Rathauskonzert

Drei Jazzer der Spitzenklasse begeisterten in Lorsch

Donnernder Applaus für Christoph Schöpsdau, Thomas Heidepriem und Günter Bollmann für ihre mitreißende Session im Nibelungensaal

Von 
Nina Schmelzing
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Im Lorscher Nibelungensaal begeisterten (v.l.) Christoph Schöpsdau, Thomas Heidepriem und Günter Bollmann mit Jazz. © Jürgen Strieder

Wer eine Veranstaltung der Reihe „Lorscher Rathauskonzerte“ besucht, kann sich stets darauf verlassen, dass ein anspruchsvolles und zugleich unterhaltsames Programm geboten wird – und dass er beschwingt sowie mit einer Menge neuer Informationen nach Hause gehen wird. Präsentiert werden unterschiedlichste Musikstile, arrangiert werden die Konzerte von erfahrenen Lorscher Musikern. Jetzt ging es um Jazz.

In Lorsch gastierten deutsche Jazz-Musiker der Spitzenklasse. Christoph Schöpsdau hatte seine Kollegen Günter Bollmann und Thomas Heidepriem in den Nibelungensaal eingeladen. „The Art of the Jazz Trombone“ lautete das Motto des Abends, an dem die Aufmerksamkeit des Publikums also auf die Posaune gelenkt wurde. Bollmann, Erster Posaunist der Big Band des Hessischen Rundfunks, gelang es mit seinem Können hervorragend, für sein Instrument zu begeistern.

Es gab vielfach Sonderapplaus für ihn sowie Heidepriem, der am Bass brillierte, und für Christoph Schöpsdau, Jazzpianist mit Lorscher Wurzeln, der am Flügel Glanzpunkte setzte. Für jedes Stück bedankte sich das Publikum mit Beifall und natürlich wollte es das Trio nach dem letzten angekündigten Stück, „Soon“ von George Gershwin, dann auch nicht ohne Zugabe gehen lassen. „Na gut“, sagte Bollmann charmant in den langen und kräftigen Applaus hinein. „Es fehlt ja auch noch ein Blues“, räumte er ein – und die drei Meister ihres Fachs lieferten prompt.

Kaum zu glauben war es für manchen Zuhörer, dass Schöpsdau, Bollmann und Heidepriem beim Lorscher Rathauskonzert erstmals in dieser Formation gemeinsam öffentlich auftraten. Dass ihnen das Zusammenspiel mitreißend gelang, war ebenfalls ein Beweis ihres Weltklasse-Niveaus und ihrer langjährigen Praxis auch als Session-Musiker.

Auch wer meint, mit Jazz nicht viel anfangen zu können und vielleicht sogar Scheu hat, ein Jazzkonzert zu besuchen, bei dem die Musik oft kreativ aus dem Moment heraus entsteht und man eher selten mitsingen kann, ist beim Rathauskonzert richtig. Zum Konzept der Reihe gehört es schließlich, dass die Zuhörer auch mit Hintergrundwissen und mit Anekdoten versorgt werden. Einen Zugang zur jeweiligen Musik eröffnen die Künstler außerdem auch dadurch, dass sie persönliche Erlebnisse erzählen – von ihrem Weg an die Spitze zum Beispiel, der nicht immer gradlinig verlief.

Klassische Klavierausbildung

Spannend etwa Thomas Heidepriems Karriere. Hochtalentiert, mit brennendem Interesse und viel Übungsfleiß hat er sich den Bass autodidaktisch erarbeitet und gehörte anschließend viele Jahre zur Bigband des Hessischen Rundfunks. Bis zum Abitur genoss er eine klassische Klavierausbildung. Zur Freude des Lorscher Publikums berichtete der 71-Jährige, wie sein Jazz-Interesse damals auf seine Umgebung in der Waldorfschule prallte und er sich statt den Hausaufgaben oft lieber neuen Schallplatten widmete.

„Man erntet Mitleid“, fügte er mit Blick auf die Touren an, die er als Musiker später mit dem großen Bass im Gepäck unternahm. Deutlich mehr als 60.000 Kilometer war er in manchem Jahr unterwegs. Ein etwas kleineres Instrument, das besser ins Taxi passt, habe er sich dann angeschafft. Seine Fähigkeiten sollte man nicht aufgeben, ist Heidepriem überzeugt, der deshalb auch in der Rente weiter in Bands spielte.

Auch Günter Bollmann hat mit Klavier begonnen, aber bald reizten ihn Ensembles mehr als „Musik zu machen und dabei immer eine Wand anzugucken“. Der Sohn eines Hobbyposaunisten fuhr mit Bandmusikern mit. „Ich fand das toll und nie langweilig“, bekannte er. Bollmann begann, Posaune zu lernen, stellte sich im Alter von 16 Jahren bei Peter Herbolzheimer vor, überzeugte und wurde ins Bundesjugendjazzorchester aufgenommen. Nach dem Abi studierte er in Köln und ging zu hr-Bigband. An der Hochschule für Musik in Mannheim war er einige Jahre als Dozent für Jazzposaune tätig, spielte mit zahlreichen bekannten Bigbands und mit Solisten, unter anderem auch mit Udo Jürgens.

Nach Lorsch brachte er unter anderem Titel von Carl Fontana mit. Der berühmte US-amerikanische Jazz-Musiker, der mit Lionel Hampton und Woody Hermans spielte, zähle nicht nur für ihn zu den Größten der Kunst. Auch rasant schnelle Stücke von James Louis „J.J.“ Johnson hatte Bollmann ausgewählt. „Caravan“ von Duke Ellington und Juan Tizol erklang ebenso und „Sometime Ago“, ein Titel von Bob Brookmeyer. Dieser Musiker und Komponist sei allgemein „nicht so bekannt“, bedauerte Bollmann, der das im Nibelungensaal umgehend änderte. Denn Brookmeyer, ein „Wahnsinnstyp“, gehöre gleichfalls zu den größten Posaunisten seiner Zunft.

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