zwei bis drei Stunden nicht selten, berichtete sie. sch

Die Fachfrau informierte die Eltern künftiger Wingertsbergschüler aus Anlass der in diesen Wochen für jedes Kind anstehenden Schuleingangsuntersuchung. Der Termin mache manchen Familien Sorgen, weiß die Mitarbeiterin des Kinder- und Jugendärztlichen Dienstes beim Gesundheitsamt des Kreises Bergstraße. Diese seien jedoch unbegründet, stellte sie klar. Selbst wenn ein schulreifes Kind ausgerechnet zur Untersuchung einen schlechten Tag haben sollte, werde es nicht scheitern. Beim Infoabend, zu dem Konrektorin Bettina Klinke die Zuhörer im Namen des „Tandems“ – der Zusammenarbeit von Grundschule und den Lorscher Kitas – begrüßte, berichtete Buchholtz über alles, was Schulanfänger erwartet.

Kurzsichtigkeit nimmt zu

Zur Eingangsuntersuchung gehören unter anderem ein Seh- und ein Hörtest sowie der „Sopess“-Test, ein Sozialpädiatrisches Entwicklungsscreening, das soziale, kognitive und motorische Fähigkeiten der Kinder im Einschulungsjahr prüft. Würden Sehschärfe und Hörvermögen nicht getestet, könnten Kinder allein deswegen Probleme im Unterricht haben, weil sie einiges nicht mitbekommen. Gerade die Kurzsichtigkeit nehme bei Kindern zu, so Buchholtz. Vermutet werde, dass verstärkte Smartphone-Nutzung dazu beiträgt. Zeigen sich Auffälligkeiten, wird ein Arzt-Besuch empfohlen.

Weniger bekannt ist die „Sopess“-Untersuchung, die als standardisiertes Testverfahren inzwischen von allen Gesundheitsämtern in Hessen verpflichtend durchzuführen ist. Dabei wird zum Beispiel die Visuomotorik beurteilt, dazu gehört die Auge-Hand-Koordination.

Sie ist etwa für das Erlernen von Schreiben wichtig. Wie kann man sie im Kindergarten-Alter fördern? Indem Eltern daheim ausreichend Möglichkeiten zum Basteln, Malen und Spielen mit Bauklötzen schaffen. Das Zusammenspiel von Augen und Bewegungsapparat lässt sich auch durch Balancieren anregen.

Mehrfach wies Katrin Buchholtz auf die Bedeutung von Alltagstätigkeiten für die Schulfitness hin. Ein Erstklässler muss schließlich nicht nur Unterrichtsstoff aufnehmen, er muss auch in der Lage sein, jeden Tag früh aufzustehen, den Schulweg meistern, die Autorität des Lehrers anerkennen. Auf die vielen Aufgaben in der Grundschule sind Kinder gut vorbereitet, denen schon im Vorschuljahr ein Tagesablauf mit Struktur vertraut ist, die selbstverständlich bei kleineren Aufgaben im Haushalt helfen dürfen.

Regeln verstehen und einhalten

Soziale Kompetenzen – Regeln einhalten, andere und deren Eigentum respektieren sowie die Fähigkeit, sein Verhalten der erforderlichen Situation gemäß anzupassen – lernen Kinder üblicherweise bereits in der Kita. Auch eine Mitgliedschaft im Sportverein ist deshalb nicht allein wegen der Förderung von Bewegung und Kondition ratsam, so Buchholtz.

Schulkinder müssen in der Lage sein, eine Zeit lang ohne ihre Eltern zurecht zu kommen. Selbstständigkeit lasse sich bei vielen Gelegenheiten üben – beim Tischdecken wie beim Sortieren von Socken. Fingerfertigkeit lässt sich beim Obst schälen und Brot schmieren trainieren. Das Lob für das Mitmachen bei besonderen Aufgaben sollte nicht vergessen werden.

Die Ärztin warb dafür, mit Kindern viel zu singen und vorzulesen, denn das schult die sprachliche Kompetenz und die auditive Wahrnehmung. Auch sollten Eltern ihren Nachwuchs zum Erzählen ermuntern. Altbekannte Spiele wie „Stille Post“ oder „Ich sehe etwas, was du nicht siehst“, seien bestens geeignet für die Schulvorbereitung.

Es gibt auch Kinder, die im Alter von fünf Jahren schon geistig weiter sind als die meisten Sechsjährigen. Trotzdem sollte gut überlegt werden, ob ein Kannkind auf jeden Fall von vorzeitiger Einschulung profitiert. In der Grundschule sei das zwar kein Problem, in der Pubertät in einer weiterführenden Schule kann der Altersunterschied zu Mitschülern aber erheblich sein, vor allem wenn es auch Jugendliche gibt, die die Klasse wiederholen.

Redaktion

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