Lorsch. Der Controllingbericht der städtischen Kämmerei im Frühjahr hatte manchen Lorscher aufgeschreckt und für Diskussionen gesorgt. Es wurden darin Bedenken mit Blick auf die finanzielle Leistungsfähigkeit formuliert, wenn nicht gegensteuert werde.
Angesichts der zunehmenden Belastungen der Stadt durch Pflichtaufgaben – zum Beispiel den unumgänglichen Bau weiterer Kinderbetreuungseinrichtungen – sollten zum Beispiel freiwillige Leistungen auf den Prüfstand, hieß es in dem Bericht.
Auch auf mögliche weitere Steuererhöhungen wurde wegen geplanter Kreditaufnahmen eingestimmt, sogar eine eventuelle Wiedereinführung der Straßenbeitragssatzung thematisiert. Für die heutige öffentliche Sitzung des Finanzausschusses liegt der Folgebericht vor. Er klingt nicht zuversichtlicher.
Vielerlei Preissteigerungen
Zunächst geht es in der Sitzung, die um 20 Uhr im Paul-Schnitzer-Saal beginnt, aber unter anderem um die Gebührenordnung zur Friedhofs- und Bestattungsordnung der Stadt. Beraten werden die Gremiumsmitglieder über eine mögliche „Anpassung“ der Bestattungsgebühren. Empfohlen wird eine Erhöhung.
Die Veränderungen gegenüber den seither erhobenen Gebühren seien „moderat und plausibel“, heißt es in dem Unterlagenmaterial der Verwaltung mit Blick auf die in den vergangenen fünf Jahren „Preissteigerungen in allen Bereichen“. Das würde – den ersten Teil der Beurteilung betreffend – aber wohl nicht jeder so positiv formulieren. Die empfohlenen neuen Gebühren, über die der Ausschuss heute diskutieren kann, könnten immerhin rund 30 Prozent höher als die jetzigen liegen.
Statt 930 bald 1190 Euro?
Für ein Erdgrab mit Tieferlegung, für das derzeit 930 Euro fällig werden, könnten künftig 1190 Euro bezahlt werden müssen, für ein Urnenerdgrab statt 270 dann 350 Euro, für einen Platz in der Urnenwand 250 Euro statt der bisherigen 190 Euro. Erstmals aufgenommen werden die neuen Baumbestattungen. Empfohlen wird dafür eine Gebühr von 350 Euro. Auch die Nutzung der Friedhofskapelle soll teurer werden. 270 Euro sind vorgeschlagen, bislang sind 200 Euro zu zahlen.
Stimmten der Finanzausschuss und anschließend auch die Stadtverordnetenversammlung für die neuen Gebührensätze, wird mancher vielleicht darüber nachdenken, sich andernorts beisetzen zu lassen. In Einhausen ist eine Bestattung im Erdgrab laut Lorscher Verwaltung jedenfalls noch für 540 Euro möglich, in Bürstadt und Lampertheim sogar für weniger als 500 Euro. In Bensheim jedoch zahlt man deutlich mehr (1550 Euro). Bestattungen in Lorsch blieben im Vergleich mit Nachbarkommunen – abgesehen vom Erdgrab – aber noch unter der Durchschnittsgebühr. Und man darf natürlich nicht nur die Bestattungsgebühr sehen, sondern muss auch die jeweiligen Grabnutzungsgebühren berücksichtigen. Viele sind andernorts höher als in Lorsch.
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Etwas mehr als 120 Bestattungen gibt es jedes Jahr in Lorsch. Einfach ist die Kalkulation der Friedhofsgebühren nicht. Bei der Berechnung sind das Kostendeckungsgebot ebenso wie das Kostenüberschreitungsverbot zu beachten. Aber natürlich weiß man vorab weder die genaue Zahl der Bestattungen noch, welche Grabstätten gewählt werden. Würden die Bestattungsgebühren wie empfohlen erhöht, wird mit Mehreinnahmen von etwa 38 000 Euro gerechnet.
Trotz der trüben Zukunftsaussichten – „Kommunen müssen sich auf schwierige Zeiten einstellen“, heißt es im Controllingbericht – gibt es an manchen Stellen auch Mehreinnahmen. Mehr Geld in die Kasse erbringt etwa die Aufstockung der Ordnungspolizei, lässt sich dem Bericht entnehmen. Verstärkte Kontrollen des ruhenden und fließenden Verkehrs und die Ausweitung der Arbeitszeiten werden zu einem Mehrertrag von fast 10 000 Euro führen.
Ohne Erhöhung mehr Hundesteuer
Mehr Geld wird auch die Hundesteuer einbringen – und das, ohne die Steuer erhöhen zu müssen. Die Anmeldepflicht wird jetzt lediglich verstärkt kontrolliert und die Hundehalter wurden darüber rechtzeitig informiert und konnten eventuell nötige Anmeldungen für ihre Vierbeiner rasch nachholen.
Mindererträge gibt es aber natürlich auch. Die Schwimmbad-Saison hat nicht das die Zahlen erwirtschaftet, wie geplant. Von „rapide“ zurückgegangenen Besucherzahlen wegen der Schlechtwetterprognose ausgerechnet zu Beginn der Sommerferien ist im Controllingbericht die Rede. Infolgedessen seien weniger Einnahmen erzielt worden.
Plötzlich schimmerte es grünlich
Das geringere Interesse am Freibad könnte in diesem Jahr allerdings ausnahmsweise auch damit zusammenhängen, dass das Badewasser ab Mitte des Sommers plötzlich grünlich schimmerte. Ein Eiseneintrag, der sich auf dem Fliesenboden absetzte, war der Grund dafür. Dieser war zwar, wie von Verantwortlichen in Lorsch mehrfach versichert wurde, nicht gesundsheitsbeeinträchtigend – der Spaß am Schwimmen im Lorscher Freibad war einigen Gästen aber trotzdem vergangen und sie blieben weg.
Die finanzielle Entwicklung und die steigende Aufgabenbelastung der Kommunen lasse „nur den Schluss zu, dass Steuererhöhungen unumgänglich sind“, heißt es erneut in der Prognose der Kämmerei zur Haushaltsentwicklung. Ein genehmigungsfähiger Haushalt setze schließlich einen Ausgleich im Ergebnis- und Finanzhaushalt voraus. Der Blick auf den Kassenbestand könnte zu einer entspannten Einschätzung der Finanzlage verleiten, sei aber ein Trugschluss schon wegen des Investitionsrückstaus.
Nicht zu positiv bei der Prognose
In Lorsch neigt die Kämmerei grundsätzlich nicht zu euphorischen Zukunftsbewertungen. Das hat sich offenbar gerade wieder als vernünftig erwiesen. Die Orientierungsdaten des hessischen Finanzministeriums etwa seien von einer deutlich höheren Steigerungsrate gegenüber dem Vorjahr ausgegangen, heißt es in Lorsch bei den prognostizierten Gewerbesteuererträgen.
Ein nach dieser Maßgabe angenommener Ansatz von rund 8,5 Millionen Euro werde aber deutlich unterschritten, stellt die Kämmerei fest. Es habe sich also „als richtig erwiesen“, die „sehr positive Prognose der Orientierungsdaten“ nicht als Grundlage für die Planungen 2023 herangezogen zu haben.
Im Bereich „Soziales“ fallen die überplanmäßige Aufwendung von knapp 220 000 Euro für die Errichtung einer Containeranlage für zwei Kindergartengruppen zur Ü3-Betreuung ins Auge. Auch die Containerwohnanlage für Flüchtlinge mitsamt Mietung von Mobiliar hatte überplanmäßige Aufwendungen zur Folge, die durch Einsparungen anderswo zu decken sind.
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