Lorsch. Bei Lorschs größtem Arbeitgeber, der Chirurgisch-Orthopädischen Fachklinik, stehen gravierende Veränderungen an: Geschäftsführer und Hauptgesellschafter Dr. med. Horst Zimmermann (80) hat - mit Blick auf sein Alter - seinen Rückzug angekündigt. 220 Mitarbeiter sind von der damit verbundenen Neustrukturierung betroffen.
Wer künftig das Sagen haben wird in dem über 100 Jahre alten Krankenhaus, das vor rund 30 Jahren zur Fachklinik für Knochen-, Gelenk- und Wirbelsäulenchirurgie sowie Unfallchirurgie umgebaut wurde und von der Eigentümerfamilie um Dr. Zimmermann geführt wird, ist noch offen. Das international agierende Beratungsunternehmen PricewaterhouseCoopers wurde damit beauftragt, verschiedene mögliche Modelle zu prüfen, so Dr. med. Katrin Keim-Zimmermann. Die Ärztin, Tochter von Horst Zimmermann, arbeitet als stellvertretende Verwaltungsdirektorin in dem Krankenhaus im Lorscher Zentrum.
"Wir sind von der Leistungsfähigkeit und der Qualität unseres Hauses überzeugt und werden für die Klinik, unsere Patienten und die Mitarbeiter eine gute Zukunft sicherstellen", versichern die Eigentümer. Gesucht werden ein neuer Träger beziehungsweise ein neuer Gesellschafter. Vorstellbar ist unter anderem auch der Verkauf an eine Krankenhaus-Kette.
Eine Aufgabe des Standorts halten die Eigentümer für ausgeschlossen. In der Vergangenheit wurde in Erweiterung und Modernisierung in der Waldstraße investiert. Im Vorjahr wurde die Lorscher Klinik für ihre Arbeit um den Einsatz künstlicher Gelenke als Endoprothetik-Zentrum zertifiziert.
"Wir hatten schon bessere Jahre"
"Wir sind nicht im Bestand gefährdet. Die Klinik steht gut da", betont Keim-Zimmermann. Sie räumt aber ein: "Wir hatten schon bessere Jahre." Die unerfreuliche Vergütungssituation für Kliniken mit jährlich neu berechneten Fallpauschalen-Regelungen sei kein Spezialproblem für das Lorscher Haus, sondern mache zahlreichen Krankenhäusern zu schaffen. "Eine Verringerung der Mitarbeiterzahl würde aber keinen Sinn machen", ist Keim-Zimmermann überzeugt.
Unruhe in der Belegschaft
"Natürlich gibt es wegen der Veränderungen Unruhe in der Belegschaft", erklärt auf Nachfrage Martin Horlbeck. Der Mediziner ist als leitender Arzt in der Orthopädie der Fachklinik tätig und engagiert sich im neun Mitglieder umfassenden Betriebsrat des Hauses. Die Vorsitzende des Gremiums und ihr Stellvertreter waren gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar.
Große Besorgnis in der Belegschaft wegen eines eventuellen Personalabbaus hat Horlbeck bislang nicht wahrgenommen. Der 61-Jährige geht davon aus, dass Standort und Betriebsgröße der Klinik erhalten bleiben sollen. Das Vertrauensverhältnis zu den Eigentümern sei fast familiär, so das Betriebsratsmitglied, das seit 25 Jahren im Lorscher Haus tätig ist. "Etwas wirklich Schlimmes kann uns nicht passieren", davon gingen die Mitarbeiter aus. "Wir sind uns unserer besonderen Verantwortung bewusst", sagt Katrin Keim-Zimmermann.
Mit den jüngsten Umstrukturierungen in der Bergsträßer Krankenhauslandschaft sei die Neuausrichtung in Lorsch nicht unbedingt zu vergleichen. "Wir sind nicht pleite oder heruntergewirtschaftet", meint Horlbeck. Gehälter - auch Weihnachtsgeld - würden nach den neuen Tarifvereinbarungen gezahlt,
Damit das auch nach dem Ausscheiden des jetzigen Hauptgesellschafters so bleibt, wünsche sich der Betriebsrat, dass die Klinik "einen starken Träger" bekomme. "Ich denke, die Klinik ist ein Bonbon. Wenn ich viel Geld hätte, würde ich den Laden selbst kaufen", so Martin Horlbeck. sch
Die Fachklinik
Die Geschichte der Lorscher Klinik begann im Jahre 1910. Pfarrer Jakob Kraus hatte die Kirchengemeinde zu seinem Erben bestimmt mit der Vorgabe, ein Armen- und Krankenhaus zu bauen.
Das Haus wurde mit zunächst 25 Betten errichtet und von Ordensschwestern geleitet.
In den 50er Jahren wurde das Krankenhaus unter anderem um eine chirurgische Abteilung erweitert.
Ab 1970 betrieb Dr. Erwin Kretschmer das Haus als chirurgische Fachklinik.
1980 erfolgte ein erneuter Trägerwechsel. Die Klinik wird seitdem von dem Chirurgen Dr. Horst Zimmermann geleitet, der sie zu einem zertifizierten Zentrum für Endoprothetik ausbaute.
Mit 220 Mitarbeitern - darunter 19 Ärzte - ist die Fachklinik inzwischen der größte Arbeitgeber in Lorsch.
In der Fachklinik in Lorsch werden jedes Jahr 1000 Implantationen von Protesten durchgeführt, vor allem Knie- und Hüftgelenke. sch
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