Kommunalpolitik

Steuererhöhung für Lautertal ohne Geld von Land und Bund

Bürgermeister Andreas Heun will die Erhöhung der Abgaben bis 2027 hinauszögern, aber der Investitionsstau in Bezug auf Wasserversorgung, Kitas und Straßen und die bald aufgebrauchten Reserven lassen wenig Spielraum zu.

Von 
Ferdinand Derigs
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Bürgermeister Andreas Heun gab bei der AG „60 Plus“ der SPD Lautertal einen kleinen Überblick über die aktuelle Situation in der Gemeinde bezüglich Finanzen, Flüchtlingsunterbringung und Digitalisierung. © Ferdinand Derigs

Lautertal. Bei einer Zusammenkunft der Arbeitsgemeinschaft (AG) „60 Plus“ der SPD Lautertal konnte AG-Vorsitzender Wolfgang Hechler unter den anwesenden Mitgliedern und Freunden der SPD auch Lautertals Bürgermeister Andreas Heun im Elmshäuser Rathaus begrüßen. Hechler freute sich über das Zustandekommen und das große Interesse an diesem Termin.

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Zudem berichtete er eingangs von einer Sitzung der AG „60 Plus“, die es nicht nur im Lautertal, sondern unter anderem unter dem Vorsitz des ehemaligen Lautertaler Bürgermeisters Jürgen Kaltwasser auch auf Kreisebene gibt. Bei der vergangenen Sitzung, an der auch Wolfgang Hechler teilnahm, war der AG-„60 Plus“-Bundesvorsitzende und ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Lothar Binding zu Gast. Er habe einen anschaulichen Einblick zu immer wieder neu entstehenden Steuerschlupfschlöchern größerer Firmen in Europa gegeben.

Weiterhin habe man bei der Sitzung beschlossen, bei entsprechender Nachfrage eine Busfahrt zum Landtag nach Wiesbaden anzubieten. Diese soll dann mit dem Besuch eines weiteren Ausflugsziels verbunden werden wie etwa der Stadt Idstein oder dem Neroberg in Wiesbaden, empfahl Hechler eine rechtzeitige Anmeldung.

Geld für Wasserversorgung, Kitas, Straßen und Sporthallen fehlt

Dann hatte der Bürgermeister das Wort. Heun erinnerte zunächst daran, dass das Geld, das in die Sanierung des Versammlungsorts aus der Landes- und Gemeindekasse investiert wurde, gut angelegtes Geld sei. „Denn wir müssen darauf achten, dass die Gesellschaft zusammenbleibt. Dafür sind – auch vor dem Hintergrund rückläufiger Gastronomieangebote – solche Begegnungsstätten wie das sanierte Rathaus Elmshausen äußerst wichtig.“ Man könne nicht alle Finanzleistungen auf Null stellen und nur mit betriebswirtschaftlichen Theorien arbeiten. „Viele haben dieses Gefühl nicht mehr, was die Menschen vor Ort bewegt.“

Insgesamt müsse die Infrastruktur verbessert werden. „Wir haben auf vielen Gebieten einen riesigen Nachholbedarf. Unsere Infrastruktur ist marode“, nennt er mit der Wasserversorgung, den Kindertagesstätten, den Sporthallen bis hin zu den Straßen und dem Rathaus einige Beispiele. Es fehle dabei überall an Finanzierungsmitteln. Es müsse daher aus Sicht der SPD weiter an einer Reform der Schuldenbremse gearbeitet werden. Hier werde vieles falsch verstanden. „Wir strangulieren uns seit deren Einführung selbst. Die öffentliche Infrastruktur aber ist wichtig für das Wachstum“, hofft er trotz schwieriger Mehrheiten auf mehr Finanzmittel durch ein Sondervermögen, insbesondere auf eine auskömmliche Finanzlage für die Kommunen.

Über eine Erhöhung von Steuern müsse nachgedacht werden

„Im Lautertal sind wir bald wieder in der Situation, dass die Reserven aufgebraucht sind, wir aber immer noch viele Investitionen vor der Brust haben wie etwa den Neubau einer Kita“, so Heun weiter. „Mit der inzwischen vorliegenden Genehmigung des Landkreises zu unserem Haushaltsansatz für 2024 haben wir zwar unsere Hausaufgaben gemacht, doch wir stehen weiter unter Beobachtung und die ganz aktuell prognostizierten rückläufigen Steuereinnahmen für Bund, Länder und Kommunen lassen uns wenig Spielraum.“

Wenn keine Unterstützung von Bund und Land komme, müsse man irgendwann wieder über die Erhöhung von Steuern und Abgaben nachdenken. Das sei aber kontraproduktiv. „Das ist die Ausgangslage und wir werden versuchen, dies möglichst bis in die Jahre 2026/2027 zu strecken.“

Im internationalen Vergleich sehe die Verschuldung ganz anders aus, kommt er dann noch einmal auf die ungeliebte Schuldenbremse zurück. Diese habe auch nichts mit Generationengerechtigkeit zu tun. „Wenn der Privatmann eine größere Investition plant, nimmt er einen Kredit auf“, erläutert Heun. „Schulden bedeuten nämlich auch, dass Vermögen vorhanden ist. Hier muss vom Staat entsprechend gelenkt werden.“

Genügend Wohnraum zur Unterbringung von Flüchtlingen

Ein weiteres Thema, das den Bürgermeister umtreibt, ist die Aufnahme von Flüchtlingen. Zurzeit seien 71 Personen an drei Standorten in Lautern, Reichenbach und Beedenkirchen untergebracht. Bislang laufe die Unterbringung und die Integration weitgehend unproblematisch. Durch den federführend vom Ersten Beigeordneten Mink organisierten Umbau der ehemaligen Gaststätte „Siegfriedsquelle“ seien auch im dritten und vierten Quartal genügend Kapazitäten zur Unterbringung vorhanden. Momentan ebbe aber der Zustrom gefühlt ab.

Alles werde aus eigenen Bordmitteln finanziert, wobei zehn Euro pro Tag und Person vom Kreis nicht den tatsächlichen Kosten von 15 Euro entsprächen. Weder vom Bund noch vom Land habe es bislang eine finanzielle Unterstützung gegeben. „Ein Drittel der Kosten verbleiben bei der Kommune und belasten unseren Haushalt. Hier kann ich nur zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen für weitere Hilfe appellieren.“

Dorfgemeinschaftshäuser mit WLAN ausgestattet

Beim Thema Digitalisierung sei man weiter vorangekommen. Die Homepage der Gemeinde sei überarbeitet worden, mehrere Vorgänge könnten online erledigt werden. Über ein Förderprogramm seien verschiedene Dorfgemeinschaftshäuser mit WLAN ausgestattet worden. „Bis auf einige Randgebiete ist auch Glasfaser vorhanden“, kann er dort aber nur den Zusammenschluss mit mehreren Nachbarn empfehlen. „Nur so dürfte es für den Anbieter attraktiv sein, auch dort tätig zu werden“, sieht er dies als Folge der Liberalisierung des Marktes.

Im Zusammenhang mit der möglichen Fusion der beiden Reichenbacher Vereine SSV und TSV habe man ein weiteres Sportfeld „im Auge“. Er unterstütze eine mögliche Fusion, auch vor dem Hintergrund, dass das ehrenamtliche Engagement abnehme.

Heun sieht 

Abschließend hatte der Bürgermeister noch einige „Werbeblöcke“ mitgebracht. Am Dienstag, 28. Mai, findet ab 18 Uhr in der Mittelpunktschule in Gadernheim eine Veranstaltung zum 75. Geburtstags des Grundgesetzes statt („75 Jahre Freiheit, Frieden und Demokratie – eine Erfolgsgeschichte“). Mit Vorträgen von Michéle Knodt von der TU Darmstadt und Klaus Müller vom Verein „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ will man mit den Bürgern ins Gespräch kommen und diskutieren.

Moderiert wird die Veranstaltung, zu dem der Vorsitzende der Gemeindevertretung Helmut Adam und Bürgermeister Andreas Heun als Alternative zur Amtseinführung des Bürgermeisters eingeladen haben, von dem ehemaligen Chefredakteur des Bergsträßer Anzeigers, Karl-Heinz Schlitt.

Hierzu ergänzte Heun, dass es in Deutschland kein Demokratiedefizit gebe. Vielmehr seien die Menschen mit einigen handelnden Personen nicht einverstanden, nennt er hierzu ohne Namensnennung einige Beispiele von Desinformiertheit, Arroganz und Abgehobenheit. Leider würden ehrenamtlich Engagierte dann mit diesen Politikern „in einen Sack gesteckt“. Deshalb sieht er bei allen politischen Parteien ein Nachwuchsproblem, insbesondere mit Blick auf die Kommunalwahl 2026.

Seniorenausflug zur Edelsteinstraße am 4. Juli

Als weitere Veranstaltung ist am Donnerstag, 4. Juli, ein Seniorenausflug zur deutschen Edelsteinstraße in Idar-Oberstein vorgesehen. Die Gemeinde bezuschusst die Busfahrt, die auf 50 Teilnehmer begrenzt ist. Der VdK Reichenbach/Lautern organisiert den Ausflug. Pro Teilnehmer sind für Eintritt und Essen 21 Euro zu zahlen. Anmeldungen sind spätestens bis 10. Juni beim VdK (Philipp Seeger, Tel.: 06254 / 7274 oder Karl Schneider, Tel.: 06254 / 7436) möglich.

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red
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Da Heun auch Vorsitzender des DRK Lautertal ist, nutzte er zum Abschluss die Gelegenheit, um Spenden für die Ersatzbeschaffung eines in die Jahre gekommenen Fahrzeugs zu werben, das für den Transport von Senioren und des Jugendrotkreuzes benötigt wird. Wolfgang Helfrich, Vorsitzender der SPD Lautertal, hatte für eine Geldspende bereits den einstimmigen Beschluss des Vorstands im Gepäck. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des DRK Lautertal.

Zum Ausklang des Abends hatten dann noch Gerda und Jürgen Händschke einen Film zu einer Schiffsreise im April/Mai 2018 durch das westliche Mittelmeer mitgebracht. Mit dem Start- und Zielpunkt Palma de Mallorca standen unter anderem die Insel Korsika und die spanischen Städte Barcelona und Valencia auf dem Ausflugsprogramm.

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