Reichenbach. „80 Prozent unserer Blüten bildenden Kulturpflanzen sind auf die Bestäubung von Bienen angewiesen und damit sind diese nach Rindern und Schweinen das drittwichtigste Tier für unsere Volkswirtschaft“, zitierte Kurt Adam aus einer Studie der Universität Würzburg.
Der 68-jährige Ruheständler und ehemalige Ausbildungsmeister bei Mercedes ist auf Empfehlung eines schon in Reichenbach tätigen Referenten aus seinem Heimatort Bad Liebenzell angereist, um im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Mann trifft sich“ mit dem Vortrag „Ein kleines Insekt mit hohem Nutzen: Bienen – Wunder der Schöpfung“ im Gemeinschaftshaus der Landeskirchlichen Gemeinschaft sein Wissen zu diesen komplexen Wesen und deren Bedeutung für den Kreislauf der Natur an seine Zuhörer weiterzugeben.
Begeisterung seit 40 Jahren
Sein Wissen hat er sich über mehr als 40 Jahre angeeignet. Schon sein Großvater und sein Vater gingen diesem Hobby nach. Adam war zudem mehrere Jahre Vorsitzender des Imkervereins Calw. „Es ist für mich immer wieder faszinierend und pure Entspannung, ein Bienenvolk zu beobachten“, erklärt Adam die Begeisterung für sein Hobby.
„Willst Du Gottes Wunder sehen, dann musst Du zu den Bienen gehen“, gab er seiner Faszination Ausdruck. So wundert es keinen der Zuhörer, dass er im Laufe der Jahre auch seine Familie, zuletzt seine beiden Enkelsöhne, mit seiner Begeisterung angesteckt hat. Dabei erzählte er, dass die Enkel, als sie noch klein waren, glaubten, dass die Bienen bei dem von ihm erzeugten Rauch deshalb nicht stachen, weil sie husten mussten.
Selbst hat er 14 Bienenvölker in seiner Obhut. Seit nunmehr neun Jahren bietet sein Verein in jedem Jahr einen Kurs für Neu-Imker an. „Sie haben einen guten Zulauf, was sicher auch daran liegt, dass die Bienen in den letzten Jahren in den Medien eine verdientermaßen große Beachtung erfuhren“. Davon profitiere auch sein Verein, der auf 260 Mitgliedern angewachsen sei. „Auch immer mehr Frauen finden Gefallen an der Imkerei“, sagte er.
Ärger über steinige Vorgärten
Obwohl die Biene eigentlich ein weithin bekanntes Wesen ist, wird schon bei der ein oder anderen anatomischen Fragen klar, dass manche Wissenslücke besteht. Die wohl bekannteste Biene Maja ist streng genommen eine Wespe. Denn sie gibt mit ihrem schwarz-gelben Farbkleid ein falsches Bild ab. Eigentlich sind Bienen schwarz-braun. Dies machte Adam mit einem Vergleichsbild deutlich. Sie hat sechs Beine mit Krallen, wovon die Hinterbeine über Taschen verfügen, um den aufgesammelten Blütenstaub zu transportieren. Zudem fünf Facetten-Augen, einen Rüssel und vier Flügel.
„Wir brauchen die Bienen. Die Bienen brauchen aber auch uns“, betonte Adam. Durch viele Veränderungen in der Umwelt findet die Biene immer weniger Futter. Zu viele Monokulturen führen zur Ausbreitung von Schädlingen und in deren Folge zum Einsatz von Schädlingsbekämpfungsmitteln durch die Landwirte. Wiesen werden zu früh abgemäht. So kommt der Löwenzahn nicht mehr zum Ausblühen und die Tiere finden kein Futter. „Landwirte und Imker gehören daher im Interesse der Bienen an einen Tisch“, plädierte Adam. Gefahr drohe der Biene auch durch die Varroamilbe. Richtig ärgerlich wird Adam, wenn er in so manche Vorgärten blickt. „Sehr oft sind hier leider nur noch Folien und Steine zu sehen“, hofft er auch hier auf ein Umdenken.
Es gebe aber auch positive Entwicklungen. In seiner Gemeinde wurde die Grünfläche eines Kreisverkehrs mit einer Blütenmischung eingesät. Zudem werden Blühstreifen geschaffen: „Es ist wichtig, dass vom Frühjahr, wenn die Bienen zum Beispiel Krokusse anfliegen, bis zur Winterruhe im Bienenstock, ausreichend Blüten vorhanden sind“.
Um ein Glas mit einem Pfund Honig zu befüllen, müsse eine Biene etwa dreieinhalb Mal die Erde umrunden. Nicht nur daran macht Adam deutlich, warum es sich lohnt, sich für die Tiere einzusetzen. Weiterhin produzieren die Bienen Wachs und Bienenharz, das dem Schutz des Bienenstocks gegen Viren, Bakterien und Pilze dient. Bei ausreichend vorhandener Menge können auch Blütenpollen gewonnen werden, die zur Stärkung des menschlichen Immunsystems konsumiert werden können.
Zum Abschluss stand Adam für Fragen zur erforderlichen Ausrüstung, den Kosten, dem Ertrag eines Bienenstocks und zur Aussaat von Blühmischungen zur Verfügung. Für Letztere empfiehlt er einjährige Mischungen. Mit drei Völkern solle eine Bienenzucht gestartet werden. Zur Erstausstattung eines Imkers gehören die Beute, wie die Behausung der Bienen genannt wird, ein Smoker, durch dessen Raucherzeugung die Bienen ruhig gestellt werden, ein Imkerhut mit Schleier und ein Bienenvolk mit 35 000 bis 40 000 Tieren. Die Kosten für die Erstausstattung und ein Volk betragen etwa 300 bis 400 Euro. „Der Ertrag kann bei Null bis etwa 20 Kilogramm pro Bienenstock liegen. Das ist jedes Jahr anders, macht aber auch gerade den Reiz dieses Hobbys aus“, beendete er unter viel Applaus seinen Vortrag.
Auch die nächste Veranstaltung bei „Mann trifft sich“ am 28. August 2019 verspricht ein unterhaltsamer Abend zu werden. Wilhelm Buntz erzählt seine „knallharte Lebensgeschichte eines Ex-Knackis“ unter dem Titel „Er rauchte die Bibel bis Matthäus“.
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