Lorsch. Sechs bis zehn Mal im Jahr kommt der Bau- und Umweltausschuss zusammen. Was die Gremiumsmitglieder dabei beraten und beschließen, interessiert viele Lorscher oft nicht besonders. Zu den kommunalpolitischen Sitzungen des Fachausschusses – sie sind öffentlich und kostenlos zu besuchen – zieht es jedenfalls selten viel Publikum. Häufig tagen die Gremiumsmitglieder sogar vor leeren Zuhörerreihen. Am Donnerstagabend aber war das anders. Gut 30 Besucher hatten im Paul-Schnitzer-Saal Platz genommen, als Ausschussvorsitzender Jürgen Sonnabend die Sitzung eröffnete.
Jahre bis zum Hausbau
Gekommen waren sie wegen Punkt drei der Tagesordnung. Es ging dabei um das mögliche neue Lorscher Wohnbaugebiet. Entstehen könnte es auf dem Wiesengelände südlich der Friedensstraße. Ergebnis der Ausschuss-Beratung: Die Planung soll grundsätzlich weiterverfolgt werden. Bis die Bagger rollen, werden Bauwillige jedoch Geduld brauchen. Zwei bis vier Jahre werde es wohl dauern, bis ein Haus gebaut werden kann, skizzierte der städtische Bauamtsleiter Volker Knaup die Zeitschiene. „Wir sind erst ganz am Anfang“, verdeutlichte Sonnabend.
Denn vorher sind Boden- und Schallgutachten zu erstellen, die Versorgung sicherzustellen, der Bebauungsplan aufzustellen. Rund 50 Behörden seien heutzutage einzubeziehen, erläuterte der Bauamtsleiter, dass es alleine mit der Grundsatzentscheidung der Stadtverordneten nicht getan ist.
„Junge Familien haben keine Möglichkeit, ein eigenes Haus zu bauen“, erklärte Jürgen Sonnabend das große Interesse an der Sitzung. In Lorsch sei der Bedarf deutlich höher als das momentane Angebot an Plätzen. Dass es auf der anderen Seite auch viele Lorscher gibt, die eine Ausweisung neuer Baugebiete „sehr kritisch“ sehen, fügte er an. Denn in Lorsch gibt es nur noch wenig Fläche, die in Anspruch genommen werden könnte. „Sie ist endlich“, erinnerte der Ausschuss-Vorsitzende.
13 Jahre schon ist es her, dass das kleine Areal am Larmannweg nahe der Friedensstraße bebaut wurde. Das jüngste größere Lorscher Wohnviertel „Am Wiesenteich“ ist vor zehn Jahren hinzugekommen. Um möglichst wenig Flächen zu versiegeln, wurde zuletzt vor allem auf Innenstadt-Verdichtung gesetzt, es wurden Aufstockungen ermöglicht und die Umwandlung bereits bebauter Flächen forciert.
Rund 150 Wohneinheiten möglich
Diese Maßnahmen reichen allerdings nicht aus, um die Nachfrage nach Wohnraum in Lorsch zu decken. „Wer neu bauen will, hat keine Möglichkeit“, stellte auch Knaup mit Blick auf die Situation in der Klosterstadt klar. Das Acker- und Wiesengelände südlich der Friedensstraße ist bereits vor längerer Zeit als mögliches Bauland in den Stadtentwicklungsplan aufgenommen worden.
In der Sitzung war jetzt die Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2022 zu dem Gelände Thema. Am östlichen Stadtrand könnten rund 150 Wohneinheiten entstehen. Gedacht ist bislang an Grundstücke in einer Größe zwischen 380 und 450 Quadratmetern. Im künftigen Wohngebiet sollen private Bauherrn ihre Einfamilien-, Doppel- oder Reihenhäuser verwirklichen können.
Das neue Wohngebiet zwischen Friedensstraße und Starkenburgring soll damit einmal ähnlich wie das „Wiesenteich“-Areal aussehen. Gebaut werden kann zweigeschossig, zusätzlich mit Staffelgeschoss. Die insgesamt 5,8 Hektar, geteilt auf zwei Flächen, befinden sich in Privatbesitz. Die Stadt will sie erwerben, entwickeln und verkaufen. Man will nicht, dass ein Investor alles kauft, sondern die Entwicklung lieber selbst steuern.
Kauf mit Vorgaben verbinden
So könne man selbst die für wichtig gehaltenen Vorgaben machen, begrüßte unter anderem Ferdinand Koob (CDU) diesen Plan. Er regte auch an, wegen des erwarteten hohen Interesses eine „Bepunktung“ für Käufer einzuführen. Auch die Folgewirkungen seien zu bedenken: ein weiterer Kindergarten könnte etwa erforderlich werden.
„Wow“, das sei seine erste Reaktion gewesen, als er den Plan für das neue Gebiet und den Platz für Einzelhäuser gesehen habe, um die man herum laufen könne, sagte Ulrich Schulze-Ganzlin (SPD). Es sei aber doch zu fragen, wie marktgerecht das Vorhaben sei, denn: „Welche junge Familie kann sich das leisten?“ Auch die SPD sprach das „Dilemma“ an, wertvolle Fläche zu bebauen. Man sei aber angesichts des Zuzugs geradezu „gezwungen“ und stimme dem Projekt als solches also zu.
Vom „Siedlungsdruck“ sprach auch Matthias Schimpf (Grüne). Man müsse „neue Flächen in Angriff nehmen“. Auch die Menschen, die derzeit in Wohncontainern lebten und Bleiberecht haben, müssten irgendwann heraus aus der „prekären Wohnsituation“. In der gerade beginnenden Diskussion um den neuen Regionalplan-Südhessen sehe es für die Bergstraße „sehr trübe“ aus, man habe keinen Zuwachs zugebilligt bekommen. Ein Zusammenwachsen der Kommunen wäre widernatürlich, so Schimpf. Aber man müsse „ein gewisses Maß an Entwicklung haben“, forderte er.
Ferdinand Koob erinnerte an die weiteren Standorte, die für Wohnbebauung entwickelt werden und unterschiedliche Bedarfe bedienen werden: das Areal an der Lagerfeldstraße, das Gebiet am Sägewerk sowie die Seehofstraße. „Wir brauchen mehr Bauland“, stellte auch Dirk Sander (SPD) fest: „Wir müssen in den sauren Apfel beißen.“ Darin waren sich alle Gremiumsmitglieder letztlich einig und stimmten einhellig für den Grundsatzbeschluss.
Das Areal südlich der Friedensstraße ist insgesamt etwas größer geschnitten als der gegenüberliegende „Wiesenteich“. Ob die Häuser und Grundstücke tatsächlich so viel Platz haben werden, wie zunächst angedacht, ist offen. „Heute baut man nicht mehr so großzügig“, hieß es in der Sitzung. Ein Anliegen sei es, Flächenverbrauch zu minimieren.
URL dieses Artikels:
https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch_artikel,-lorsch-bauplaetze-fuer-einfamilienhaeuser-fuer-private-bauherrn-geplant-_arid,2172225.html
Links in diesem Artikel:
[1] https://www.bergstraesser-anzeiger.de/orte/lorsch.html