Lorsch. Ein opulentes Mahl hatten die Mitglieder des Partnerschaftsvereins jetzt im Haus Emmaus aufgetischt. Mit Antipasti und Asiatischem Nudelsalat, Focaccia, Kochkäse, Lachsquiche sowie Glasnudeln, Französischer Käseplatte, Obstsalat, Sushi, Weißwurst und noch vielen weiteren Köstlichkeiten mehr stellten sie ein Internationales Büfett zusammen. Anlass für das Festessen war ein Jubiläum. Der Partnerschaftsverein wurde 30 Jahre alt.
Im Jubiläumsjahr drohte bereits die Auflösung des Vereins
Dass der runde Geburtstag in fröhlicher Stimmung gefeiert werden konnte, war noch vor wenigen Monaten alles andere als sicher. Denn nachdem die Vorsitzende, Vereinssprecherin Brunhilde Schieb angekündigt hatte, nicht für eine weitere Amtszeit zu kandieren, fand sich längere Zeit kein interessierter Nachfolger. Es wurde bereits befürchtet, dass sich der Partnerschaftsverein mangels neuer Vereinsspitze vielleicht werde auflösen müssen. Dann aber erklärte sich doch ein Team bereit dazu, Verantwortung zu übernehmen. Erika Cermak, Brigitte Sander und Jens Schütte wurden gewählt und bilden seitdem den geschäftsführenden Vorstand.
„Es sah eng aus“, erinnerte Bürgermeister Christian Schönung in seinem Rückblick zum Jubiläum. Umso mehr freute es ihn und viele weitere Lorscher, dass der Partnerschaftsverein weitermachen kann – und auch neue Ideen wie zum Beispiel das Internationale Büfett erfolgreich umsetzt. Das Haus Emmaus war zur Festveranstaltung, die Erika Cermak moderierte, gut besucht. Das eigentliche Jubiläumsfest zum 25-jährigen Bestehen musste damals wegen Corona abgesagt werden.
Das besondere Essen, der Austausch untereinander und die Live-Musik, die Henry Vollrath am Flügel beisteuerte, sorgten nun für einen angenehmen Aufenthalt, den informativen Teil übernahmen mehrere Redner, darunter einige Gründungsmitglieder, die für die jüngeren Aktiven die Vereinsentwicklung aufzeigten. Klaus Jäger, Ehrenbürgermeister und Ehrenmitglied im Partnerschaftsverein, erinnerte daran, dass die Lorscher schon länger als 30 Jahre freundschaftliche Verbindungen zu Le Coteau in Frankreich und zu Zwevegem in Belgien pflegen – bevor es den Verein gab. Partnerstadt ist Le Coteau seit 1967, Zwevegem seit 1973. Zuerst kümmerte sich eine Partnerschaftskommission darum, diesen Kontakt aufzubauen und zu halten.
Starke Emotionen, als aus Feinden Freunde werden sollten
Die Freundschaft zwischen Deutschen und Franzosen fiel anfangs nicht jedem leicht, berichtete Jäger von zum Teil „starken Emotionen“. Schließlich standen sich die Bürger aus beiden Ländern im Zweiten Weltkrieg noch als Feinde gegenüber. Dass die Arbeit von Partnerschaftsvereinen wichtig bleibt, nicht zuletzt auch angesichts des aktuellen Krieges in Europa, den viele für unvorstellbar gehalten hatten, war beim Jubiläum zu hören.
Als Hilfsorgan des Magistrats waren die Kommissionsmitglieder einst für die Freundschaftspflege tätig. Irgendwann sei der Schwung nach der ersten Begeisterung etwas erlahmt, andernorts in der Region war das ähnlich. Dort wurden dann Partnerschaftsvereine gegründet. Die Idee, auf diese Weise die Basis zu erweitern, wurde auch in Lorsch aufgegriffen. In der „Nibelungenstube“ formierte sich im Frühjahr 1995 der Partnerschaftsverein, so Klaus Jäger. Erster Vorsitzender wurde Werner Libotte.
Da der neue Verein überzeugend beweisen konnte, dass die Pflege des Partnerschaftsgedankens bei ihm in guten Händen ist, wurde die Kommission aufgelöst. Persönlich und als Vereinssprecher des Heimat- und Kulturvereins gratulierte Jäger zum 30-jährigen Vereinsbestehen. Dass ein friedliches Miteinander zwischen Nachbarn nicht als selbstverständlich angenommen werden darf, zeigten „kriegerische Auseinandersetzungen“ auch heute, unterstrich er.
Die zahlreichen Aktivitäten des Vereins in den zurückliegenden drei Jahrzehnten rief Anneliese Parzinger in Erinnerung. Das Kennenlernen vieler Menschen in Europa sowie besondere Reisen gehörten dazu. Die Kathedrale „Notre Dame“ in Paris habe man noch vor dem großen Brand gemeinsam besucht, hob die Ehrenvorsitzende hervor.
Gemeinsam waren die Lorscher unter anderem auch in Rom, St. Gallen, der Normandie aber auch in Armenien und, weil sich der Partnerschaftsverein nach Osteuropa öffnen wollte, auch in Tschechien und Polen unterwegs. Mit Giebau und Sternberk wird, wie später auch mit Thal in Thüringen, ein regelmäßiger Austausch gepflegt.
Man kann nicht jedes Jahr die Partnerstädte bereisen
„Aber man kann nicht jedes Jahr die Partnerstädte bereisen“, stellte Parzinger fest. Deshalb bietet der Verein auch attraktive Veranstaltungen daheim an, die den Blick weiten. Hochkarätige Redner referieren jedes Jahr zum Europatag im Mai in Lorsch, die auch viele Zuhörer von auswärts anziehen. Paul Kirchhof zum Beispiel konnte man gewinnen, ehemaliger Verfassungsrichter und Professor an der Uni Heidelberg.
Die Vereinsmitglieder fungieren als Gastgeber für Besucher aus den Partnerkommunen, viele Freundschaften über die Grenzen hinweg entstanden, sogar eine deutsch-belgische Ehe wurde geschlossen, sagte Parzinger. Der Partnerschaftsverein bietet die Möglichkeit, Fremdsprachenkenntnisse aufzubessern und organisiert auch immer wieder Kunstausstellungen. Werke Lorscher Hobbykünstler sollen im kommenden Jahr in Zwevegem gezeigt werden. Zusätzlich gibt es viele gesellige Treffen und sportliche Boule-Wettkämpfe. Die Jumelage zwischen Le Coteau, Zwevegem und Lorsch wurde 2023 in Lorsch erneuert.
Dank an die Gründer und die langjährigen Vorsitzenden
Werner Groß und Friedel Drayß gehören zu den Gründungsmitgliedern, die sich noch heute stets verlässlich engagieren für den Verein. Drayß spendet unter anderem die Kuchen, Groß den Blumen- und Blätterschmuck bei Veranstaltungen. Gedankt wurde beim Jubiläum ebenso früheren Vorsitzenden, zu denen besonders tatkräftig etwa auch Dr. Annemie Schenk, Prof. Hubert Hochbruck und Annette Moll zählten.
„Die 30 Jahre haben Spaß gemacht“, bilanzierte Bürgermeister Christian Schönung. „Möge es so weitergehen“, wünschte er sich ein weiterhin breites „bürgerschaftliches Engagement“ und den entsprechenden „Drive“ für die Pflege der Partnerschaften.
„Freundschaft begründen, Vorurteile abbauen, sich begegnen“, lautet das Motto des knapp 200 Mitglieder starken Vereins im Jubiläumsjahr. Als nächste Veranstaltung steht das „Dreikönigskuchen-Essen“ im Terminkalender. Die Tradition aus Frankreich zum 6. Januar, hat der Verein zur Freude seiner Mitglieder nach Lorsch übernommen und feiert sie mit einem unterhaltsamen Programm. Gesichert ist ebenfalls bereits, dass es zum Europatag im kommenden Jahr erneut eine spannende Vortragsveranstaltung in Lorsch geben wird.
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