Reichenbach. Der Tod eines neunjährigen Reichenbachers brachte eine äußerst beachtenswerte, bereits über 25 Jahre laufende Spendenaktion ins Rollen. Das Schicksal dieses kleinen Jungen berührte das Ehepaar Doris und Gerhard (Jim) Schäfer so sehr, dass sie dem Verein „Deutsche Leukämie-Forschungshilfe – Aktion für krebskranke Kinder, Ortsverband Mannheim“ beitraten. Als die beiden dann ihre Schankwirtschaft „Franze-Huhl“ in Reichenbachs Friedhofstraße eröffneten, nahm das dort aufgestellte Sparschwein „Elfriede“ Spenden und Trinkgelder entgegen. Aus dieser Zeit liegt ein Schreiben der Deutschen Leukämie-Forschungshilfe (DLFH) an Doris und Gerhard Schäfer vor, in dem ihnen für eine Zuwendung von 225,61 Mark im Namen der krebskranken Kinder gedankt wird.
In der „Franze-Huhl“ entstand dann an Silvester 1999 der „1.Pfungstädter Fanclub Reichenbach“. Eine Handvoll Freunde des Pfungstädter Bieres beschloss, das Angenehme mit dem Nützlichen zu verbinden, und begann, bei allen sich bietenden Möglichkeiten, Gelder zu „erwirtschaften“. Diese wurden regelmäßig komplett der DLFH Mannheim überwiesen. Mit Gründung des Fanclubs waren bereits über 11.000 Mark nach Mannheim geflossen. Bei der Umstellung auf den Euro im Jahr 2002 hatte der Club mehr als 13.000 Euro für den Mannheimer Verein zusammengetragen.
Am 14. September 1991 konnte erneut der Inhalt von „Elfriede“ an die Gründer der Mannheimer Kinderkrebshilfe, Martin und Gisela Stachniss, überreicht werden. Insgesamt sieben Mal sind Mitglieder des Fanclubs nach Mannheim zu Geldübergaben und Besichtigungen gereist.
Der Mannheimer Verein unterstützt mit diesen Geldern die onkologische Station der Kinderklinik. Er finanziert zum Beispiel Musik- und Kunsttherapeutinnen sowie zeitweise eine Erzieherin. Darüber hinaus wurden ein Aufenthaltsraum mit Küchenzeile und TV sowie ein Spielzimmer eingerichtet, deren Unterhaltung ebenfalls der Verein über Spenden finanziert. Ein „Elternhaus“ wurde erworben und saniert, damit sich betroffene Eltern in der Nähe ihres kranken Kindes erholen und übernachten können.
Durch Engagement wurden Klinikaufenthalte erleichtert
In diesem Elternhaus lernten die Odenwälder im November 2022 den aktuellen Vorsitzenden des Mannheimer Vereins, Kinderarzt Gregor von Komorovsky, kennen. Das Gründungsehepaar, Martin und Gisela Stachniss sind heute Ehrenvorsitzende. Die Leukämie-Forschungshilfe finanziere Leistungen, die unser Krankenversicherungssystem nicht übernehme, die aber nicht unwesentlich zur Gesundung der Kinder beitrügen, so Schäfer.
Das Engagement des „Pungschder Clubs“ habe schon unzähligen Kindern sowie den betroffenen Eltern den Klinikaufenthalt erleichtert. In besonderen Notfällen sei finanzielle Unterstützung der Eltern auf Darlehensbasis gewährt worden. Durch die Arbeit der Mannheimer Ortsgruppe habe mehrfach Leben gerettet werden können. Von der tollen Arbeit der DLFH-Ortsgruppe Mannheim, die mehrheitlich aus betroffenen Eltern besteht, hätten sich Mitglieder des Fanclubs bei verschiedenen Besuchen in Mannheim ein Bild machen können, berichtete „Jim“ weiter.
Zu seinem Pungschder-Fanclub erläuterte Gerhard Schäfer, dass dieser aus wechselnden Mitgliedern bestehe, einige seien leider schon verstorben. Momentan träfen sich rund sechs Personen, „Sixpack“ genannt, zur Planung der Aktionen einmal im Frühjahr bei Schäfers und im Herbst im Gasthaus „Zur Traube“ in Reichenbach. In den Jahren 2000 bis 2019 sei man jeweils im Oktober nach „Pungschd“ (Pfungstadt, dem ehemaligen Sitz der gleichnamigen Brauerei) gefahren. Nach der Corona-Pandemie hätten sich die Buspreise verdoppelt, sodass diese „Wallfahrten“ nicht mehr zu finanzieren gewesen wären.
Weitere Ausflüge brachten Freunde des Fanclubs zweimal in die Eisgrub-Brauerei nach Mainz und zur Schlossbrauerei Maxlrain in Maxlrain-Tuntenhausen mit Zwischenstopp in München zur Besichtigung der Allianz-Arena. Bei einer Miltenberg-Tour zur 750-Jahr-Feier der Stadt am Main war die älteste Brauerei Miltenbergs, die „Kalt-Loch-Brauerei“, das Ziel. Von 1580 bis 2010 wurde dort Bier gebraut. Bei dem dortigen Festzug und entlang der Speisen- und Ausstellungsbuden-Straße präsentierten die Reichenbacher stolz ihre Fanclub-Fahne.
Ein „Familien-Ausflug“ brachte die Freunde des Gerstensaftes mit der Odenwaldbahn nach Eberbach. Gemeinsam selbst Bier gebraut wurde bei einem Ausflug nach Heidelberg-Neustift. Auch in Pfungstadt besteht weiter die Gelegenheit, bei „Braudich“ selbst Bier zu brauen, was der Fanclub ebenfalls tun möchte.
All diese Unternehmungen generierten Überschüsse und spontan getätigte Spenden, die wiederum nach Mannheim überwiesen wurden. Darüber hinaus gibt es in Pfungstadt noch das „Team Rose“ und die „Kerweleit“ der Rose, die seit Jahren die Arbeit des Fanclubs ebenso unterstützen wie das Bistro Amici in Groß-Zimmern.
200.000-Euro-Schallmauer wurde 2024 durchbrochen
Einer der ersten Höhepunkte beim „1. Pfungstädter Fanclub Reichenbach“ war 2014 die 100.000-Euro-Party in Reichenbachs „Traube“ mit dem Country-Sänger Billy White. Der Musiker verzichtete komplett auf seine Gage und legte zusammen mit weiteren Spenden aus der Gästeschar den Grundstein für die nächste Spendenschallmauer „200.000 Euro“, die 2024 durchbrochen wurde.
Seit 24 Jahren gehört der Bierausschank auf dem Marktplatz in Reichenbach anlässlich des Kerwezuges zum Programm des Pungschder-Fanclubs. Die gleichnamige Brauerei spendiert dazu jeweils ein Fass Bier, die übrigen kommen von weiteren Sponsoren. Auch diese Aktion läuft unter dem Motto des Clubs: „Das Angenehme mit dem Nützlichen verbinden“.
Wie Gerhard Schäfer immer wieder betont, habe der Club niemals in irgendeiner Form gebettelt. Alle Gelder seien dem Club aus freien Stücken überreicht worden. So habe unter anderem Anfang 2024 die Gemeinschaft der drei Seidenbuchener Vereine den Erlös ihres traditionellen „Adventsglühens“ vom Dezember 2023 gespendet. Schäfer ist immer wieder erfreut, mit welch großem Vertrauen ihm wiederholt Geld für den guten Zweck zugesteckt würde.
Silvester 1999 habe niemand daran gedacht, dass aus einer „Bierlaune“ heraus einmal eine Spendensumme von über 200.000 Euro zusammenkommen würde. Die Arbeit des Clubs finde weit über die Grenzen Lautertals hinaus großen Zuspruch, was er in dieser Dimension nie geglaubt hätte, ihn aber mit Dankbarkeit erfülle.
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