Sehenswürdigkeiten

Mehrere Aussichtspunkte entstanden durch Initiative des OWK

Der Ohlyturm auf dem Felsberg, der Kaiserturm auf der Neunkircher Höhe und die Bismarckwarte in Lindenfels sind beliebte Wanderziele. Wie sie entstanden sind.

Von 
Thorsten Matzner
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Der Bismarckturm auf der Litzelröder Höhe wurde in den Jahren 1906 bis 1907 vom Verschönerungs- und Verkehrsverein und dem Odenwaldklub Lindenfels erbaut. © Neu

Lautertal/Lindenfels. Der Aufschwung der Wanderbewegung im 19. Jahrhundert brachte auch dem Odenwald viele Besucher. Der 1882 gegründete Odenwaldklub (OWK) setzte sich zum Ziel, das Gebirge für den Tourismus zu erschließen. Dazu wurden unter anderem Wanderwege eingerichtet, eine Aufgabe, die der Klub bis heute übernimmt. In seiner Frühzeit schuf der Odenwaldklub außerdem Aussichtspunkte für die Besucher.

So wurde 1891 der Ohlyturm auf dem Felsberg errichtet. Bereits zehn Jahre später musste das hölzerne Bauwerk allerdings wegen der teuren Unterhaltungskosten und ständigen Reparaturen durch das heute noch stehende Granitbauwerk ersetzt werden.

Der Ohlyturm auf dem Felsberg erinnert mit seinem Namen an den ehemaligen Darmstädter Bürgermeister und Vorsitzendenden des OWK Albrecht Ohly. © Koepff

Der Ohlyturm erinnert mit seinem Namen an Albrecht Ohly. Der war Bürgermeister von Darmstadt und Vorsitzender des Odenwaldklubs und verstarb im Jahr der Errichtung des ersten Turms. Ein Denkmal zu seinen Ehren steht auf dem Marktplatz in Neunkirchen.

Eine Antenne beschädigte das Mauerwerk des Ohlyturms

Der Ohlyturm ist seit Jahrzehnten nicht mehr begehbar. Zwar gab es in den 90er-Jahren Bestrebungen, den Turm wieder zu öffnen. Sie verliefen allerdings im Sande. Erreicht wurde damals aber, dass ein großer Antennenmast auf der Turmspitze abgebaut wurde.

Der hatte durch die Schwingungen bei starkem Wind das Mauerwerk beschädigt. Als Ersatz wurde wenige Meter vor dem Turm ein hoher Gittermast errichtet. Er steht auf der Gemarkung der Gemeinde Seeheim-Jugenheim, während der Ohlyturm zu Lautertal gehört. Die Grenze verläuft hier direkt über die Felsberg-Kuppe.

Der 1907 erbaute Kaiserturm war ein Nachfolger eines bereits 1888 vom Odenwaldklub geschaffenen hölzernen Aussichtsturmes. Dieser war einem Sturm zum Opfer gefallen. © Koepff

Ein Jahr früher als der Ohlyturm wurde der Kaiserturm auf der Neunkircher Höhe gebaut. Auch hier war der Odenwaldklub der Initiator. Und auch der 1888 gebaute Turm war aus Holz. Er stürzte 1904 bei einem Sturm ein. Erst 1907 wurde sein Nachfolger fertig. Auch er besteht aus Stein und ist heute noch zugänglich. In der Turmstube können sich Wanderer stärken, die den höchsten Punkt im hessischen Odenwald glücklich erklommen haben. Manche fahren aber auch mit dem Auto nach oben.

Der Kaiserturm hat seinen Namen von Wilhelm I. Der preußische König war 1871 zum deutschen Kaiser gekrönt worden und wurde vor allem von nationalistischen Kreisen – wie sein Reichskanzler Otto von Bismarck – als Gründer des Kaiserreichs hochverehrt. Er starb 1888, woraufhin nicht nur bei Gadernheim ein „Kaiserturm“ entstand.

Nicht mehr vorhanden ist ein drittes Bauprojekt des Odenwaldklubs

Die Bismarckwarte in Lindenfels hat einen ähnlichen geschichtlichen Hintergrund und ist nur einer von vielen Bismarcktürmen, die nach der Entlassung des Kanzlers 1890 nahezu fabrikmäßig im Reich hochgezogen wurden.

Nicht mehr vorhanden ist ein drittes Bauprojekt des Odenwaldklubs. Auf dem Knörschhügel bei Knoden wurde 1886 der Ernst-Ludwigs-Turm zu Ehren des hessischen Großherzogs errichtet. Es handelte sich im Unterschied zu den beiden anderen Bauwerken um eine Eisenkonstruktion.

Die Eckfundamente des Ernst-Ludwig-Turms sind auf dem Waldboden auch heute noch erkennbar. © Matzner

Das war allerdings wie bei den Türmen aus Holz ein Problem: Die Konstruktion musste ständig gegen Rost geschützt werden. Was sich Frankreich am Eiffelturm alle paar Jahre leistet – einen Millionen Euro teuren Komplettanstrich – überforderte den Odenwaldklub im Fall des Knodener Bauwerks schnell.

Als der Erste Weltkrieg vorüber war, hatten die Wanderfreunde wie alle Menschen andere Sorgen und erst recht kein Geld mehr für den Eisenturm. Vor 100 Jahren wurde er daher ersatzlos abgerissen. Noch heute aber führt ein Wanderweg ganz in der Nähe vorbei.

An dieser Stelle auf dem Knörschhügel bei Knoden stand einmal der Ernst-Ludwigs-Turm. Da man sich die Erhaltung des Turms finanziell nicht mehr leisten konnte, wurde er vor 100 Jahren abgerissen. © Matzner

Und wer von hier ein wenig den Hügel hinaufläuft, der stößt schnell auf eine nur leicht beschädigte polierte Granitplatte der „Granit u. Syenitwerke Bensheim“, wie eine Inschrift verrät. Es handelt sich um das alte Mittelfundament. Die vier Eckfundamente sind unter Laub und Waldboden ebenfalls noch vorhanden, auch wenn sie wenig kunstvoll ausgeführt sind. Selbst die alten Halteeisen stecken noch in den Steinen, teils aber stark verrostet.

Die Aussicht – hauptsächlich Richtung Bergstraße – muss auch von hier aus fabelhaft gewesen sein. Heißt es doch in einem alten Naturführer von einem Wanderweg von Bensheim nach Knoden: „Er bietet eine hübsche Aussicht, die ihren Glanzpunkt auf dem Ernst-Ludwigs-Turm bei Knoden hat, wo man in einer Höhe von 536 m den Katzenbuckel, Krähberg, die Neunkircher Höhe, den Felsberg und die Höhen an der Bergstraße vor Augen hat.“

Redaktion Lokalredakteur Lautertal/Lindenfels

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