VdK Reichenbach

Polizei und Staatsanwalt verlangen keine Kaution

Ein Vortrag sensibilisierte Senioren für kriminelle Betrugsmaschen.

Von 
Christa Flasche
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Bernd Timmermann ist Polizist im Ruhestand und Sicherheitsbeauftragter für die Senioren. © Christa Flasche

Reichenbach. Bernd Timmermann hat das Ziel, möglichst viele ältere Menschen vor Kriminellen zu schützen. Er ist Polizist im Ruhestand und Sicherheitsbeauftragter für die Senioren. Mit seiner langjährigen Berufserfahrung will er vor allem Ältere für kriminelle Tricks und Maschen sensibilisieren. So auch im Rahmen einer Einladung durch den VdK in Reichenbach. Vorsitzender Philipp Seeger begrüßte den Referenten und freute sich, dass der Termin geklappt hatte.

Schaden im Kreis Bergstraße liegt bei bis zu 250 000 Euro

„Das kann mir doch nicht passieren“, sagen viele, wenn sie auf den Enkeltrick angesprochen werden. Doch am Ende sind es viel mehr als man denke, die dann doch darauf reinfallen, weiß Timmermann aus Erfahrung.

Gerade bei Schockanrufen, wenn die vermeintliche Tochter am Telefon ist und berichtet, dass sie nach einem Unfall mit Personenschaden nur gegen eine Kaution freikommen kann, reagieren sehr viele Menschen komplett anders und lassen jegliche Skepsis fallen. „Das hat etwas mit Emotionen zu tun“, erklärte Timmermann. Familienangehörigen und sehr guten Freunden wolle man unbedingt helfen.

Nur wenige Menschen reagieren wirklich rational auf einen Anruf, bei dem sich Kriminelle zum Beispiel auch als Polizeibeamte ausgeben und direkt vor der Haustür stehen.

In den meisten Fällen sind die späteren Opfer eines Schockanrufs so verunsichert, dass sie darauf hereinfallen und am Ende viel Geld verlieren. Manchmal alles, was sie sich in vielen Jahren auf die hohe Kante gelegt haben. „Kein Polizist ruft an und will eine Kaution und auch nicht der Staatsanwalt“, machte der Referent sehr deutlich.

2023 lag die Anzahl der Trickbetrügereien in Hessen bei 3764. Aufgeklärt wurden 943 Fälle und der Schaden alleine in der Region Bergstraße belief sich auf 200 000 bis 250 000 Euro. In Deutschland waren es gesamt 117 Millionen Euro. Das lässt aufhorchen.

Timmermann genießt inder der Region eine große Bekanntheit. Er hat durch seinen jahrzehntelangen Dienst bei der Hessischen Polizei viel Erfahrung gesammelt und kennt daher die Problematik rund um Betrugsmaschen nur zu gut. In seinem Vortrag ging er ebenso auf Betrugsfälle durch falsche Polizeibeamte ein.

„Wer kann denn als Laie einen echten von einem falschen Polizeiausweis unterscheiden?“, fragte er in die Runde. Und selbst wenn falsche Polizisten vor der Haustür stehen, kann es sein, dass auch die Uniformen gute Fälschungen sind.

Timmermann appellierte auch an das Bauchgefühl der Versammelten, denn das sei oft nicht so verkehrt. Er ermunterte die Gäste ebenfalls, sich im Falle des Falles bei der Polizei zu melden. Bei nicht Alleinstehenden sei es sogar schon vorgekommen, dass der Partner oder die Partnerin noch während des dubiosen Anrufs mit einem anderen Telefon die Polizei informiert hat. „Wenn man hier in der Region die 110 wählt, dann erreicht man die Notrufstelle in Darmstadt“, informierte er. Timmermann gab den Anwesenden nicht nur Rat, er hatte auch einiges an Informationsmaterial mitgebracht, das die Gäste gerne mitnahmen.

Berater werden speziell geschult, um Tipps zu vermitteln

Wie kam Bernd Timmermann zu seinem „neuen Job“? Nach der Pensionierung suchte er nach einer sinnvollen, ehrenamtlichen Aufgabe und die war bald gefunden. Gerade weil er selbst zur Altersgruppe derer gehört, die er berät, schafft dies einen Vorteil für ihn. Er kann mit den Angesprochenen somit gut auf Augenhöhe und ohne Distanz kommunizieren.

Alle, die wie Timmermann beraten, werden im Vorfeld speziell dafür geschult, um bestimmte Verhaltensempfehlungen des Landeskriminalamts verständlich und zielgerichtet vermitteln zu können. Bei ihm war das insoweit überflüssig, da er bereits vorher im Polizeidienst gearbeitet hatte.

In seinem neuen Job wird er angefragt und nicht selbst aktiv. Das ist Teil des Konzepts. Bernd Timmermann ist sich sicher, dass der Bedarf nach Informationen und Beratung auf jeden Fall vorhanden ist. Er selbst sieht sich dabei nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung zu den ehrenamtlichen Angeboten und Institutionen außerhalb der Polizei.

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