Lorsch. Liane Wilke schaut nicht immer gerne zu, wenn ihr sportlich erfolgreicher Sohn einen Wettbewerb bestreitet: „Beim Freikampf gehe ich raus“, sagt sie. Wenn er es in dieser Karate-Disziplin mit einem realen Gegner zu tun hat, mag sie nicht live dabei sein. Sie hat dabei schließlich schon einmal eine blutige Nase und blutige Lippen zu sehen bekommen. Oft kommt das aber nicht vor. Denn ihr Sohn Koby Wilke ist ein ausgezeichneter Karate-Kämpfer. Der junge Lorscher hat im vorigen Jahr bei der Deutschen Meisterschaft den zweiten Platz belegt. Nun ist er für die Wahl der Lorscher „Sportler des Jahres“ nominiert.
Zum zweiten Mal wird Koby Wilke von der Sportkommission und dem Magistrat der Stadt Lorsch für diesen Titel vorgeschlagen. Auch 2020 gehörte der Athlet bereits zum Kreis der Nominierten, damals war er erst zwölf Jahre alt. Der Kampfkunst ist der Schüler, der die zehnte Klasse des Alten Kurfürstlichen Gymnasiums in Bensheim besucht und Mathe und Sport zu seinen Lieblingsfächern zählt, seither treu geblieben. Er hat sich zielstrebig weiterentwickelt.
Koby Wilke darf inzwischen einen Braungurt, versehen mit seinem Namen, tragen. Seine sportlichen Erfolge feiert der 16-Jährige in der Disziplin Kumite. In dieser anspruchsvollen japanischen Kampfkunst ist er bei der DM in Bochum im Einzelkampf Vize-Meister seiner Altersklasse geworden. Besonderheit dieser Disziplin: die Sportler tragen ihren Wettkampf ohne vorherige Absprache der jeweiligen Angriffs- und Verteidigungstechniken aus.
Auf der Matte geht es augenscheinlich nicht zimperlich zu, wenn die Gegner ihre Tritte und Schläge setzen. Beim Kumite-Karate aber ist es nicht das Ziel, sein Gegenüber wie etwa beim Boxen zu treffen. Es ist im Gegenteil kein Vollkontakt vorgesehen. Es darf keine absichtlichen Verletzungen geben. Es sind strikte Regeln einzuhalten. Die verschiedenen Faust- oder Handkantenstöße werden zwar mit Tempo und mit Power ausgeführt, aber kurz vor dem Gegner gestoppt. Die Luftdistanz im Kopfbereich etwa ist sehr wichtig. Für die besten Ausführungen gibt es Punkte.
Die Kumite-Kämpfer tragen zur Sicherheit Zahnschutz, Faust- und Tiefschutz. Aber natürlich ist, wie jeder Sport, auch diese Disziplin nicht verletzungsfrei. Im Freikampf, wenn die Sportler ihren Gegner genau beobachten müssen und sehr schnell aus der jeweiligen Situation heraus über ihre Bewegungen entscheiden, landet eben doch einmal ein Handkantenschlag versehentlich auf Lippe oder Nase.
„Ich bewundere die Schnelligkeit“, sagt Liane Wilke, die selbst vor vielen Jahren als sehr gute Leichtathletin bei der Sportlerehrung ausgezeichnet wurde. Dass die besten Kämpfer die Handlungen ihres Gegners voraussehen, nötigt ihr gleichfalls großen Respekt ab – nur selbst hautnah zuschauen, will sie eben nicht unbedingt. Alle anderen Familienmitglieder, Kobys Freundin und seine Vereinskameraden fiebern aber gerne mit, wenn der Sportler seine Kunst zeigt. Der Lorscher ist beim Viernheimer Karate-Dojo aktiv. Zu dem Verein kam er, weil eine Cousine die Übungsstätte dort leitet.
Gemeinsam mit zwei gleichaltrigen Viernheimern hat Koby Wilke in den vergangenen Jahren auch im Teamsport Siege und gute Platzierungen errungen. Vor zwei Jahren holte das Trio den Titel, im Vorjahr den dritten Rang bei der DM.
Mit Karate hat Koby Wilke schon als Sechsjähriger begonnen. Am Kumite liebt er die sportliche Herausforderung. Und wenn ein Fehler passiert, dann lernt er daraus und wird noch präziser an der Technik arbeiten. Viermal wöchentlich besucht er das Training in Viernheim, dazu kommt ein Stützpunkt-Training für besondere Talente im Kader. Seit 2018 gehört der Lorscher dazu. Im Herbst wird er erstmals auch internationale Wettkampf-Erfahrung sammeln.
Respekt und Regeln sind wichtig
Der Vize-DM bevorzugt Katas, bei denen es auf Kraft und Stärke ankommt. Karate würde sich durchaus auch für eine Schulsport-AG in der Schule anbieten, meint er. Bei den Kampfkünsten geht es schließlich nicht um Aggressivität, sondern im Gegenteil um gegenseitigen Respekt, das Einhalten von Regeln und das Vermitteln von Werten. Deeskalierend kann man eingreifen, wenn man sich selbst gut verteidigen kann. Eine Reihe japanischer Ausdrücke lernt man nebenbei noch dazu. Im Juni will Koby Wilke seinen Titel verteidigen
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